Allein die Angst
zusammenringelte.
»Nein, Honey, aber sie ist ein bisschen krank. Du weißt doch, dass Rae was am Knie hatte? Diese Frau hat was im Kopf. Aber keine Angst, Mummy hat ihr gesagt, sie soll weggehen, und sie wird nicht wiederkommen. Sie wird dir und Rae nichts tun.«
Sobald die Kinder schliefen, lief Suzy durchs Haus und vergewisserte sich, dass alles ausgeschaltet war. Sie sah auf die Uhr: Zehn vor acht. Jez konnte jederzeit kommen, aber höchstwahrscheinlich würde er den ganzen Abend wegbleiben. Sie biss sich auf die Lippe. Es ging ihr sehr gegen den Strich, aber manchmal blieb ihr nichts anderes übrig. Das war schließlich etwas anderes, als im Park von seinen Kindern wegzulaufen. Sie wäre ja nur auf der anderen Straßenseite und könnte alles hören.
Sie rief auf ihrem Handy ihre eigene Festnetznummer an, ging ans Telefon und legte den Hörer oben in den Gang, vor die offenen Kinderzimmertüren. Dann nahm sie ihr Handy und schloss leise die Haustür.
Sie vergewisserte sich, dass ihre bekloppte Nachbarin nicht draußen war, lief über die Straße und klopfte laut an Callies Tür. Als sie nicht aufmachte, klingelte sie zweimal; erst hinterher fiel ihr ein, dass Rae sicher schon schlief.
»Mist«, murmelte sie.
Callie öffnete, im Bademantel. Sie wirkte aufgelöst, ihre Wangen waren gerötet, ihre Augen glänzten, als wäre sie gerade aus der Wanne gestiegen.
Sie sah Suzys Gesicht. »Was ist denn los?«
Kapitel 28 Callie
O Gott. Was will Suzy denn hier?
Sie steht vor meiner Tür und wirft wilde Blicke um sich.
Und ich halb nackt. Ich ziehe den Bademantel um mich zusammen und hoffe, der Glanz in meinen Augen verrät nicht, was ich gerade in der Küche getrieben habe. Warum kann sie mich nicht mal einen Tag in Ruhe lassen?
»Honey? Darf ich reinkommen?«
»Hm, Suzy … tut mir leid«, sage ich und werfe einen Blick nach hinten. Die Küchentür schließt sich ganz behutsam von innen. Ich trete von einem Fuß auf den anderen, damit Suzy die Bewegung nicht wahrnimmt. »Rae schläft schon.«
»Sorry, daran hab ich nicht gedacht.« Sie dämpft die Stimme. »Hör mal, Honey, ich bin fix und fertig …«
»Suze – eigentlich wollte ich gerade ins Bett.« Ich hoffe, meine Gereiztheit ist mir nicht anzuhören. »Können wir nicht morgen darüber reden?«
»Bitte, Honey. Du musst das unbedingt erfahren. Diese Frau – Debs. Du wirst es nicht glauben, aber sie hat sich gerade vor meine Tür gestellt und durch meinen Briefschlitz gekreischt.«
Meine Schultern sacken nach vorn.
»Ach ja?«, sage ich knapp.
»Ich wollte Jez anrufen, ob er was zu essen will, wenn er aus Birmingham zurückkommt, und plötzlich hat sie die Briefschlitzklappe aufgerissen und reingebrüllt, ich würde bei ihr Telefonterror machen, wegen irgendeiner Tussi, die sie mal gekannt hat.«
Mein Widerstand bricht einen Moment zusammen. »Was? Klingt ja ziemlich durchgeknallt.«
»Das kann man sagen, Honey. Schau mal.« Suzy streckt mir ihre Hände hin. »Ich bin noch ganz zittrig. Ich glaube, die hat sie nicht alle. Ich hab’s dir nicht erzählt, aber neulich im Garten habe ich ihren Mann sagen hören, sie sollte vielleicht nicht mehr mit Kindern arbeiten.«
Was? Unwillkürlich verfinstert sich mein Gesicht.
»Ich weiß, ich hätt’s dir erzählen sollen. Aber ich hab gar nicht geschaltet. Ich dachte, er meinte, das wäre für sie vielleicht zu anstrengend. Aber jetzt – jetzt mache ich mir wirklich Sorgen, dass sie nicht ganz richtig im Kopf ist. Ich meine – wenn sie es vielleicht mit Absicht gemacht hat? Du weißt schon – wenn sie Rae auf die Straße geschubst hat?«
»Großer Gott«, murmle ich und werfe noch einen Blick hinter mich in die Wohnung. Eigentlich will ich, dass Suzy wieder geht, aber jetzt platze ich doch damit heraus: »Weißt du, was? Heute Nachmittag ist sie mit den Schlüsseln, die der Klempner dagelassen hat, in meine Wohnung gegangen und hat stundenlang geputzt.«
»Was?«, haucht Suzy. »Die spinnt doch.«
»Genau. Ich dachte, vielleicht wollte sie damit auf ihre komische Art sagen, dass es ihr leidtut. Aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Und ich habe so ein unheimliches Gefühl, dass etwas fehlt, aber ich komm nicht drauf, was, weil sie alles umgeräumt hat. Wenn es nun ein Foto von Rae ist oder so?« Suzy schlägt die Hand vor den Mund und reißt die Augen auf. »O Gott. Meinst du, ich soll die Polizei verständigen?«
»Unbedingt, Honey. Sie arbeitet an einer Schule, Himmel nochmal. Die
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