Allein die Angst
blitzten schadenfroh. »Henry!«, rief sie und schnappte ihm die Pistole weg; der geschockte Otto fasste sich schließlich so weit, dass er einen langen, durchdringenden Schrei losließ. Suzy spritzte sich etwas Wasser auf die Hand, bevor sie die Pistole weglegte. Es war eiskalt. Henry musste den Tank aus dem Kaltwasserhahn gefüllt haben.
»Wie kannst du so gemein zu Otto sein?«, tadelte sie Henry.
Zu ihrem Entsetzen wieselte Henry an ihr vorbei, griff sich die Pistole wieder und bespritzte auch noch Peter; dann rannte er lachend hinaus.
Jez erwischte ihn an der Tür, riss ihn hoch in die Luft und stellte ihn dann energisch ins Bad zurück.
»Was machst du da, zum Teufel?«, fragte er. Henry verging das Lachen sofort, er verzog das Gesicht und brach in Geheul aus.
»Mummy«, greinte er und streckte die Hände nach Suzy aus. Sie streckte ihm die ihren reflexartig entgegen.
»Komm her, Äffchen.«
»Nein«, blaffte Jez und sah Suzy finster an. »Schau mich an, Henry. Und jetzt hör zu. Du entschuldigst dich auf der Stelle und gehst dann in dein Zimmer.«
»Mummy!« Henry begann zu schreien und versuchte sich loszuwinden.
»
Nein
, habe ich gesagt«, brüllte Jez und schüttelte Henry heftig.
»Jez, lass ihn zu mir«, rief Suzy; sie fand, dass Henry knapp vor dem Zusammenklappen war.
»Er wird tun, was ich ihm sage, Suze. Fall mir nicht in den Rücken. Wenn du ihn so verziehst, machst du ein verdammtes Muttersöhnchen aus ihm. Ab in dein Zimmer, und komm ja nicht wieder raus!«
Suzy biss die Zähne zusammen, als Jez den kreischenden Henry in sein Zimmer zerrte. Sie hielt sich die Ohren zu und kniete sich neben die Badewanne. Henrys Tobsuchtsanfall wollte nicht enden, immer wieder verfiel er in markerschütterndes Gebrüll, wenn Jez ihn packte, sobald er aus seinem Zimmer laufen wollte, und ihn energisch wieder hineinstellte.
»Hör auf, hör auf«, flüsterte sie immer wieder. Sie spürte, wie Peter seine nasse kleine Hand auf ihren Arm schob, und umschloss sie fest.
Unerträglich. Mit anhören zu müssen, wie verstört ihr kleiner Schatz war. Verzweifelt unterdrückte sie den Impuls, in den Gang hinauszurennen, Henry aus Jez’ Händen zu reißen und ihn ganz fest an sich zu drücken – genau das hätte er jetzt gebraucht. Jedes Mal, wenn Jez Henry anbrüllte: »Nein! Zurück ins Zimmer!«, war ihr, als verpasste er ihr einen Schlag unter die Gürtellinie. »Lass meinen Kleinen in Ruhe!«, hätte sie am liebsten geschrien.
Aber sie wusste, dass sie das besser bleiben ließ.
Als es endlich vorbei war, als Henrys Geheul zu langen, klagenden Schluchzern abflaute und er sich damit abgefunden hatte, einige Zeit in seinem Zimmer zu bleiben, kehrte Jez mit dem geknickten kleinen Jungen ins Bad zurück.
»Jetzt entschuldige dich bei deinen Brüdern«, forderte Jez ihn auf.
»Tut mir leid«, schluchzte Henry.
»So ist’s gut. Und jetzt geh dein Zimmer aufräumen, bis das Bad frei ist.«
Ohne Jez anzusehen, setzte sich Suzy auf den Badewannenrand, wusch die Zwillinge und holte sie dann aus der Wanne. Später, wenn Jez nach oben in sein Arbeitszimmer verschwunden oder ausgegangen wäre, würde sie Henry in die Arme nehmen. Sie würde ihm einen Keks zustecken. Ihm ins Ohr flüstern, wie lieb sie ihn hatte, und dass es ihr leid tat, dass Daddy ihn so angebrüllt hatte.
»Wie steht’s mit dem Ausschlag?«, fragte Jez nach einer Weile, als sie Peter in ein Handtuch wickelte.
»Was?«
»Peters Ausschlag. Wie schlimm ist er?«
Sie zog das Handtuch noch fester um den Kleinen, schluckte und sagte: »Wahrscheinlich bloß wieder sein Ekzem.«
Es wurde halb neun, bis Suzy und Jez sich schließlich zum Abendessen an den Tisch setzten. Zwischen ihnen herrschte angespanntes Schweigen.
»Wie ging es Henry im Schwimmbad?«, fragte Suzy dann. Sie wollte eine neue Flasche Roten aufmachen und merkte, dass Jez ihn schon geöffnet hatte.
»Hoffnungsloser Fall«, murmelte Jez und hielt ihr sein Glas zum Nachschenken hin. »Er sollte längst schwimmen können. Ich konnte ihn nicht mal dazu bringen, den Kopf unterzutauchen.«
»Es ist nun mal ganz schön schwierig, Honey, allein mit den drei Jungs ins Schwimmbad zu gehen.«
»Dann organisiere eben Schwimmunterricht für ihn. Ich bin in seinem Alter schon Bahnen geschwommen – und war mit sieben in der Schulmannschaft.«
Gott, manchmal klang er wie sein Vater. Suzy erwartete halb, dass er à la James zu schnauben anfing.
»Ich glaube nicht, dass sie am Alexandra
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