Allein in der Wildnis
Mittag reiche Beute. Auf frischen grünen Farnblättern, mit denen Robs Fischkorb ausgelegt ist, glänzen die rotgesprenkelten Fische. Aus einem abgewetzten Packkorb holt mein Begleiter zwei plattgedrückte Erdnußbutter-Sandwiches. Wir halten Lunch und spülen mit eiskaltem Quellwasser nach. Noch viel köstlicher wird das Abendessen sein: gegrillter Saibling mit Robs Spezialkartoffeln.
Der einzige andere Fisch, den ich in diesen Bergen gern angle, ist der Katzenwels. Ihn zu fangen kostet wenig Mühe, und man braucht nicht weit zu laufen. Alle anderen Fische — Seeforelle, Großer Schwarzbarsch, Hecht, Stint — sind zeit- und arbeitsaufwendiger. Der Katzenwels dagegen fängt sich praktisch selbst. Immer wenn mir der Gedanke kommt, suche ich unter alten Kisten und Büchsen am Müllhaufen ein paar Würmer, besetze einige Haken mit Ködern und werfe die Leinen aus, wobei ich darauf achte, daß die Ruten gut an meinem Anleger befestigt sind. Dann gehe ich zum Schreibtisch oder zum Sonnendeck zurück. Binnen einer Stunde ist bestimmt ein Wels an der Angel. Wenn ein halbes Dutzend zusammengekommen ist, häute ich sie ab, wälze sie in Eierteig, brate sie in Butter und serviere sie mit kleinen Pfannkuchen und reinem Adirondack-Sirup.
Der Sommer ist die Zeit für Reparaturen, die Behebung von Winterschäden und Verwirklichung neuer Projekte. Jedes Jahr habe ich aufs neue unter den Folgen des Fehlers zu leiden, daß ich die Hütte aus ungeschälten Baumstämmen gebaut habe. Ich habe nämlich Borkenkäfer als Mitbewohner. In der Paarungszeit im Juni und Anfang Juli kommen sie invasionsartig unter der Rinde hervor und schwirren im Hochzeitsflug durch die Hütte. Die blauschwarz glänzenden, fast vier Zentimeter langen Männchen und die kleineren, matter gefärbten Weibchen kopulieren auf meiner Schreibmaschine, in der Spüle, neben dem Spiegel, auf meinem Kopfkissen. An heißen, schwülen Abenden, wenn sie am aktivsten zu sein scheinen, patrouilliere ich mit einem Killer-Gefäß durch die Hütte, streife Paare hinein und versuche, vor dem Zubettgehen die Wände käferfrei zu bekommen. Ich habe einen Horror davor, nachts mit einem krabbelnden Käfer auf dem Gesicht aufzuwachen. Handelsübliche Insektengifte will ich nicht auf die Wände sprühen, und es ist unmöglich, das Viehzeug unter der Borke hervorzupullen. Eines Tages wird mir nichts anderes übrigbleiben, als die Wandblöcke zu entrinden, das Sägemehl wegzufegen und das Holz zu firnissen.
Aber es gibt im Sommer noch andere wichtige Dinge zu tun, nämlich Besuche zu empfangen, kampieren zu gehen, zu segeln, zu tauchen und die Wasserverschmutzung zu bekämpfen. Gezwungenermaßen verstärken sich die Berührungen mit der Außenwelt, und das Problem der Wasserverschmutzung zwingt — wie die Borkenkäfer — zu einem fortwährenden Kampf. Am Black Bear Lake tun sich jeden Sommer ein paar von uns zusammen, um die Reinheit unseres Wassers zu schützen. Reihum statten wir den Hausbesitzern höfliche Besuche ab, bewaffnet mit Paketen voll Pylam-Farbstoff und viel Logik.
»Möchten Sie auch weiterhin gutes, sauberes, ungechlortes Seewasser trinken können?« fragen wir. Meist ist die Antwort ja.
»Möchten Sie, daß Ihre Kinder und Ihre Gäste in einem unverschmutzten See schwimmen können?« Immer ist die Antwort ja.
Wenn wir festgestellt haben, daß die Seeanrainer sauberes Wasser wollen, fragen wir taktvoll, wohin denn die Abwässer gehen; wo denn der Faultank ist; wann er zum letztenmal geprüft worden ist und, bitte-schön, ob wir ein Päckchen Farbe durch die Toilette spülen dürfen.
Meist dürfen wir, und dann stehen wir alle gespannt am Seeufer und warten, ob irgendwo verräterisch gelbgrüne Farbe heraufquillt und ein unvermutetes Leck im Abwassersystem anzeigt. Zeigt sich binnen einer halben Stunde keine Farbe, sind Faultank und Sickergrube wahrscheinlich hinreichend dicht. Immer wieder, Gott sei’s geklagt, finden wir Küchenspülen, die sich hinter dem Haus direkt auf die Erde entleeren; Abwasserrohre, die sich im Winter verzogen haben und aufgerissen sind, so daß die Brühe heraussickert, und Faultanks, die sechzig Jahre alt und zugestöpselt sind.
Versteifen sich die Eigentümer auf Ausreden oder sagen, sie könnten sich die Reparatur nicht leisten, bitten wir den städtischen Umweltschutzbeauftragen, ihnen einen Besuch abzustatten. Zum Glück hat der Staat New York strenge Gesetze über öffentliche Gesundheitspflege und Hygiene, die es dem
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