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Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)

Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)

Titel: Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Zapperi
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anzuerkennen. Am 27. Mai 1589 kam er nach Rom zurück und brachte ein Geschenk des Königs von Polen an ihn mit, einen Zwerg namens Adam. Seitdem erheiterte Zwerg Adam die mühsamen Tage des Kardinals, der am 30. Januar 1592 zum Papst mit dem Namen Clemens VIII. gewählt wurde.
    Der neue Papst war sehr fromm und durchdrungen von einem so großen religiösen Eifer, dass er schon kurz nach seiner Wahl eine Kampagne zur Moralisierung der römischen Sitten begann, die selbst vor dem Vatikan nicht haltmachte, denn er hatte festgestellt, dass das Laster sich auch hier eingenistet hatte. Jetzt musste Clemens VIII. sich entscheiden, ob er den Zwerg behalten wollte, der ja die einzige Aufgabe hatte, ihn zum Lachen zu bringen. Er zögerte offenbar lange, denn der «Zwerg aus Polen» erscheint erst am 1. November 1594 im Verzeichnis der Angehörigen seines Haushalts. Zur Entscheidung, sich nicht von ihm zu trennen, hatte ihn wahrscheinlich einer seiner geliebten Neffen, der Kardinal Cinzio Passeri Aldobrandini, gebracht, der einen Narren mit dem lateinischen Namen Trulla in seinen Diensten hatte. Trulla war ein «Künstlername», denn er bedeutete Nachttopf, das Gefäß, das dazu bestimmt war, die körperlichen Ausscheidungen seines Herrn aufzunehmen, ein Name, der schon von selbst die Funktion eines Hofnarren verdeutlichte. Sie bestand darin, die Herrschaft mit Späßen zum Lachen zu bringen, aber auch und vor allem, deren Scherze zu ertragen, die zuweilen sehr grausam waren.
    Über Trullas Anwesenheit am Hof Kardinal Cinzios, der auch von dessen Cousin, dem Kardinalnepoten Pietro Aldobrandini und manchmal sogar vom Papst selbst besucht wurde, gibt die Korrespondenz Herzog Wilhelms V. von Bayern Auskunft, genauer gesagt, einige Briefe, welche im Laufe des Jahres 1593 von den Präzeptoren seiner zwei zum geistlichen Stand bestimmten Söhne, die er zur Erziehung nach Rom geschickt hatte, an den Herzog gerichtet wurden. Die beiden jungen Prinzen waren Philipp Wilhelm, der Zweitgeborene, der bald schon Kardinal wurde (1576–1598), und der dritte Sohn Ferdinand, zukünftiger Erzbischof von Köln (1577–1650). Sie waren damals erst siebzehn bzw. sechzehn Jahre alt. Kardinal Cinzio bereitete ihnen einen sehr herzlichen Empfang. Er gab Gastfmähler für sie und ließ dabei einmal sogar eine Komödie aufführen. Die Erzieher der bayerischen Prinzen waren etwas empört über die Aufführung, mussten aber zugeben, dass sie nichts Obszönes enthielt. Sie waren nicht die einzigen, die den Herzog auf die Gefahren, denen seine Söhne in Rom ausgesetzt waren, aufmerksam machten. Es scheint, dass auch einige nicht namentlich genannte Jesuiten dem Herzog von den Possen Trullas berichteten. Um abzuwiegeln, schrieb der bayerische Agent Minucci dem Herzog, dass sogar der Heilige Vater vor seiner Wahl Trulla an seine Tafel einzuladen gepflegt habe. Der Narr tue nichts Schlimmes: «Er schlegt ein wenig auf den lauten, singt ungereimbte sachen oder vilmehr nur eine teutsche weis oder melodei darein, hat ein geschwinden läherlichen modum zu trinken» – ganz gewöhnliche Dinge also, meinte Minucci. Auch die Kardinäle scherzten mit den Prinzen, so wie Kardinal Pietro Aldobrandini, der ihnen bei einem Essen einmal Zuckerstücke zugeworfen habe. Solche Berichte alarmierten den Herzog, der noch bigotter war als der Papst selbst. Er fürchtete, dass seine Söhne in Rom verdorben werden könnten, und trug sich schon mit dem Gedanken, sie zurückzurufen. Die Erzieher konnten ihn schließlich beruhigen und ihm das Versprechen abnehmen, die Prinzen bis zum Ende der vorgesehenen Zeit in Rom zu lassen.
    Trulla, das gilt es festzuhalten, erscheint nie in den Verzeichnissen der Angehörigen des päpstlichen Haushalts, was bedeutet, dass er nie in Diensten Clemens’ VIII. stand, obwohl dieser ihn bei gewissen Gelegenheiten nicht missen wollte. So wird erzählt, dass Trulla den Papst bei einem Besuch der Kapelle Sancta Sanctorum begleitete, zu der Pilger aus dem ganzen katholischen Abendland die Heilige Treppe auf den Knien heraufzurutschen pflegten. Während er hinaufstieg, stellte Clemens VIII. ihm die Frage, wie viele Gebote es gebe, worauf Trulla frech mit «elf» geantwortet habe. Der Papst forderte ihn daraufhin auf, alle elf Gebote aufzuzählen, wobei Trulla sich verhedderte und das Gebot über den Gehorsam vergaß. Der Papst rügte ihn, doch Trulla erklärte, er sei ein Waisenkind gewesen und habe deshalb den Gehorsam nicht gelernt. Was das

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