Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle Weihnachtserzählungen

Alle Weihnachtserzählungen

Titel: Alle Weihnachtserzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
jegliches Wohlwollen unter einem Mantel aus Grobheit und Abneigung zu verdecken sucht, schlägt in jedem Blick.“
    „Und macht es edel!“ fügte Caleb in stiller Verzweiflung hinzu.
    „Und macht es edel!“ rief das blinde Mädchen. „Er ist älter als May, Vater.“
    „Ja“, sagte Caleb widerstrebend. „Er ist etwas älter als May. Aber das hat nichts zu bedeuten.“
    „O ja, Vater! Seine geduldige Gefährtin bei Schwäche und im Alter zu sein; seine sanfte Pflegerin bei Krankheit und seine treue Freundin in allen Sorgen und Nöten; keine Müdigkeit zu kennen, wenn man seinetwegen arbeitet; neben ihm zu wachen, ihn zu pflegen, neben ihm zu sitzen und sich mit ihm zu unterhalten, wenn er munter ist, und für ihn zu beten, wenn er schläft – was wäre das für eine Wonne! Welche Gelegenheit, ihm ihre Treue und Hingabe zu beweisen! Würde sie das alles tun, lieber Vater?“
    „Kein Zweifel“, sagte Caleb.
    „Ich liebe sie, Vater; ich liebe sie von ganzem Herzen!“ rief das blinde Mädchen. Und während sie das sagte, legte sie ihr armes erblindetes Gesicht an Calebs Schulter und weinte so herzbrechend, daß er es fast bereute, ihr dieses schmerzliche Glück nahegebracht zu haben.
    Inzwischen war bei John Peerybingle ein ziemlich heftiges Durcheinander entstanden, denn die kleine Mrs. Peerybingle konnte sich natürlich gar nicht vorstellen, irgendwohin ohne das Baby zu gehen, und das Baby reisefertig zu machen nahm Zeit in Anspruch. Wenn man an Maße und Gewichte dachte, war nicht etwa viel an dem Baby, aber es blieb eine Menge zu tun mit ihm, und alles hatte mit häufigen Unterbrechungen zu geschehen. Als das Baby zum Beispiel fast völlig angezogen war und man eigentlich annehmen konnte, daß es mit ein, zwei weiteren Griffen fertig sei und sich als Musterbaby entpuppen werde, das alle Welt herausforderte, wurde es mit einer Flanellmütze zum Schweigen gebracht und ins Bett gesteckt, wo es etwa eine Stunde zwischen zwei Bettdecken sozusagen siedete. Aus diesem Zustand der Untätigkeit wurde es dann herausgerissen – wobei es kräftig tobte und fröhlich kreischte –, um eine – nun? Ich würde sagen, falls Sie mir gestatten, ganz allgemein zu sprechen, eine leichte Mahlzeit einzunehmen, nach der es wieder schlafen ging. Mrs. Peerybingle nutzte diese Zwischenzeit, um sich selbst auf bescheidene Weise so schick zurechtzumachen, wie Sie es kaum je in Ihrem Leben gesehen haben, und während derselben Pause zwängte sich Miss Slowboy in einen Spenzer von so verblüffendem und kunstvollem Schnitt, daß er in keinerlei Beziehung zu ihr noch zu irgend etwas auf der Welt stand, sondern eine zusammengeschrumpfte, für sich bestehende Tatsache mit Eselsohren war, die ohne die geringste Rücksicht auf andere ihr Ziel verfolgte. Unterdessen wurde das Baby, das wieder völlig munter war, durch die vereinten Kräfte von Mrs. Peerybingle und Miss Slowboy mit einem kremfarbenen Umhang für den Körper und einer Art gelblichen Pastete für den Kopf bekleidet; und so gelangten sie alle drei im Laufe der Zeit unten an der Tür an, wo das alte Pferd bereits mehr als den Wert seiner täglichen Weggebühr herausgeholt hatte, indem es die Straße mit seinem ungeduldigen Autogramm aufriß, und wo man Boxer, wenn man zurückblickte und ihn in Versuchung führte, ohne Aufforderung herbeizukommen, aus der Entfernung verschwommen sehen konnte.
    Wenn Sie glauben, daß ein Stuhl oder etwas Ähnliches nötig war, um Mrs. Peerybingle in den Wagen hineinzuhelfen, kennen Sie aber John sehr schlecht. Ehe Sie sehen konnten, wie er sie hochhob, saß sie schon frisch und munter auf ihrem Platz und sagte: „John, wie kannst du nur! Denk an Tilly!“
    Wenn es mir gestattet sein sollte, die Beine einer jungen Dame ohne Bedenken zu erwähnen, würde ich von Miss Slowboys Beinen bemerken, daß sie von einem Verhängnis betroffen waren, welches sie ungewöhnlich geeignet erscheinen ließ, gestoßen zu werden; sie vollzog nicht den geringsten Aufstieg oder Abstieg, ohne diesen Umstand mit einer Kerbe auf ihnen niederzuschreiben, so wie Robinson Crusoe die Tage auf seinem Holzkalender vermerkte. Doch das mag für unhöflich gehalten werden, und ich werde darüber nachdenken.
    „John! Hast du den Korb mit dem Kalbfleisch, der Schinkenpastete, den Sachen und den Bierflaschen?“ fragte Pünktchen. „Wenn nicht, dann mußt du auf der Stelle wieder umkehren.“
    „Du bist mir schon die Richtige“, entgegnete der Fuhrmann, „von Umkehren zu

Weitere Kostenlose Bücher