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Allein die Angst

Allein die Angst

Titel: Allein die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Millar
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Sache schon letztes Jahr erwähnt und sie wurde abgelehnt, deshalb …«, fing er an, setzte sich auf einen Gartenstuhl und nahm das Tablett von ihr entgegen. »Aber ich dachte …«
    »Diese Anrufe machen mir furchtbare Sorgen«, platzte sie heraus.
    »Hm«, sagte er nur und blickte zu Boden.
    »Tut mir leid, Allen – aber das ist doch komisch, oder? Ich meine, warum klingelt andauernd das Telefon …«
    Allen hob einen Löffel Suppe zum Mund. Debs wartete, dass er sich dazu äußerte, und als er schwieg, fuhr sie gehetzt fort, denn sie musste ihn unbedingt zum Reden bringen. Sie wusste, was er dachte. Sie brauchte einfach ein beruhigendes Wort von ihm. Eine Bestätigung. Irgendetwas.
    »Ich frage mich ständig, woher sie meine neue Nummer haben. Heißt das, dass sie auch wissen, wo ich wohne?«
    Allen kniff Mund und Augen zusammen.
    »Debs, Schatz.« Diesmal hatte »Schatz« einen anderen Ton.
    Er holte noch einmal tief Luft.
    »Also, ich weiß nicht. Du hast keinen Grund zu glauben, dass sie bei dir anrufen wollen. Die Sache ist ein für alle Mal erledigt. Wahrscheinlich ist es nur so ein computergesteuerter Telefondienst, der automatisch anruft, um dir eine Lotterie oder sonst was anzudrehen.«
    Sie sah ihn an.
    »Glaubst du wirklich? Hältst du das für möglich?«
    »Sogar für sehr wahrscheinlich.« Er nickte. »Wirklich, Schatz, du musst aufhören, dich so aufzuregen. Die Sache mit den Flugzeugen zum Beispiel …«
    Flugzeuge. Bevor sie sich zusammenreißen konnte, blickte sie hoch und suchte den Himmel ab. Warum hatte er das ansprechen müssen? Ihr war seit gestern Abend nichts mehr aufgefallen. Jetzt würde sie den Fluglärm wieder hören.
    »Weißt du, was, Schatz?«, fuhr er fort. »Vielleicht solltest du dir tagsüber eine Beschäftigung suchen. Was Ehrenamtliches vielleicht, nur, damit du rauskommst.«
    »Gute Idee.« Debs nickte, um zu zeigen, wie sehr sie seine Beruhigungsversuche zu schätzen wusste.
    »Vielleicht ein paar Stunden in einem Eine-Welt-Laden oder so?«, schlug er vor.
    »Hmm.« Sie strengte sich an, mehr Begeisterung vorzutäuschen, als sie empfand. Der Gedanke, den ganzen Tag mit fremden Menschen zu sprechen, die sie nicht kannte, überforderte sie im Moment.
    »Mum hat das gemacht«, sagte er und schob ein Stück Brot in den Mund. »So ist sie dienstags und donnerstags aus dem Haus gekommen.«
    Debs sah ihn entsetzt an.
    Seine Mutter?
    War sie das für ihn geworden – die Nachfolgerin seiner Mutter? Hatte er nun eine Frau, die ihm zur Last geworden war, gegen eine andere eingetauscht?
    »Hmm, gute Idee, Schatz«, stotterte sie. »Aber der Hort schlaucht mich ganz schön. Ich weiß, dass es nur zweieinhalb Stunden sind, aber die Kinder sind nach dem Unterricht sehr müde und sehr anstrengend. Dafür möchte ich frisch bleiben.«
    Er blickte sie an. Sah aus, als hätte er etwas auf dem Herzen, was schwer auszusprechen war. »Die Sache ist die, Schatz … Wenn man bedenkt, wie es dir in letzter Zeit so gegangen ist …« Er legte in das Wörtchen
gegangen
hundert Bedeutungen hinein. »Nach allem, was passiert ist, bin ich nicht sicher, ob es dir wirklich guttut, überhaupt wieder mit Kindern zu arbeiten …«
    Hinter ihnen raschelte es. Plötzlich sprang ein Tier über den Zaun, sauste wie der Blitz durch den Garten, kletterte auf der anderen Seite wieder hoch, wobei es einen ziemlichen Radau machte, und war verschwunden.
    »Iiiihh!«, kreischte Debs. »Was war denn das? Allen, was war das?«
    »Du meine Güte. Wie seltsam«, sagte Allen. »Muss ein Fuchs gewesen sein.«
    »Nein«, widersprach Debs mit verstörtem Blick. »Allen, das war kein Fuchs. Unmöglich. Das war ein Riesenvieh.«
    Sie sah sich panisch um, als würde das Tier gleich wieder über den Zaun springen und über sie herfallen. Allen räusperte sich. Sie sah, wie er seine Stirn rieb und ins Weite starrte, in eine andere Richtung, als suche er einen Fluchtweg, um ihr zu entkommen.
    Du lieber Himmel. Rasch streckte sie die Hand aus und berührte ihn am Ärmel, ließ ihre Finger kurz auf seinem Arm liegen und spürte wieder, was sie schon vergessen hatte: sein weiches Fleisch unter der Baumwolle.
    »Nein. Nein. Wahrscheinlich hast du recht, Schatz«, sagte sie mit erzwungener Ruhe und nickte. Dann ließ sie die Hand sinken, damit ihr die schmerzliche Erfahrung erspart blieb, dass er sich ihr höflich entzog. »Ich sehe schon Gespenster. Es muss ein Fuchs gewesen sein.«
    Aber obwohl sie sich ein Lächeln abrang,

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