Alle Weihnachtserzählungen
ihrem Herzen und ihrem Kopf gleichermaßen Ehre erwiesen; und obwohl diese dem Kopf des Babys weniger Ehre antaten und gelegentlich das Mittel waren, ihn mit Holztüren, Anrichten, Treppengeländern, Bettpfosten und anderen unpassenden Gegenständen in Berührung zu bringen, waren sie doch die ehrlichen Auswirkungen von Tilly Slowboys ständiger Verwunderung, daß sie so gütig behandelt und in einem so gemütlichen Haushalt angestellt war. Denn Mutter wie Vater Slowboy waren gleichermaßen verschollen, und Tilly war von der öffentlichen Wohltätigkeit aufgezogen worden, als Findling – ein Wort, das sich nur in wenigen Buchstaben von Liebling unterscheidet, aber in der Bedeutung sehr unterschiedlich ist und etwas völlig anderes ausdrückt.
Wenn Sie gesehen hätten, wie die kleine Mrs. Peerybingle mit ihrem Mann zurückkam, am Wäschekorb zerrte und die größten Anstrengungen unternahm, überhaupt nichts zu tun (denn er trug ihn), wären Sie fast ebenso belustigt gewesen wie er. Nach allem, was ich weiß, amüsierte sich möglicherweise auch das Heimchen darüber; doch ganz gewiß begann es wieder, leidenschaftlich zu zirpen.
„Oho!“ sagte John in seiner langsamen Art. „Es ist heute fröhlicher als sonst, finde ich.“
„Und sicherlich bringt es uns Glück, John! Das hat es immer getan. Ein Heimchen am Herd zu haben ist das am meisten Glückbringende auf der ganzen Welt!“
John betrachtete sie, als wollte er sagen, daß sie sein wichtigstes Heimchen sei und er ihr zustimme. Aber es handelte sich wahrscheinlich um einen seiner Fälle, ganz nahe dran zu sein, denn er blieb stumm.
„Zum erstenmal hörte ich seine lustige kleine Melodie an jenem Abend, John, als du mich nach Hause brachtest – als du mich hierher in mein neues Heim brachtest und mich zur kleinen Hausherrin machtest. Vor einem knappen Jahr. Erinnerst du dich, John?“
O ja. John erinnerte sich. Das möchte ich annehmen. „Sein Gezirpe war mir ein wunderbarer Willkommensgruß! Es schien voller Hoffnung und Ermutigung zu sein. Es schien zu sagen, daß du gütig und freundlich zu mir sein und nicht erwarten würdest (wovor ich damals Angst hatte, John), daß auf den Schultern deines kleinen Dummerchens ein kluges Köpfchen sitzt.“
John streichelte nachdenklich erst eine dieser Schultern und dann ihren Kopf, als wollte er sagen: Nein, nein, solche Erwartungen hätte er nicht gehegt, er wäre ganz zufrieden und nähme beides, wie es sei. Und er hatte auch wirklich keinen Grund. Es war alles sehr anmutig.
„Es sprach die Wahrheit, als es das zu sagen schien, denn du bist mir wirklich der beste, der rücksichtsvollste und der zärtlichste Ehemann. Das ist ein glückliches Heim geworden, John, und darum liebe ich das Heimchen!“
„Nun, das tue ich auch“, sagte der Fuhrmann. „Ich auch, Pünktchen.“
„Ich liebe es wegen der vielen Male, die ich es gehört habe, und wegen der vielen Gedanken, zu denen mich seine harmlose Musik angeregt hat. Manchmal in der Dämmerung, wenn ich mich ein bißchen einsam fühlte und verzagt war – ehe das Baby da war und mir Gesellschaft leistete und das Haus fröhlich machte – und wenn ich mir dann vorstellte, wie verlassen du wärst, falls ich sterben sollte, und wie verlassen ich wäre, wenn ich merkte, daß du mich verlassen hast, mein Schatz, schien mir sein Zirpzirpzirp auf dem Herd von einer anderen kleinen Stimme zu erzählen – so süß und mir so lieb, vor deren künftigem Klang meine Sorgen wie ein Traum verschwanden. Und wenn ich Angst hatte – und ich hatte mal Angst, John. Ich war sehr jung, wie du weißt –, daß sich unsere Ehe als nicht glücklich herausstellen könnte, weil ich solch ein Kind war und du mehr mein Vormund als mein Mann warst; und daß du vielleicht – wie sehr du dich auch bemühst – nicht lernen würdest, mich zu lieben, wie du gehofft und erfleht hast; dann hat mich sein Zirpzirpzirp wieder aufgeheitert und mich mit neuer Zuversicht und mit Vertrauen erfüllt. An diese Dinge dachte ich heute abend, mein Schatz, als ich auf dich wartete, und darum liebe ich das Heimchen!“
„Und ich auch“, wiederholte John. „Aber Pünktchen! Ich hätte gehofft und erfleht, daß ich lernen könnte, dich zu lieben? Wie du sprichst! Das hatte ich gelernt, lange bevor ich dich herholte, um die kleine Herrin des Heimchens zu sein, Pünktchen!“
Einen Augenblick lang legte sie ihre Hand auf seinen Arm und schaute mit erregtem Gesicht zu ihm empor, als ob sie ihm etwas
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