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Allein die Angst

Allein die Angst

Titel: Allein die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Millar
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hob das verräterische Objekt hastig auf.
    »Bist du da drinnen?«, fragte Jez und öffnete plötzlich die Tür. Suzy blieb in Kauerstellung, mit dem Rücken zu ihm, die grüne Tüte gegen den Bauch gedrückt. Die Bluse hing ihr um die Hüften.
    Sie spürte Jez’ bohrende Blicke; er fragte sich, was zum Teufel sie da trieb.
    »Das Essen ist im Ofen, Honey«, sagte sie unbeschwert. »Augenblick noch – ich habe gerade eine Nadel auf den Teppich fallen lassen.«
    »Bemüh dich nicht, ich nehm’s mit hoch – das wird wieder ein langer Abend«, sagte er ruhig und verließ sie.
    Ein langer Abend.
    Sie blieb, wo sie war, und schüttelte frustriert den Kopf. Seufzend stand sie auf und ging zur Wand hinüber. Sie verstaute die grüne Tüte hinter dem Sofa und setzte sich auf die feste Polsterung. Dann zog sie die Bluse wieder über ihre Schultern und wartete auf das Zuschlagen der Ofentür und das Klappern der Besteckschublade. Es folgten schwere Schritte, als Jez sein Tablett nach oben in sein Arbeitszimmer trug und die Tür wieder hinter sich schloss.
    Suzy knöpfte den letzten Knopf zu, öffnete die Wohnzimmertür und schlich ebenfalls hinauf, ihm nach. Oben setzte sie sich in der Stille auf ihren üblichen Platz, wo der Raum sich um sie weitete. Dann fasste sie die Enden der falschen Wimpern zwischen den Fingern.
    Zack.
    Mit einem Ruck riss sie die Wimpern ab, dass ihre Lider brannten.
    Sie seufzte und rieb sich über die schmerzende Haut.
    Das hatte geholfen, reichte aber noch nicht.
    Deshalb schob sie eine Hand in den Ärmel und grub, wo es niemand sehen würde, die frisch manikürten Fingernägel ins Fleisch. Lange hielt sie ihren Arm so umkrallt.

Mittwoch
    Kapitel 18 Callie
    Rae ist so aufgeregt, weil sie nach der Schule zu Hannah zum Spielen darf, dass sie gleich aus dem Bett springt und wenige Minuten später fertig angezogen ist. Dann läuft sie herum und sammelt alle möglichen Armreifen und Sticker ein, die sie mit zu Hannah nehmen will.
    Als sie den letzten Löffel Porridge in den Mund geschoben hat und wir uns aufmachen, riskiere ich in der Diele die Frage: »Du hast also nichts dagegen, in den Hort zu gehen?«
    Sie setzt zu einem Lächeln an, doch es endet in einem verwirrten Blick. »Nein. Ich weiß nicht.« Plötzlich wird ihr Gesichtchen ernst. »Ich vermisse dich schon.«
    »Ich vermisse dich auch«, erwidere ich, bürste vor dem Dielenspiegel ihre langen Locken, ziehe einen Mittelscheitel und flechte zwei Zöpfe, die, wie ich jetzt schon weiß, längst aufgelöst sein werden, bevor sie nach Hause kommt. »Aber bald können wir uns auf viele neue Dinge freuen. Wenn du dich wirklich gut benimmst und tust, was Hannahs Mummy dir sagt, können wir Hannah vielleicht auch einmal zu uns einladen.«
    »Ja!«, schreit Rae.
    »Und weißt du, was?« Ich lächle sie im Spiegel an. »Vielleicht habe ich auch eine neue Freundin. Eine junge Frau in der Arbeit, die Megan heißt.«
    Rae starrt mich im Spiegel an. »Wie ist sie denn so?«
    »Nett«, sage ich. »Freundlich. Sie würde dir gefallen – sie sieht aus wie Alice im Wunderland. Und findet meine Witze gut.«
    Rae reißt die Augen auf und schaut mich halb verschmitzt, halb spöttisch an, ein Ausdruck, den sie Tom abgeguckt hat.
    »He – du Schimpanse!«, knurre ich, packe sie um die Rippen und drücke im Spaß zu.
     
    Diesmal haben wir noch viel Zeit, als wir aus der Haustür treten.
    »Hey, Honey!«
    Sobald ich Suzys Stimme höre, blicke ich unwillkürlich zu Boden und fühle Panik aufsteigen, als wäre eine Falle zugeschnappt. Ich zwinge mich zu einem Lächeln und schaue dann zu Suzy hinüber, die mit Henry aus dem Gartentor tritt.
    »Wir haben euch gestern gar nicht gesehen. Wolltet ihr nicht rüberkommen, zu uns ins Bad?«
    »Wir waren erst spät zu Hause«, sage ich, als ich mit Rae die Straße überquere. »Aber vielleicht heute Abend. Wenn’s dir recht ist, benutzen wir eure Toilette. Der Klempner hat erst morgen Zeit.«
    »Klar.« Gemeinsam laufen wir die Churchill Road entlang. »Na, wie geht’s, Süße?« Suzy klopft Rae auf die Schulter. »Hast du Mummy vom Hort erzählt?«
    Raes Gesicht verfinstert sich.
    Suzy sieht mich fragend an.
    »Ich werde diese Woche mit Ms. Aldon reden«, sage ich. »Bis jetzt hatte ich noch keine Gelegenheit dazu.«
    »Na, dann wünsch ich dir viel Glück, dass du was Vernünftiges aus ihr rauskriegst, Honey«, seufzt sie. »Ich kann es kaum erwarten, bis Henry nicht mehr in ihre Klasse muss – eine der Mütter

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