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Allein die Angst

Allein die Angst

Titel: Allein die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Millar
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verspottet und über sie gelacht, hatten diese unerträglichen Fotos geschwenkt. Abstoßende Bilder von etwas Scheuem, Zartem und Kostbarem, das dieses gestörte junge Mädchen und ihr anzüglich grinsender Freund an die Öffentlichkeit gezerrt und in etwas so Widerwärtiges und Grauenerregendes verwandelt hatten, dass Allen nun nahe daran war, in das Gästezimmer umzuziehen, damit Debs sich nie wieder damit zu befassen bräuchte. Warum er es überhaupt weiter mit ihr versuchen wollte, warum er nach diesem demütigenden Albtraum bei ihr geblieben war, wusste der Himmel.
    Debs’ Herz klopfte wild. Ach, sie hatte es so satt, sich ständig ängstigen zu lassen. Ihr Leben von anderen abhängig zu machen. Warum hatte ihr Mum nicht beigebracht, wie man Rückgrat zeigt?
    Diesen Nachmittag hatte die Amerikanerin Pornofilme laufen lassen. Und Debs hatte sie nicht daran gehindert. Sie hatte zugelassen, dass die Frau die Lautstärke voll aufdrehte und sie mit hässlichem Keuchen und Stöhnen folterte, bis Debs auf der Bettkante saß und sich die Ohren zupresste.
    Sie blickte über London. Genug, Debs, dachte sie. Zeit, dass du aufstehst und für deine Bedürfnisse eintrittst.
    Sie zog ihr Handy heraus, setzte sich auf eine Bank und rief Allen an, der beim Cricket war. Sie erwartete, dass er sein Handy ausgeschaltet hatte, und war deshalb überrascht, als sie ihn antworten hörte.
    »Ich bin’s, Schatz«, sagte sie so selbstbewusst sie konnte. »Bitte hör mir zu. Ich weiß, dass die Monate seit dieser Geschichte schwierig für dich waren, aber ich fürchte, du täuschst dich, wenn du glaubst, ich leide unter Einbildungen. Die Nachbarin auf der anderen Seite hat mir heute alles bestätigt. Ich habe Beweise. Und jetzt ist diese Amerikanerin mit dem kleinen Mädchen auf und davon, und ich bin ziemlich sicher, dass sie etwas Furchtbares vorhat. Ich bin gerade oben am Alexandra Palace und suche nach dem Kind.«
    Sie hörte ihn seufzen.
    »Allen. Warum bist du eigentlich bei mir geblieben? Du weißt schon – nach dem Skandal?«
    Das hatte sie ihn noch nie zu fragen gewagt. Und überhaupt – seit ihrem allerersten Treffen in einem Restaurant, das sie mit dem
Guardian
vor der Brust betreten hatten, Debs so nervös, dass sie sich beinahe in einen Pflanzenkübel übergeben hätte, hatten sie sich linkisch bis zum Standesamt vorangetastet, ohne allzu viel zu reden.
    »Wenn der Regen aufhört, Schatz, bin ich mit Schlagen dran«, murmelte er.
    »Es ist mir ernst, Allen. Sag’s mir. Jetzt. Ist es einfach besser, als allein zu leben?«
    »Nein.«
    »Warum denn dann?«
    »Ach Debs, bitte, Schatz …«
    »O Mann!«, stieß sie leise aus und stampfte ein wenig mit dem Fuß auf. Sie schüttelte den Kopf, dass ihre Brille auf der Nase wackelte. »Allen, Schatz. Verzeih, aber wenn unsere Ehe funktionieren soll, dann musst du jetzt mit mir reden. Weil, weil … tut mir leid, Schatz, aber mir, mir …« – sie wurde immer lauter – »… mir reicht’s einfach. Mir
reicht’s
. Ich habe so viel Angst vor dir, dass ich wie gelähmt bin, wenn du’s wissen willst. Ich schleiche nur noch auf Zehenspitzen um dich herum und warte die ganze Zeit, dass du mir sagst, es sei ein Irrtum gewesen. Das halte ich nicht länger aus. Wenn du mich nicht magst, so wie ich bin, Allen, dann – dann solltest du es mir vielleicht sagen, und wir ziehen einen Schlussstrich. Ich kann so nicht leben, mit dem Gefühl, dass du täglich etwas an mir auszusetzen hast – meine Verrücktheiten, meine Art, wie ich die Socken wasche, wie ich die Welt wahrnehme, wie sich meine Schwester mir gegenüber verhält …«
    »Sag doch so was nicht«, hörte sie ihn murmeln, »das stimmt doch gar nicht.«
    »Aber so ist es doch! Und weißt du, was? Vielleicht hast du ja recht. Vielleicht hast du mit mir einfach eine Niete gezogen, Allen. Wie Mum mit Dad, das sagte sie jedenfalls immer. Ich bin eine Niete. Du hättest dich nie mit mir einlassen sollen. Niemand sollte sich mit mir einlassen. Und ich glaube, du bist nur aus einem einzigen Grund noch mit mir zusammen. Du hast mit der Zeit durchschaut, dass ich eine Niete bin, aber du bist zu höflich, um mich fallenzulassen. Denn so bist du eben, Allen. Du bist ein Mensch, der sich um andere kümmert. Um Leute, die einen Knacks haben. Leute wie mich – angeschlagen und kaputt.«
    Sie hörte ihn tief Luft holen.
    »Nein.«
    »Was?«, schniefte sie. »Lüg nicht.«
    »Nein, Debs. Ich habe dich geheiratet, weil du das

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