Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle Vögel fliegen hoch

Alle Vögel fliegen hoch

Titel: Alle Vögel fliegen hoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
Vom Netzwerk:
geduldig mit den Zeugen, sonst blockieren Sie ihr Erinnerungsvermögen . Oder so ähnlich.
    »Denken Sie noch mal an den Freitag zurück. Was genau haben Sie gemacht?«
    »Hier?«
    »Flipper hat also mit dem Stock gespielt?«, versuchte er meine Erinnerung in Schwung zu bringen.
    »Ja. Das heißt, nein. Er hat eigentlich mit anderen Hölzern gespielt. Den Ast hat er irgendwann angeschleppt. Er hat sich total aufgeregt. Ich habe mir nichts dabei gedacht, nein, das stimmt nicht, es kam mir irgendwie komisch vor. Aber Flipper war an dem Tag sowieso drüber«, verharmloste ich die Kommandoamnesie meines Rüden.
    »Und wie sah der Ast aus?«
    »Ziemlich schwer, an einer Stelle mit Moos bewachsen, und es könnte sein, dass Blut dran war. Vielleicht war es aber auch etwas anderes. Harz oder so. Ich meine, Blut sieht ja nicht mehr so aus wie Blut, wenn es älter ist, oder?«
    »Gewiss.«
    »Es kam mir komisch vor, dass Flipper mir den Ast nicht geben wollte. Deshalb habe ich ihn angeschaut und das Blut oder was auch immer entdeckt.«

    »Ist das nicht gefährlich, wenn Flipper frei im Wald rumläuft? «, fragte der Kommissar.
    »Klar habe ich Angst um ihn, wenn er wegrennt. Aber wie gesagt macht er das sonst nicht.«
    »Wieso haben Sie dann Angst?«, fragte der Kommissar.
    »Kann man eigentlich auch normal mit Ihnen reden?«, fragte ich zurück.
    »Ich höre einfach nur genau zu«, erwiderte er.
    »Ist das eine Berufskrankheit?«
    »Nein, Neugier und Interesse. Aber bestimmt ist es bei unseren Ermittlungen dienlich, genau hinzuhören, denn oft verbirgt sich die Wahrheit zwischen den Zeilen. Also, was meinen Sie: Würde Flipper den Ast noch mal finden?«
    »Im Prinzip ja. Das Problem ist nur, dass ich ihm irgendwie erklären muss, was er suchen soll, und ich weiß nicht, wie ich…«, ich zögerte. »Es gibt da schon eine Möglichkeit, aber ich garantiere nichts, und es kann auch ein bisschen dauern.«
    »Bitte versuchen Sie es. Ich habe vollstes Vertrauen zu Ihnen – und zu Flipper. Übrigens großes Kompliment: Sie haben ihn wirklich gut im Griff. Viele Halter haben Ihre Hunde leider überhaupt nicht unter Kontrolle. Wir haben diesbezüglich oft Schwierigkeiten. Flipper dagegen ist ja schon fast ein Polizeihund.«
    Wollte er mir schmeicheln? Wieso war er auf einmal so nett zu mir?
    »Haben Sie ihm alles selbst beigebracht?«
    »Zuerst waren wir in der Hundeschule, dann habe ich allein weitergemacht. Wir trainieren heute noch täglich, na ja, in letzter Zeit leider nicht, ich bin ein bisschen aus
dem Rhythmus gekommen. Haben Sie auch einen Hund?«, fragte ich und merkte gleich, dass ich damit einen wunden Punkt berührte. Auch Flipper merkte es, er blieb stehen und beobachtete den Kommissar, der auf einmal traurig aussah, aufmerksam. »Flipper hat mir schon oft Sachen gebracht, die wir nicht geprobt haben. Mir ist aufgefallen, dass ich mich dabei auf das Aussehen dieser Sachen konzentriere. Ich habe keine Ahnung, ob es klappt, aber wir können es versuchen.«
    »Mit Telepathie?«, fragte der Kommissar kein bisschen skeptisch.
    »Wenn man es so nennen will.«
    »Ich würde vorschlagen, wir gehen in die richtige Gegend, und dann versuchen Sie es.«
    Die richtige Gegend. Wenn ich wüsste, wo! Hier sah alles gleich aus. Überall Bäume und Wiesen, überall grün und keine Schilder.
    »Rechts«, sagte ich und versuchte mich zu konzentrieren, doch ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern, wo ich wann gegangen war.
    »Das Problem ist, dass ich jetzt schon ein paarmal hier war«, erklärte ich.
    »Warum kommen Sie eigentlich immer wieder hierher?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Frau Fischer, Sie können nichts mehr für das Opfer tun. Überlassen Sie uns das.«
    »Ja, ja.«
    »Möchten Sie vielleicht einmal mit einem Psychologen sprechen?«
    »Meine Freundin ist Psychologin.«

    »Manchmal tut es gut, mit einem fremden Menschen über die Dinge zu sprechen, die einen wirklich beschäftigen.«
    »Danke, ist schon okay«, sagte ich.
    »Bitte, Franza«, sagte Felix, der den Kommissar ganz ausgezogen hatte und wie nackt vor mir stand mit seinem blauen Blick. »Bleiben Sie daheim, bis wir den Fall geklärt haben.«
    »Haben Sie denn eine Spur?«
    »Wir sind noch nicht so weit, wie wir nach über einer Woche sein sollten. Wir haben zu viel, weil wir zu wenig haben.«
    »Was bedeutet das?«
    Felix verwandelte sich wieder in den Kommissar. »Ich kann mit Ihnen nicht über den Stand der Ermittlungen sprechen, Frau

Weitere Kostenlose Bücher