Allein in der Wildnis
einem Schneemobil gefahren war, lud ich sie zu einer Tour über den gut befestigten Waldweg ein. Wir zogen uns dick an, denn es war sehr kalt. Beverly setzte sich hinter mich und faßte mich um die Taille, ich fuhr die Rupp. Nachdem sich Beverly an die Bewegungen und an die Straße gewöhnt hatte, fing ich an, Unsinn zu machen. Wir schossen die rechte Schneeböschung hoch, kurvten wieder herunter, über die Straße und die linke Böschung hoch, die Zentripetalkraft und den Schwung beim Abwärtsfahren ausnutzend. Plötzlich, in einer Kurve, sah ich einen schwerbeladenen Holzlaster auf uns zukommen. Wir waren gerade auf der linken Straßenseite; ich gab Vollgas und lenkte mit allen Kräften nach rechts; der Lastwagenfahrer, ebenfalls in seiner Fahrtrichtung weit links, kurbelte verzweifelt am Lenkrad, um seine Fuhre nach rechts zu ziehen und uns nicht aufzuspießen. Greifbar nahe flog sein weißes erschrockenes Gesicht mit aufgerissenen Augen an uns vorbei. Glück gehabt — aber es fehlten wirklich nur Zentimeter.
Nach überstandenem Schock und beim Gedanken daran, welches Gesicht der Fahrer gemacht hatte, als ihm zwei panda-ähnliche weibliche Wesen auf einem Schneemobil entgegenrasten, packte uns ein Lachkrampf. Mitten auf der Straße fielen wir von der Maschine. Ich wälzte mich vor Lachen im Schnee, als dicht neben meinem Kopf ein Auto hielt, das Auto des örtlichen Beamten der Umweltbehörde.
»Was um Himmels willen geht hier vor?« fragte er fassungslos.
Ich beeilte mich, dem Wildhüter zu erklären, daß wir keineswegs betrunken waren, sondern nur erleichtert nach dem Schrecken einer Beinahe-Kollision. Beklommen schüttelte er den Kopf und empfahl uns, doch künftig im Wald spazierenzufahren, wo wir höchstens mal einen Baumstamm rammen konnten.
Die Wildhüter fahren im Winter nicht nur mit dem Auto, sondern auch mit dem Schneemobil Patrouille. Im Gegensatz zur Situation in anderen Gegenden Amerikas wird bei uns das Wild und das Waldwachstum nur sehr selten von Schneemobilen gestört. Zu tief ist der Schnee, zu dicht der Wald, als daß man viel abseits der Pisten fahren könnte; in den meisten Fällen ist es einfach nicht möglich, Hirsche, Kojoten, Luchse und Füchse über offenes Gelände oder durch Buschland zu jagen. Und zum anderen frequentiert dieses Wild nicht die vereisten Seen, auf denen ein Großteil der Maschinen läuft. Da die Schneemobilpisten meistens gut ausgeschildert und gut unterhalten sind, werden sie von den auswärtigen Besuchern bevorzugt und sind stark befahren. Es gibt daher wenig Querwaldein-Fahrerei. Nur sehr selten belästigt oder hetzt jemand Hirschwild in seinem Bereich.
Allerdings hat die Medaille auch eine Kehrseite. Ich bin im Winter in Hirschrevieren gewesen und sah bedrückt das bittere Los der Tiere. Meist drängen sie sich in kleinen Balsamtannengehölzen zusammen, wo sie von eisigen Winden abgeschirmt und auch etwas vor Schnee geschützt sind. Aber Nahrung gibt es hier fast überhaupt nicht. Wenn die erwachsenen Tiere das bißchen Grün an den Laub- und Nadelbäumen abgeäst haben, ist nichts mehr übrig. Und ins Freie trauen sich die Hirsche bei tiefem Schnee nicht mehr. Schneemobilpisten in der Nähe können ihnen zuweilen trittfeste Pfade bieten, wo sie mit ihren scharfen Hufen weiterkommen und eventuell neue Futterquellen erreichen. Eine solche Unterbrechung des Dauerfastens kann der winterlichen Hungerdezimierung des Hirschwilds entgegenwirken.
Was den Lärm betrifft, scheint er kaum schädigende Auswirkungen zu haben. Wenn sich Hirsche wenige hundert Meter neben dichtbefahrenen Autobahnen wohlfühlen, wird sie hier oben auch der Lärm der Schneemobile kaum stören.
Einschneidenden Effekt haben die Schneemobile für die Pelztiere. Von alters mußten die Trapper ihre Ausrüstung in Packkörben heranschleppen und die Entfernungen zu den Fallen so halten, daß sie sie auf Schneeschuhen bewältigen konnten. Heute fahren die Trapper mit dem Schneemobil in der gleichen Zeit drei- bis viermal so weit. Wer hart zu arbeiten bereit ist, kann also viel größere Beute machen. Kojoten, Füchse, Wiesel und Luchse sind derzeit völlig ungeschützt. Sie können in den meisten Adirondack-Counties zu allen Zeiten in beliebiger Zahl gefangen werden. Für die Waschbären, Nerze und Bisamratten gilt dies innerhalb ihrer Jagdzeiten. Für Zobel, Otter und Biber gibt es nur im Winter eine kurze Jagdzeit, leider jedoch ebenfalls ohne zahlenmäßige Begrenzung.
An einem Wintertag
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