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Allein in der Wildnis

Allein in der Wildnis

Titel: Allein in der Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne LaBastille
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Wasser ins Gesicht und unter die Achseln, um den Schweiß fortzuspülen. Erfrischt ziehe ich mich an, und wir tauchen zurück in den Wald. Die Möwe läßt sich nicht hinters Licht führen. Sie bleibt über uns und beobachtet, wohin wir gehen. Ihre weißleuchtenden Flügel schneiden durch blauen Himmel und gelbe Sonne. Wie schön, in unseren landumschlossenen Bergen ein Pärchen Seevögel zu haben.
    Am Seeausfluß springt ein »maskierter Bandit« aus einem Erlengebüsch. Es ist ein naseweises kleines Gelbkehlchen, das uns mit »Witschiti-witschiti-witsch« anspricht. Auch dieser Vogel erhebt Anspruch auf sein Revier und verteidigt ein Nest und ein scheues Weibchen.
    Ehe wir den Kreis weitergehen, der uns zum Black Bear Lake zurückführt, nehmen Pitzi und ich unseren Imbiß auf einem Südhang unter einer kahlen Buche. Auf dem sonnenbeschienenen Waldboden schaue ich mich um. Ein Büschel Waldlilien schwankt leicht in der Brise. Diese Dreiblattpflanze wächst in zwei Farben: in jungfräulichem Weiß mit zartroten Schnörkeln und in leidenschaftlichem Burgunderrot. Nahebei wiegt sich eine einzelne rote Mokassinblume auf ihrem fragilen Stengel. Ich stehe auf, schlurfe ein bißchen herum und suche ihren nahen Verwandten, den prunkenden Frauenschuh. Staunen muß ich doch, wie schnell diese Blumen, geweckt durch einen Sonnenkuß, aus der graubraunen, winterplatten Erde gewachsen sind. Auch die Farne erwachen an diesem Sonnenhang. Ich sehe, wie krummer, zartgrüner Fiddlehead-Farn emporkommt, und merke mir vor, in ein paar Tagen, wenn sie größer geworden sind, einige davon zu pflücken. An dem Abend werde ich mich dann an »Adirondack-Spargel« laben.
    Pitzi und ich wandern weiter und brechen durch das Fußangelgestrüpp des Schlingstrauchs. Zu dieser Jahreszeit zumindest kann ich es der hinterhältigen Pflanze verzeihen, daß ihre elastischen, niedrigliegenden Zweige mich schon Hunderte Male zum Stolpern gebracht haben. Jetzt ziert sie den Waldboden mit breiten, flachen Inseln winzigweißer Blüten, die so unschuldig anmuten wie Altarblumen in einer Kirche.
    Nachmittags treten wir am Ufer des Black Bear Lake aus dem Wald heraus, anderthalb Kilometer von der Hütte entfernt. Die wachsame Möwe, die uns bis hierher verfolgt hat, schwenkt nach Westen ab und läßt uns endlich in Ruhe. Auf dem Heimweg kommen Pitzi und ich an einigen verlassenen Sommerhäusern vorbei und werfen einen Blick auf die Dächer und Fundamentpfosten. Nicht mehr lange, und die ersten Sommerleute werden um den Memorial Day herum, das heißt Ende Mai hier ein treffen und »das Lager aufmachen«. Immer warten dann Überraschungen, die der Winter hinterlassen hat.
    Hat der Winterwind Bäume aufs Haus gestürzt, Lücken in den Wald geschlagen? Ist Wasser durchs Dach gekommen? Hat sich das Fundament verschoben, der Fußboden gehoben? Hat der schwere Schnee Dachsparren verbogen? Funktioniert die Wasserleitung, oder sind durch den Frost die Rohre geplatzt? Ist der Bootsanleger bei der Eisschmelze weggeschwemmt worden? Ist der Schornstein verstopft? Ist etwas gestohlen?
    Seltsames geschieht. Eine Familie fand eine einzelne Glühbirne brennen, die wohl im Oktober, als man »das Lager schloß«, nicht abgeschaltet worden war. Ein anderer Hausbesitzer klagte, sein tragbarer Generator (und sonst nichts) sei aus seinem Keller verschwunden. Aber kein Fenster war eingeschlagen, keine Tür aufgebrochen. Das Makaberste erlebte ein Sommerhausbesitzer an einem kleinen Privatsee bei Hawk Hill. Er machte den Kamin an, um das Haus durchzuwärmen, doch das Feuer zog nicht und qualmte stark. Der Mann spähte in den Schornstein; er schien zugestopft. Von draußen sah es so aus, als stecke ein Sack oder etwas Ähnliches oben drin. »Fast wie Sankt Nikolaus, der durch den Schornstein kommt«, sagte der Mann später.
    Der Sack entpuppte sich als die Leiche eines alten Holzfällers. Offenbar war er von einer Trinkerei in der Stadt zurückgekommen und wollte im Norden wieder Arbeit suchen. Vielleicht wollte er vor der Ausnüchterung noch eine allerletzte Flasche finden; vielleicht fror er auch und wollte durch den Schornstein ins Haus einsteigen. Jedenfalls verhakte sich sein Fuß in der Drosselklappe, und er starb an Ort und Stelle, halb aus dem Schornstein heraushängend. Sein Körper war durch die Winterkälte recht gut konserviert. Als die Eigentümer im Mai kamen, sah er immer noch fast wie der Nikolaus aus, der durch den Schornstein kommt.
    Auf dem Heimweg sehe und höre ich

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