Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)
Ottavio zum Herzog aufgestiegene Feldherr und der Kardinal, fassten gemeinsam den Beschluss, Clelia einen neuen Ehemann zu verpassen. Die schöne Witwe musste sich wiederverheiraten und damit abfinden, dem römischen Gesellschaftsleben Adieu zu sagen. Der auserwählte Ehemann war der liederliche Spross einer großen Familie, Marco Pio di Savoia, Marchese von Sassuolo. Nicht dass es nicht auch in Rom Bewerber um Clelias Hand gegeben hätte, im Gegenteil, es gab sogar mehrere, aber gerade Rom sollte Clelia ja verlassen, und so fiel die Wahl auf Marco Pio, der Clelia in höchstem Maße missfiel. Der Herzog war sich mit Papst Sixtus V. einig, dass es galt, ihren Widerstand zu brechen. Er schickte eine Reiterschwadron unter dem Kommando des römischen Adligen Biagio Capizucchi, die Clelia am 25. Juni 1587 mit einer List ins Schloss von Ronciglione brachte, wo sie Zeit genug haben würde, in sich zu gehen. Auch ihr Vater, der sie zärtlich liebte, hatte diesem Vorgehen zugestimmt. Es handelte sich um einen Akt brutaler Gewalt gegenüber einer Frau, der selbst die hohe Stellung ihres Vaters diesen schweren Affront nicht ersparte. Sicher fiel dabei ins Gewicht, dass sie nur eine illegitime Tochter und dazu noch die eines Kardinals war.
Die Entführung blieb nicht geheim, wie die Farnese gehofft hatten, sondern fand ein breites Echo in den Gesellschaftschroniken der Stadt. Ercole Estense Tassoni, der Botschafter des Herzogs von Ferrara, Alfonso II. d’Este, kommentierte sie mit den Worten: «Man glaubte, daß der Grund dieser Gewalt allein in der Notwendigkeit zu suchen sei, ihr Verhältnis mit Medici zu unterbinden.» In Ronciglione blieb der armen Clelia nichts anderes übrig als zu kapitulieren und in die Heirat mit Marco Pio einzuwilligen. Die Hochzeit fand am 2. August 1587 im väterlichen Schloss in Caprarola statt. Kardinal Alessandro informierte am 5. August durch seinen Majordomus Tommaso Tomasi umgehend Sixtus V. über die vollzogene Eheschließung, um ihn zu beruhigen. Der Papst freute sich riesig über diese Nachricht, als ob es sich um eine Angelegenheit von persönlichem Interesse gehandelt hätte. Mit dieser Heirat wurde dem Skandal ein Ende bereitet. Marco Pio erklärte, heiß in seine Frau verliebt zu sein, ohne jedoch ihre enorme Mitgift zu verschmähen. Zum zweiten Mal musste sich Clelia dem Willen ihres Vaters beugen, denn auch den ersten Gemahl hatte sie nicht selbst wählen dürfen.
Ob Clelia tatsächlich nach dem Tod ihres Gemahls die Geliebte Kardinal Ferdinandos wurde, ist schwer zu beweisen, aber dies ist nicht der entscheidende Punkt. Entscheidend ist vielmehr die Gewalt, welche die Familie ihr antat, um Papst Sixtus V. zu Gefallen zu sein. Clelia war nie Herrin über ihr Geschick, sondern unterstand ihr Leben lang dem Willen ihres Vaters, der die Freiheiten vergessen hatte, die er sich als Kardinalnepot Pauls III. hatte herausnehmen können. Die Zeiten hatten sich geändert. Die Gegenreformation, verbunden mit der von der Kirche ausgeübten sozialen Kontrolle ging besonders hart mit den Frauen um, gleich welcher gesellschaftlichen Stellung sie waren.
5.
Zwerg Adam aus Polen
Am 12. Dezember 1586 starb der polnische König Stephan Báthory, und kurz darauf wählte der polnische Reichstag den schwedischen Kronprinzen Sigmund Wasa, der zum katholischen Zweig der schwedischen Dynastie gehörte, zu seinem Nachfolger. Diese Wahl wurde von Kaiser Rudolf II., der die Kandidatur seines Bruders Erzherzog Maximilian betrieben hatte, heftig angefochten. Es kam zum Krieg zwischen den beiden Mächten, der von Sigmund Wasa auf dem Schlachtfeld gewonnen wurde. Papst Sixtus V. hielt es für seine Aufgabe, zwischen den beiden katholischen Mächten zu vermitteln, um sie zu einem Friedensschluss zu bewegen, und beschloss deshalb, einen Legaten zu entsenden. Für eine solch delikate Mission musste ein Kardinal von bewiesener Erfahrung und indiskutabler Autorität gewählt werden. Die Wahl fiel zwangsläufig auf den Dekan des Kardinalskollegiums, den betagten Alessandro Farnese, der jedoch aus gesundheitlichen Gründen absagen musste. Der Papst wich deshalb auf den jungen Ippolito Aldobrandini aus, den er selbst kurz zuvor zum Kardinal erhoben hatte. Am 10. März 1588 wurde dieser zum Legaten a latere in Polen ernannt und machte sich sofort auf den Weg nach Krakau und dann nach Prag. Seine Mission hatte großen Erfolg, denn er bewegte Rudolf II. dazu, die Wahl Sigmund Wasas zum König von Polen
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