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Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)

Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)

Titel: Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Zapperi
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elfte Gebot betraf, so sagte er, sein Hausbesitzer habe ihm geraten, es einzuhalten, indem er ihm befahl, sofort die gesalzene Miete von 38 Scudi zu bezahlen. Der Papst fühlte sich getroffen, denn hier war seine Barmherzigkeit gefordert, weshalb er dem Narren auch gleich die benötigte Summe schenkte. Ein anderes Mal begleitete Trulla Clemens VIII. im April 1597 auf einer Reise ins Gebiet von Viterbo. Dabei wurde auch der Hafen von Civitavecchia besucht, wo die Flotte der päpstlichen Galeeren vor Anker lag. Hier wurde dem armen Narren ein wahrhaft übler Scherz gespielt. Nach einem üppigen Mahl, das der Papst für die Kardinäle in seinem Gefolge gab, besuchte die Gesellschaft das Flaggschiff der Flotte. Hier wurde Trulla von einigen Matrosen ergriffen, gefesselt und ihm der Kopf rasiert, um dann «auf den Armen der Sklaven vom Hinterdeck zum Vorderdeck und vom Vorderdeck zum Hinterdeck gereicht und schließlich auf seinen Platz zurückgebracht» zu werden – zur höchsten Belustigung aller, auch des Papstes. Der arme Narr wusste, dass der Vikar Christi auf Erden immer auf der Suche nach Ruderern für seine Flotte war, und fürchtete voller Entsetzen, dass ihn das Leben eines Galeerensklaven erwartete, denn Sklaven auf den Galeeren waren im Kirchenstaat geduldet.
    Dieser Fopperei hatte auch Zwerg Adam beigewohnt, der darüber sehr betroffen war, denn dergleichen Scherze musste auch er oft über sich ergehen lassen. Kardinal Guido Bentivoglio, der ihn noch persönlich gekannt hatte, erzählt in seinen Erinnerungen, dass Adam eine gute Erziehung erhalten habe und so gut Latein konnte, dass er es fließend las und sprach. Er hatte ihn selbst öfter gesehen, wie er mit einem der großen Bände der Annales ecclesiastici von Kardinal Cesare Baronio herumhantierte: «Er hatte große Mühe, sie zu lesen, so groß war das Mißverhältnis zwischen dem Volumen des Buchs und seinem winzigen Körper.» Der Papst lud Adam gerne zusammen mit dem Ehrenkämmerer und Höfling Giulio Cesare Stella, einem renommierten lateinischen Dichter und Verfasser eines Poems über die Entdeckung Amerikas, an seine Tafel ein. Es machte ihm großen Spaß, ihren gelehrten Disputen zu lauschen und sie mit ihren Lateinkenntnissen wetteifern zu sehen, wobei der Zwerg dem gelehrten Dichter keineswegs nachstand. Diese Wortstreitereien amüsierten den Papst, aber noch lieber foppte er den Zwerg mit groben Scherzen. Da er wusste, dass dieser Frösche verabscheute, ließ er einmal zwei in seine Schlafkammer bringen, wo die Frösche zum größten Entsetzen Adams und unter dem Gelächter des Papstes quakten und herumhüpften. Den übelsten Streich spielte er ihm gegen Ende seines Pontifikats. Er teilte dem Poeten Stella mit, er wolle den Zwerg wegen seiner hervorragenden humanistischen Bildung auszeichnen und ihn mit einem Doktorhut der Universität Rom nach Polen zurückschicken. Stella organisierte deshalb einen langen Zug von Kutschen, die Adam zur Universität brachten, wo jedoch die Zeremonie der Verleihung des Doktorhuts nicht stattfinden konnte, weil niemand dort auf ihn wartete. Adam war zutiefst enttäuscht, während der Papst sich über seine Einfalt köstlich amüsierte. Obwohl er Opfer von brutalen Scherzen war, hörte er nicht auf, den Papst mit seinen Possen und seinem reichen Repertoire an Wortspielen zum Lachen zu bringen.

    Abb. 5: Giovanni und Cherubino Alberti, Fresko mit der Taufe durch den hl. Papst Clemens I., Sala Clementina, Palazzo Apostolico Vaticano
    Clemens VIII. hatte seinen kleinen Zwerg sehr lieb und verlieh ihm eine üppige jährliche Pension von 200 Scudi und das gut bezahlte Hofamt eines päpstlichen Oberfuriers. Als der alte, hinfällige Papst im März 1604 einen heftigen Fieberanfall erlitt, eilte der Zwerg in sein Schlafgemach und fand ihn dort weinend und klagend: Er fühle sich so elend, dass er sein Ende nahen sehe. Nach meinem Tod musst du nach Polen zurückkehren, sagte er zu Adam, und dann brachen beide in Tränen aus. Clemens VIII. starb genau ein Jahr später am 5. März 1605. Zuvor aber hatte er dafür gesorgt, seinen Zwerg von Giovanni und Cherubino Alberti, den Malern seines Vertrauens, auf den Fresken der Sala Clementina im Vatikan verewigen zu lassen. Dort erscheint Zwerg Adam in der Szene, in der Papst Clemens I., der gleichnamige verehrte frühe Vorgänger von Clemens VIII., dessen Züge er trägt, das Sakrament der Taufe spendet (Abb. 5).

6.
Thomas Hobbes und die Kirche als Staat
    Im Jahr

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