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Allein in der Wildnis

Allein in der Wildnis

Titel: Allein in der Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne LaBastille
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Adirondacks. Von den hundertsieben Städtchen und Gemeinden auf Privatland ganz oder teilweise innerhalb der Staatsparkgrenze können sich nur siebzehn einer Einwohnerzahl von mehr als zweieinhalbtausend rühmen. Welch ein Kontrast zu New York, das ganze vierhundert Kilometer entfernt liegt und auf dessen Stadtgebiet acht Millionen Menschen wohnen. Dort hat ein Büroangestellter in einem Zehn-Minuten-Umkreis 220000 Mitmenschen um sich, habe ich mir sagen lassen. Von meinem Blockhütten-Büro wohnt der nächste ganzjährig Ansässige acht Kilometer entfernt!
    Die Forschungsreisenden, Händler und Siedler von früher haben diesen Gebirgsstock umgangen und die leichteren Flußrouten genommen, die die Adirondacks umschlingen und teilweise in sie eindringen. Weil die Berge zu hoch und die Sümpfe zu undurchdringlich waren, folgten sie dem Sankt-Lorenz-Strom, dem Hudson, dem Mohawk und dem Black River. Dort im Hinterland unseres Bundesstaates wuchsen die Großstädte Albany, Utica, Watertown, Massena, Plattsburg und Amsterdam. Auch in den Adirondacks entwickelten sich Ortschaften an Flußufern und Seen, aber eher als Satelliten, abhängig von den Städten draußen im Unterland in bezug auf Material- und Nahrungslieferungen, medizinische und postalische Versorgung. Die Ortsansässigen verdienen sich den Lebensunterhalt als Holzfäller, Wartungstechniker für Telefon- und Elektroleitungen, Klempner, Schreiner, kleine Ladenbesitzer, Hotelangestellte, Straßenarbeiter und Mechaniker. Ihre Gesellschaft ist seit je dienstleistungsorientiert gewesen: Arbeit für Holzfirmen, Eisenbahnen, Staatsland und Touristen. Dies hat einen Menschenschlag hervorgebracht, der unabhängig ist, dickköpfig, zugeknöpft und mißtrauisch gegenüber Außenseitern, aber herzlich und hilfsbereit zu Freunden. »Locals« oder »Natives« heißen die Einheimischen.
    Im Herbst werden meine Einkaufstrips nach Lake Serene dreimal so lang. Niemand ist mehr im Druck, Touristen bedienen zu müssen.
    »Na, wie war’s denn bei euch draußen?« erkundigt sich weltmännisch der Besitzer des Eisenwarenladens, als hätte ich den Sommer über auf einem anderen Kontinent gelebt.
    »Glauben Sie, daß es einen harten Winter gibt?« sinniert düster der Apotheker, als ich Verbandszeug und Salben kaufe (unabdingbar für jemanden, der sein Holz selbst schlägt).
    »Wie wär’s denn diesen Winter mit einem neuen Schneemobil?« möchte der junge langhaarige Tankwart wissen, als ich an der Zapfsäule halte.
    Das sind die unveränderlichen Gesprächsthemen. Und der Klatsch, der einem zugetragen wird, wenn man sich zum Kaffee ins Imbißlokal setzt: »Hast du schon gehört, was letzte Woche mit Bill passiert ist?«
    So werden Sommernachrichten ausgetauscht und Bande der Freundschaft und Feindschaft neu gefestigt. In Lake Serene (es hat ungefähr tausend Einwohner) macht jedermann einen freundlichen, entspannten Eindruck — bis zum Beginn der Jagdzeit. Dann setzt die Spannung einer neuen Touristenwelle ein.
    Am 25. Oktober wird in den Adirondacks, im Nordteil des Staates New York, traditionell die Großwildjagd eröffnet. Das »groß« darf man hier auch auf die Jägermassen beziehen, die kommen. 150000 Jäger drängen jährlich in unsere Berge und geben hier schätzungsweise acht Millionen Dollar für Nahrung, Ausrüstung, Unterkunft und Dienstleistungen aus. Diese Invasion sorgt für neue Geschäftigkeit unter den örtlichen Ladeninhabern und Hotelleuten. Beamte der staatlichen Umweltschutzbehörde patrouillieren auf den Straßen und Pfaden und achten auf Wilderer und Schonzeitsünder. Die Ansässigen ölen entweder ihre Gewehre oder verbarrikadieren ihren Besitz.
    Für mich wird es Zeit, daß ich die Grenzen meiner neun Hektar Land mit Markierungstafeln abstecke, um übereifrige Sportsmänner abzuschrecken. Abschreckung deshalb, weil es mein privates Tierschutzgebiet ist und weil kein Jäger oder Fischer hier das Wild stören soll. In einer Welt, in der Abermillionen Menschen in Städten und Vorstädten wohnen, ohne Besitz, in einer kleinen gemieteten Wabe bis ans Lebensende, halte ich ein eigenes Stück Land für ein kostbares Geschenk. Städter müssen ihr Revier durch soziales oder auch unsoziales Verhalten und Geldausgeben abstecken; ich kann meins ganz körperlich und sichtbar durch Schilder abstecken, auf denen BETRETEN VERBOTEN steht, wie ein Wolf sein Heimatrevier durch Urinspritzer auf bestimmte Büsche und Steine markiert. In rotweißem Holzfällerhemd, die

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