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Allein in der Wildnis

Allein in der Wildnis

Titel: Allein in der Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne LaBastille
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Mushers, die Polar Bears, die Driftbusters, die Boondog Boganeers, die Winter Weasels, die Paul Bunyan Riders und Rump Bumpers.
    Familien planen sonntägliche Schneemobil-Safaris. Gruppen reisen auf glattem Eis von See zu See, halten zum Lunch, machen Feuer, kochen Hot Dogs, machen ein Fäßchen auf, singen Lieder.
    Eine Bekannte in Lake Serene, Mutter von fünf Kindern, vertraute mir an: »Ich weiß noch, vor sechs, acht Jahren sah ich, wenn ich aus dem Küchenfenster schaute, nur Schneeflocken. Dan hatte den ganzen Tag den Wagen. Ich saß im Haus fest. Wochenlang Minustemperaturen. Jetzt kann ich mit dem Schneemobil zu Freunden zum Kaffee fahren, kann einkaufen, mit den Kindern spielen und an Wochenenden mit meinem Mann Ausflüge machen, Kneipenbummel, Besuche.«
    Auf dem Black Bear Lake vor meiner Hütte sind die ersten Schneemobile vor acht Jahren aufgetaucht. An einem düsteren Januarabend kam das erste Pärchen von ihnen über das Eis gefahren, gemessen und majestätisch. Am See-Ende schlugen sie einen weiten Bogen und brummten ebenso majestätisch wieder zurück. Sie hatten Geschichte gemacht und wußten es nicht. Jahrhunderte- und äonenlang war man zu Fuß über das Eis gegangen, und nun hatte man einen fahrbaren Untersatz, der auf Schnee und Eis bis zu hundertsechzig Stundenkilometer laufen konnte. Die roten Rücklichter glühten wie kleine Ufos. Ich hatte das Gefühl, als seien zwei Raumschiffe gerade auf dem See gelandet.
    Exotischer Besuch — Besuch, der mich nachdenklich stimmte. Ich überschlug, wieviel Zeit ich mit dem Marsch über den See verbrachte, um die Post zu holen: jedesmal mindestens anderthalb bis zwei Stunden. Ich dachte an die schweren Ladungen, die getragen oder mit dem Schlitten geschleppt werden mußten: Lebensmittel, Fünfzig-Pfund-Säcke Hundefutter, Kerosin, Bücher. Ich dachte an die Versorgungsgüter, die vor dem Zufrieren mit dem Boot herübergebracht werden oder bis zum Frühjahr warten mußten: Benzin, Kisten mit Konserven, Propangasflaschen. Ich entsann mich der Horror-Weihnachten, als meine Füße gefühllos wurden und ein falscher Tritt den Tod hätte bedeuten können. Mir schien, daß ein Schneemobil dem Winter — und mehr noch der Einsamkeit — vieles von ihrer Härte nehmen konnte.
    Das hat sich bewahrheitet. Meine kleine »Rupp Sprint« (mit 15-PS-Motor) nimmt mir manche Winterstrapaze ab. Fast genauso leicht wie mit meinem Außenbordmotor-Boot und mit kaum mehr Geräuschentwicklung komme ich über den See — nur daß es eben ganz gewaltig kälter ist. In meinen Gedanken verknüpfe ich Kanu und Schneeschuhe, Außenborder und Schneemobil zu zwei verschiedenen, beide für mein Leben notwendigen Fortbewegungsweisen. Ich toleriere Schneemobile in den Adirondacks, weil sie hier weniger Schaden anzurichten scheinen als anderswo.
    Eines Abends war ich mit Bekannten aus Lake Serene verabredet und fuhr kilometerweit über den See zu einer Hütte, die sich unter alte Schuppenzedern schmiegte. Innen glühte ein Bratrost mit Wildbretsteaks und Kartoffeln. Auf dem Eis brannte mit übermannshohen Flammen ein röhrendes Feuer. Ein Picknicktisch stand in der Nähe, beladen mit Feuerwasser, Bierkästen, Tellern, Besteck, heißem Kaffee, Bechern. Schneemobile umgaben die Hütte und das Lagerfeuer wie geduldige Pferde, die man um eine Wagenburg herum angebunden hat. Vor uns streckte sich straffgespannt der See zu kohlschwarzen Hügeln. Dämmeriges Leuchten hing über den Bergen — ein aprikosenfarbenes Band, übergehend in Blaßgrün, Lavendel, schließlich Königspurpur, die letzte Stufe vor der schwarzen Nacht. Ein paar Sterne glommen schon. An der Art ihres Funkelns konnte ich ablesen, daß uns eine Nacht mit starken Minustemperaturen bevorstand. Jedermann aß und trank nach Herzenslust. Wir sammelten uns ums Feuer, führten gute Gespräche und wärmten uns, von vorn, von der Seite, von hinten. Grotesk streckten sich unsere Schatten in die Nacht, wie die Silhouetten von Raumfahrern — verhüllte Gestalten in massiger Montur, mit Helmen, klobigen Stiefeln und Handschuhen. Nach Einbruch der Dunkelheit nahmen einige Männer ihre Maschinen und fuhren Kreise, Wettrennen, Kapriolen auf dem See. Heiseres Motorengeröhre, hallend und widerhallend; Scheinwerfer und Rücklichter glitten durcheinander und tanzten wie ein Schneemobil-Ballett. Es war ein wunderschöner, geselliger Abend, der bis Mitternacht dauerte. Das schmutzige Geschirr, die leeren Flaschen, das heruntergebrannte Feuer, die

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