Alle Weihnachtserzählungen
unerbittliche und triumphierende Tatsache vor ihm hoch, während Tilly Slowboy unter den melodischen Rufen von „Ptschi, ptschi“ – was wie ein paar unbekannte Worte klang, die einem weitverbreiteten Schnupfen angepaßt waren – einige kuhähnliche Freudensprünge um den völlig Arglosen vollführte.
„Horch! Er wird abgeholt, tatsächlich“, sagte John. „Da ist jemand an der Tür. Mach sie auf, Tilly.“
Bevor sie sie jedoch erreichen konnte, wurde sie von außen geöffnet; es war nämlich eine einfache Tür mit einer Klinke, die jeder drücken konnte, wenn er wollte – und eine ganze Menge Leute wollten das, denn alle möglichen Nachbarn wechselten gern mit dem Fuhrmann ein freundliches Wort, obwohl er kein großer Redner war. Als sie geöffnet wurde, trat ein kleiner, magerer, nachdenklicher Mann mit schmutzigem Gesicht herein, der sich scheinbar selbst einen Überzieher aus dem sackleinenen Bezug einer alten Kiste gemacht hatte, denn als er sich umdrehte, um die Tür zu schließen und das schlechte Wetter auszusperren, las man auf dem Rücken dieses Kleidungsstückes die Inschrift G & T in großen, schwarzen Buchstaben. Ebenso das Wort GLAS in deutlich hervortretenden Lettern.
„Guten Abend, John!“ sagte der kleine Mann. „Guten Abend, Madam. Guten Abend, Tilly. Guten Abend, Unbekannter. Wie geht’s dem Baby, Madam? Boxer is hoffentlich wohlauf?“
„Alles prächtig, Caleb“, erwiderte Pünktchen. „Du brauchst dir sicher nur mal das liebe Kind anzusehen, dann weißt du Bescheid.“
„Und ich brauche mir sicher nur mal Sie anzusehen“, sagte Caleb.
Er sah sie jedoch nicht an, denn er hatte einen ruhelosen und nachdenklichen Blick, der sich stets in eine andere Zeit und an einen anderen Ort zu versetzen schien, ganz gleich, was er sagte; eine Beschreibung, die gleichermaßen auf seine Stimme zutrifft.
„Oder John“, sagte Caleb. „Oder Tilly, soweit das geht. Oder bestimmt Boxer.“
„Viel zu tun jetzt, Caleb?“ fragte der Fuhrmann.
„Nun, ganz schön, John“, erwiderte er mit der verwirrten Miene eines Mannes, der mindestens nach dem Stein der Weisen sucht. „Ganz schön. Zur Zeit is ’ne ziemliche Nachfrage nach der Arche Noah. Eigentlich würde ich gern die Familie noch verbessern, aber ich weiß nich, wie ich das bei dem Preis machen soll. Es wäre mir ’ne innere Befriedigung, deutlicher zu machen, wer die Söhne Ham und Sem und wer die Frauen sind. Die Fliegen haben auch nich die richtige Größe, im Vergleich zu den Elefanten, weißt du! Ach ja! Hast du bei deinen Päckchen was für mich bei, John?“
Der Fuhrmann langte in eine Tasche des Mantels, den er ausgezogen hatte, und holte einen winzigen, sorgfältig in Moos und Papier eingehüllten Blumentopf hervor.
„Da ist er!“ sagte er und rückte ihn mit großer Sorgfalt zurecht. „Kein einziges Blatt ist beschädigt. Voller Knospen!“
Calebs glanzlose Augen leuchteten auf, als er ihn nahm und ihm dankte.
„Teuer, Caleb“, sagte der Fuhrmann. „Sehr teuer zu dieser Jahreszeit.“
„Macht nichts. Für mich wäre es billig, was es auch kostet“, antwortete der kleine Mann. „Sonst noch was, John?“
„Eine winzige Schachtel“, erwiderte der Fuhrmann. „Da ist sie!“
„Für Caleb Plummer“, sagte der kleine Mann und entzifferte mühsam die Aufschrift. „,Barschaft‘. Barschaft? Jolin? Ich glaub nich, daß es für mich is.“
„Das heißt ‚Vorsicht‘“, entgegnete der Fuhrmann, als er ihm über die Schulter sah. „Wo liest du Barschaft?“
„Oh! Natürlich!“ sagte Caleb. „Is in Ordnung. ‚Vorsicht‘.
Ja, ja, das is meins. Es hätte wirklich ‚Barschaft‘ sein können, wenn mein lieber Junge aus dem goldenen Südamerika gelebt hätte, John. Du hast ihn wie ’nen Sohn geliebt, nich wahr? Du brauchst nich sagen, daß du ihn geliebt hast. Ich weiß es natürlich. ‚Caleb Plummer, Vorsicht.‘ Ja, ja, is alles in Ordnung. Es ist ’ne Schachtel mit Puppenaugen für die Arbeit meiner Tochter. Ich wünschte, es wärn ihre eigenen Augen in der Schachtel, John.“
„Ich wünschte, das wär so oder könnte so sein!“ rief der Fuhrmann.
„Danke“, sagte der kleine Mann. „Du sprichst sehr herzlich. Der Gedanke, daß sie nie die Puppen sehn soll und die sie den ganzen Tag lang unverschämt anstarren, das isses, was einem weh tut. Was macht die Rechnung, John?“
„Ich werd dir was“, sagte John, „danach zu fragen. Pünktchen! Nahe dran?“
„Nun, das sieht dir ähnlich“,
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