Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)
Camillo Borghese.
Die Hauptmerkmale der Persönlichkeit dieses Papstes hat Hobbes sehr treffend erfasst. Camillo Borghese hatte seine Tätigkeit an der Kurie als Konsistorialadvokat begonnen. Von Clemens VIII. 1596 zum Kardinal erhoben, wurde er am 16. Mai 1605 zum Papst gewählt, fast zufällig, denn den beiden Fraktionen der Kardinäle, angeführt von Montalto, dem Neffen Sixtus’ V., und Pietro Aldobrandini, dem Neffen Clemens’ VIII., gelang es nicht, die eigenen Kandidaten durchzusetzen. Sein Hof war nach dem Urteil von Hobbes zwar nicht besonders prächtig, aber der Papst hatte, wie später der Historiker Leopold von Ranke anmerken wird, einen übertriebenen Begriff von der päpstlichen Gewalt. Dies veranschaulichte er in allen nur möglichen öffentlichen Zeremonien, denen auch Hobbes manchmal beiwohnte. Besonders beeindruckte ihn die Zeremonie des Fußkusses, in dem sich sehr anschaulich der von Paul V. gepflegte hohe Begriff von der päpstlichen Majestät manifestierte. Was sein Pontifikat aber am meisten kennzeichnete, war, wie Hobbes beobachtete, seine Sorge um den höchstmöglichen sozialen Aufstieg und die Bereicherung der eigenen Familie, die nicht zu den großen Italiens gehörte.
Kaum Papst geworden, erhob Paul V. Scipione Caffarelli, den Sohn seiner Schwester, am 18. Juli 1605 zum Kardinal und verlieh ihm auch das Privileg, den Namen Borghese anzunehmen, mit dem er in der Geschichte bekannt wurde. Im folgenden August ernannte er ihn auch zum Staatssekretär, also zu seinem obersten Mitarbeiter bei der Erledigung der Staatsgeschäfte. Nach dieser Ernennung überschüttete er seinen Neffen mit einer Unzahl von Präbenden, die, wie Ranke schreibt, ihm 1612 jährliche Einnahmen von 150.000 Scudi bescherten. Und als ob dies noch nicht genug wäre, folgten Zuwendungen in barem Geld. Dann kümmerte sich der Papst sofort auch um den zweiten Neffen, Marcantonio Borghese, dem er trotz seines noch sehr jungen Alters und seinem Laienstand päpstliche Ämter verlieh. Mit zunehmendem Alter erhielt Marcantonio dazu vom Papst Besitz von gewaltigem Umfang: Außer dem Fürstentum Sulmona im Königreich Neapel, das er ihm kaufte, schenkte ihm Paul V. Paläste und Villen in Rom und an die achtzig Feudalgüter in Latium. Ranke beschreibt diese Generosität mit folgenden Worten: Paul V. «überhäufte seine Nepoten mit Geschenken. Wir haben ein Verzeichnis derselben seine ganze Regierungszeit hindurch bis ins Jahr 1620. Zuweilen sind es Edelsteine, Silbergerätschaften; prächtige Zimmerbekleidungen werden unmittelbar aus den Vorräten des Palasts genommen und den Nepoten überbracht; bald werden ihnen Karossen, bald sogar Musketen und Falkonetten gegeben; aber die Hauptsache ist immer das bare Geld. Es findet sich, dass sie bis zum Jahre 1620 im ganzen 689.727 Skudi 312 Bajocchi bar, in Luoghi di Monte 24.000 Skudi nach ihrem Nennwert, in Ämtern, nach der Summe, die es gekostet haben würde, sie zu kaufen 268.176 Skudi erhielten, was sich dann wie bei den Aldobrandini ziemlich auf eine Million beläuft.» Der unvergängliche Ruhm der Größe, die die Familie Pauls V. erreichte, ist unauflöslich mit der grandiosen Villa Borghese nebst Casino, Kunstsammlung und dem weiten Park mit einem Umfang von sechs Kilometern verbunden (Abb. 6). Alles kam natürlich von der Mutter Kirche. Ranke hat berechnet, dass Paul V. während seines sechzehnjährigen Pontifi kats Schulden über Schulden häufte. Auf diese Art, so schreibt er, wurde Rom «der vornehmste Goldmarkt in Europa. Die römischen Luoghi di Monte wurden außerordentlich gesucht. Da sie bedeutende Zinsen abwarfen und eine genügende Sicherheit darboten, so stieg ihr Kaufpreis zuweilen bis auf 150 Prozent. So viele ihrer der Papst auch gründen mochte, so fand er Käufer in Menge.» Nach dem Bericht von Theodor Ameyden, Advokat der Kurie und über deren Arcana bestens informiert, soll die exkzessive Generosität Pauls V. seinen Neffen gegenüber auch den Jesuitenkardinal Roberto Bellarmino empört haben, das aufmerksame, intransigente Gewissen des päpstlichen Lebens, dem deshalb im 20. Jahrhundert die Ehre der Altäre zuteil wurde. Der fromme Kardinal hielt dem Beichtiger des Papstes vor, diesem trotz des Skandals seines notorischen, schamlosen Nepotismus immer die Absolution erteilt zu haben, und forderte ihn auf, ihm diese das nächste Mal zu verweigern. Beim ersten Mal ermahnte der Beichtiger, wie von Bellarmino geraten, den Papst nur, aber ohne
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