Allein in der Wildnis
klassischer Fall von »Kaputterschließung« an, denn Zweitheimbesitzer verlangen mehr und besser unterhaltene Straßen, mehr Polizei und Feuerwehr und ärztliche Betreuung, sogar neue kommunale Verwaltungsgebäude. Dabei sind diese Leute aber nur in den Sommermonaten hier, und wenn es hoch kommt, ein, zwei Wochenenden im Winter. Die allermeiste Zeit im Jahr stehen die Häuser und Lagergelände leer. Die kommunalen Verwaltungskosten steigen, und im Winter herrscht immer noch hohe Arbeitslosigkeit.
Zur Lösung der zweiten Krise wurde die Parkverwaltung geschaffen. Sie stellte einen Generalschutzplan für das Staatsland und dann einen Landnutzungs- und Erschließungsplan für das Privatland auf, mit strengen Obergrenzen für die Besiedlungsdichte. Durch den damaligen Gouverneur Nelson A. Rockefeller erlangten beide Pläne Gesetzeskraft. Ihr Hauptsinn ist es, den Schutz des parkähnlichen Charakters der Adirondacks und die wirtschaftlichen Interessen der Einheimischen unter einen Hut zu bringen.
Dadurch wurde meines Erachtens die dritte Krise heraufbeschworen, nämlich die Reaktion der Öffentlichkeit auf die »zweite Rettung der Adirondacks«. Die Einheimischen sind größtenteils gegen, die Außenstehenden für die neuen Reglementierungen. Wahrlich eine »Interessenkollision in der Wildnis«.
Eine Kellnerin, die mir morgens den Kaffee in die Tasse goß, klagte: »Ein paar reiche Pensionäre von außerhalb werden von dieser Verwaltungsstelle die ganzen Vorteile haben. Der Park wird als ihr Naturkundemuseum und Tummelplatz enden.« Ihre Worte (siebzig Jahre nach der ersten Krise gesprochen) hatten einen vertrauten Klang.
Nach Schaffung der Parkverwaltung sprach ich mit Henry L. Diamond, dem seinerzeitigen Kommissar der Umweltschutzbehörde des Staates New York, der mir erklärte: »Zum Wohle der Allgemeinheit müssen wir der Landnutzung Beschränkungen auferlegen. Für Luft und Wasser gibt es ja auch schon Reglementierungen, warum nicht für Land?«
Auch mit dem heutigen Kommissar Ogden Reid habe ich über die Zukunft der Adirondack-Parkverwaltung gesprochen. Der höfliche Ex-Fallschirmspringer sagte mir entschlossen: »Die Verwaltung genießt meine volle Unterstützung. Ich will sie bewahrt, gestärkt und unabhängig erhalten sehen. Zusammen mit der Umweltschutzbehörde stellt sie die stärkste Schutzinstanz der Adirondacks gegen die geballten schädlichen Einflüsse unserer hochindustrialisierten und hochkomplexen Zivilisation dar. Ich glaube auch, daß sowohl die Parkverwaltung als auch die Umweltschutzbehörde für mehr Öffentlichkeit bei ihren Tagungen sorgen und die öffentliche Meinung bei wichtigen Entscheidungen stärker berücksichtigen müssen. Im Falle des Wohnungsbauprojekts am Loon Lake hat das Umweltschutzamt beispielsweise die Entscheidung der Parkverwaltung unterstützt. Außerdem hat es auf einer strengeren Grundwasserüberwachung bestanden. Am Loon Lake wurden nur fünfhundert der ursprünglich geplanten tausend Wohneinheiten zugelassen, und der geplante Flugplatz wurde aus Gründen des Lärmschutzes und wegen der Nähe von Feuchtgebieten ganz verboten.«
Dies war die Kollision. Viele Leute lehnten sich zurück, schauten zu und warteten ab, was passieren würde. Wieder fiel mir ein Zitat aus einem Schulaufsatz in der Zeitschrift Adirondack Life ein (hatte ich es wirklich erst gestern gelesen?). »Wie die Adirondacks ihre natürliche Schönheit und Zivilisation bewahren können, sollte sich dort jeder mal in seinem Hinterkopf überlegen.«
Mein »Hinterkopf« war nun lange genug in Betrieb gewesen. Dunkel und kalt war es in der Hütte. Ich stand müde auf. Leises Winseln kam von der hinteren Veranda, wo Pitzi saß und geduldig darauf wartete, hereinzukommen, sein warmes Essen zu kriegen und sich am Feuer zusammenzurollen.
Ich streckte mich noch einmal, und Worte aus William Chapman Whites Buch Adirondack Country gingen mir durch den Sinn.
Wenn ein Mensch durch den Wald zum See wandert, weiß er, daß er Kiefern und Lilien, Reiher und Sonnenstrahlen, Schatten auf den Steinen und Lichtgeglitzer auf den Wellen finden wird, ebenso wie sie im Sommer des Jahres 1354 da waren und wie sie im Jahre 2054 und in noch fernerer Zukunft dasein werden. Er kann sich auf einen Felsen am Ufer stellen und Teil einer Vergangenheit sein, die er nie kennenlernen, und einer Zukunft, die er nie sehen wird. Er kann sich in Zeit einbinden, die war, und in Zeit, die sein wird.
Dies war einer der Gründe, warum ich
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