Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle Weihnachtserzählungen

Alle Weihnachtserzählungen

Titel: Alle Weihnachtserzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
nämlich genauso in Ihrem Interesse wie in meinem, daß sich die Frauen gegenseitig einreden, daß sie ruhig und zufrieden sind und es ihnen nicht besser gehen könnte. Ich kenne ihre Eigenheiten. Was die eine sagt, daran klammert sich stets die andere. Unter ihnen herrscht dieser Geist des Wettstreits, Sir, so daß, wenn Ihre Frau zu meiner sagt: ‚Ich bin die glücklichste Frau auf Erden, und ich habe den besten Mann von der ganzen Welt, und ich schwärme für ihn‘, meine Frau dasselbe oder sogar mehr zu Ihrer Frau sagen und es halb glauben wird.“
    „Wollen Sie behaupten, daß sie es eigenlich nicht tut?“ fragte der Fuhrmann.
    „Nicht tut!“ rief Tackleton mit einem kurzen, jähen Auflachen. „Was nicht tut?“
    Der Fuhrmann hatte die schwache Absicht hinzuzufügen: Für Sie schwärmen. Als ihm aber das halbgeschlossene Auge auffiel, wie es ihm über den hochgeschlagenen Kragen des Umhangs hinweg zublinzelte, der es beinahe ausstach, hielt er es für unwahrscheinlich, daß an Tackleton etwas dran wäre, wofür man schwärmen sollte, und so sagte er statt dessen: „Daß sie es nicht glaubt?“
    „Ah, Sie Bursche! Sie machen mir Spaß!“ sagte Tackleton.
    Doch der Fuhrmann, obwohl er nur langsam die volle Bedeutung seiner Worte erfaßte, schaute ihn dermaßen ernst an, daß er gezwungen war, sich etwas genauer auszudrücken.
    „Mir steht der Sinn danach“, sagte Tackleton, hielt die Finger seiner linken Hand in die Höhe und berührte leicht den Zeigefinger, um anzudeuten: das bin ich, nämlich Tackleton, „mir steht der Sinn danach, Sir, eine junge Frau, eine hübsche Frau zu heiraten.“ Hierbei klopfte er an seinen kleinen Finger, um die Braut zu beschreiben, nicht etwa zaghaft, sondern heftig, mit einem Gefühl der Macht. „Ich kann diesem Sinn nachgeben, und das tue ich. Es ist eine Laune von mir. Aber – sehen Sie mal dort!“
    Er zeigte dahin, wo Pünktchen nachdenklich vor dem Feuer saß, das Kinn mit dem Grübchen in die Hand stützte und die helle Glut beobachtete. Der Fuhrmann sah von ihr zu ihm und dann nochmals von ihr zu ihm.
    „Zweifellos verehrt sie Sie und gehorcht Ihnen, wie Sie wissen“, sagte Tackleton, „und da ich kein Mann zarter Gefühle bin, reicht mir das vollkommen. Aber Sie glauben, daß noch mehr dahintersteckt?“
    „Ich glaube“, bemerkte der Fuhrmann, „daß ich jeden aus ’m Fenster schmeißen sollte, der sagt, daß nichts dahintersteckt.“
    „Genau!“ erwiderte der andere, ihm ungewöhnlich heiter beipflichtend. „Selbstverständlich! Ohne Zweifel würden Sie das tun. Natürlich. Ich bin sicher. Gute Nacht. Träumen Sie schön!“
    Der Fuhrmann war verwirrt und wurde aus Groll über sich selbst unsicher und verlegen. Er konnte nicht umhin, es auf seine Weise zu zeigen.
    „Gute Nacht, mein lieber Freund!“ sagte Tackleton mitleidsvoll. „Ich gehe. Wir sind uns wirklich sehr ähnlich, wie ich sehe. Sie wollen uns nicht den morgigen Abend schenken? Nun. Am darauffolgenden Tag besuchen Sie jemand, wie ich weiß. Ich werde Sie dort treffen und meine zukünftige Frau mitbringen. Das wird ihr guttun. Sind Sie einverstanden? Danke. Was ist denn das?“
    Es war ein lauter Schrei von des Fuhrmanns Frau, ein lauter, schriller, plötzlicher Schrei, der das Zimmer wie ein Glasgefäß klingen ließ. Sie hatte sich von ihrem Sitz erhoben und stand starr vor Schreck und Erstaunen. Der Fremde hatte sich dem Feuer genähert, um sich aufzuwärmen, und stand nur einen Schritt von ihrem Stuhl entfernt. Aber ganz still.
    „Pünktchen!“ rief der Fuhrmann. „Mary! Liebling! Was ist denn los?“
    Im Nu waren alle um sie herum. Caleb, der auf der Kuchenschachtel eingenickt war, zog Miss Slowboy in der ersten, noch unvollkommenen Wiedererlangung seiner zeitweilig aufgehobenen Geistesgegenwart am Schopfe, entschuldigte sich aber sofort.
    „Mary!“ rief der Fuhrmann und stützte sie mit seinen Armen. „Bist du krank? Was ist denn? Sag es mir, Schatz!“ Sie antwortete nur, indem sie in die Hände klatschte und in ein wildes Gelächter ausbrach. Als sie dann aus seinem Griff auf den Boden sank, bedeckte sie ihr Gesicht mit der Schürze und weinte bitterlich. Und dann lachte sie wieder, und dann schrie sie wieder, und dann sagte sie, wie kalt es wäre, und gestattete ihm, sie zum Feuer zu führen, wo sie sich wie vordem niederließ. Der alte Herr stand wiederum ganz still.
    „Es geht mir besser, John“, sagte sie. „Mir geht’s jetzt gut – ich – John!“ Doch John

Weitere Kostenlose Bücher