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Alle Weihnachtserzählungen

Alle Weihnachtserzählungen

Titel: Alle Weihnachtserzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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mögen zwanzig Leute gewesen sein, junge und alte, aber alle spielten mit – sogar Scrooge, denn da er bei dem Interesse, das er für alles aufbrachte, was um ihn herum geschah, völlig vergaß, daß seine Stimme in ihren Ohren nicht zu hören war, platzte er manchmal mit seiner Vermutung laut heraus und riet oft auch das Richtige, denn die spitzeste Nadel aus Whitechapel mit einem garantiert sichtbaren Öhr war nicht stechender als Scrooges Verstand, obwohl er sich für dumm hielt.
    Der Geist war hocherfreut, ihn in dieser Stimmung zu sehen, und betrachtete ihn mit solchem Wohlwollen, daß er wie ein Schuljunge bettelte, noch so lange bleiben zu dürfen, bis sich die Gäste verabschiedeten. Aber das, sagte der Geist, sei nicht möglich.
    „Jetzt kommt ein neues Spiel dran“, sagte Scrooge. „Eine halbe Stunde, Geist, nur ein halbes Stündchen!“
    Es war das Spiel „Ja und nein“, bei dem sich Scrooges Neffe etwas auszudenken hatte und die übrigen herausfinden mußten, was es war, wobei er nur mit Ja oder Nein auf ihre Fragen antworten konnte, je nachdem, wie der Fall lag. Das Kreuzfeuer von Fragen, dem er ausgesetzt war, brachte zutage, daß er an ein Tier dachte, ein lebendiges Tier, ein ziemlich widerliches Tier, ein wildes Tier, das manchmal knurrte und brummte, das manchmal sprach und in London lebte, das durch die Straßen lief, aber nicht herumgezeigt oder von jemandem geführt wurde noch in einer Menagerie lebte, das nie geschlachtet wurde; es war kein Pferd, kein Esel, keine Kuh, kein Bulle, kein Tiger, kein Hund, kein Schwein, keine Katze und kein Bär. Bei jeder weiteren Frage, die ihm gestellt wurde, brach dieser Neffe erneut in schallendes Gelächter aus und amüsierte sich so köstlich, daß er vom Sofa aufstehen und mit den Füßen aufstampfen mußte. Endlich rief die dralle Schwester, die in einen ähnlichen Zustand geriet, aus:
    „Ich hab’s! Ich weiß, was es ist, Fred! Ich weiß, was es ist!“
    „Was ist es denn?“ rief Fred.
    „Es ist dein Onkel Scrooge!“
    Das war es auch wirklich. Man empfand allgemeine Bewunderung, obwohl einige einwandten, daß die Antwort auf die Frage „Ist es ein Bär?“ hätte ja lauten müssen, weil eine verneinende Antwort ihre Gedanken von Mr. Scrooge abgelenkt hätte, angenommen, sie hätten in dieser Richtung gedacht.
    „Er hat uns viel Spaß gemacht, finde ich“, sagte Fred, „und es wäre undankbar, nicht auf sein Wohl zu trinken. Hier steht gerade ein Glas Glühwein bereit, und so sage ich: Auf Onkel Scrooge!“
    „Also, auf Onkel Scrooge!“ riefen sie.
    „Frohe Weihnachten und ein glückliches neues Jahr dem alten Mann, wie auch immer er sein möge!“ sagte Scrooges Neffe. „Von mir würde er die Wünsche nicht annehmen, aber er soll sie trotzdem haben. Auf Onkel Scrooge!“
    Onkel Scrooge war unmerklich so froh und leicht ums Herz geworden, daß er der Gesellschaft, die ihn nicht wahrnahm, gern auch zugetrunken und in einer unhörbaren Rede gedankt hätte, wenn ihm der Geist dazu Zeit gelassen hätte. Doch die ganze Szene verschwand mit dem Hauch des letzten Wortes seines Neffen, und er und der Geist befanden sich schon wieder auf Reisen.
    Sie sahen viel und gingen weit und besuchten viele Häuser, aber alle mit einem glücklichen Ausklang. Der Geist stand neben Krankenbetten, und die Menschen waren fröhlich; bei Leuten, die in fremden Ländern lebten, und sie waren der Heimat nahe; neben hart Ringenden, und sie waren durch die große Hoffnung geduldig; neben Armen, und sie waren reich. Im Armenhaus, Krankenhaus und Gefängnis, an jeder Zufluchtsstätte des Elends, wo der eitle Mensch mit seinem bißchen Macht die Tür nicht fest verschlossen und den Geist ausgesperrt hatte, hinterließ er seinen Segen und unterwies Scrooge in seiner Lehre.
    Es war eine lange Nacht, wenn es überhaupt nur eine Nacht war; Scrooge hatte aber darüber seine Zweifel, weil die Weihnachtstage in den Zeitraum zusammengedrängt zu sein schienen, den sie gemeinsam verbrachten. Es war auch seltsam, daß der Geist, während Scrooge äußerlich unverändert blieb, allmählich sichtbar älter wurde. Scrooge hatte diesen Wandel bemerkt, sich aber nie dazu geäußert, bis sie ein Kinderfest zum Dreikönigsabend verließen und er den Geist betrachtete, als sie auf einem freien Platz nebeneinander standen, und feststellte, daß dessen Haar grau geworden war.
    „Ist das Leben eines Geistes so kurz?“ fragte Scrooge.
    „Mein Leben auf dieser Erde ist sehr kurz“,

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