Allein in der Wildnis
Feuer.
»Hallo, Feuer …«
Die innere Höhlenwand war gewölbt und bildete einen natürlichen Kamin, der den Rauch durch das Weidengeflecht der äußeren Schutzwand abziehen ließ und die Wärme zurückbehielt. Wenn Brian das Feuer nicht ausgehen ließ, war er sicher vor nächtlichen Besuchern – wie dem Stachelschwein.
Das Feuer, ein Freund und Beschützer, dachte er. Und dies alles aus einem winzigen Funken.
Er schaute sich um und wünschte, da wäre jemand, dem er stolz sein Feuer zeigen konnte, dem er von seiner Freude erzählen konnte. Aber da war niemand. Er war allein. Da waren nur der See und der Wald, die Sonne und der Wind. Sonst niemand.
Niemand.
Seine Gedanken folgten dem Rauch, der über die Kante des Felsvorsprungs davonschwebte. Sein Gesicht zeigte noch immer ein stummes Lächeln. Wie mag es allen zu Hause ergehen?, dachte er.
Was mochte sein Vater tun? Was mochte seine Mutter tun? Ob sie noch Hoffnung hatten?
10
Er durfte das Feuer nicht allein lassen.
Es war ihm so kostbar, so lieb und wertvoll, dass er es fast nicht aus den Augen lassen konnte. Fröhlich züngelnde Flammen beleuchteten die Höhlenwand rötlich. Knisternd verschlang es das dürre Holz, das Brian geduldig nachlegte.
Und er lief hinaus in den Wald, sammelte Brennholz und schleppte trockene Äste herbei, so viel er nur schleppen konnte. Als er einen großen Haufen aufgestapelt hatte, kniete er wieder vor seiner Feuerstelle, brach das Holz in kleine Stücke, die er behutsam in die Flammen warf.
»Ich werde dich nicht ausgehen lassen, mein Freund«, sagte er leise. »Niemals.«
Den ganzen Nachmittag blieb er beim Feuer sitzen, nährte die Glut, naschte zwischendurch von seinem Vorrat an Himbeeren und trank aus dem See, wenn er durstig war.
Erst gegen Abend – sein Gesicht rußverschmiert und von der Hitze gerötet – überlegte er endlich, was er als Nächstes tun sollte.
Er brauchte einen großen Vorrat an Brennholz, der bis zum nächsten Morgen reichte. In der Dunkelheit konnte er nicht in den Wald gehen. Bevor die Sonne unterging, musste er noch genug Holz sammeln, es zerkleinern und aufstapeln.
Brian legte ein paar dickere Äste aufs Feuer und lief hinaus, um richtiges Brennholz zu suchen. Am Hügel über dem Lagerplatz hatte der Sturm drei mächtige Fichten entwurzelt. Derselbe Sturm wahrscheinlich, der die Schneise gebrochen hatte, durch die er beim Absturz des Flugzeugs gerettet worden war. Wie lange war das her? Drei Tage – oder vier? Die Bäume lagen verwittert am Boden, voll trockener Äste: genügend Brennholz für viele Tage.
Mit dem Beil schlug Brian die Äste ab und zerkleinerte sie; er schleppte das Holz in sein Lager und schichtete es vor der überhängenden Felswand auf, bis er einen gewaltigen Stapel beisammenhatte. Er vergaß auch nicht, immer wieder kleinere Äste ins Feuer zu werfen, damit es nicht ausging. Dabei entdeckte er einen zusätzlichen Vorteil der Feuerstelle. Denn im Wald, wo er Holz sammelte, plagten ihn Mücken in dichten Schwärmen. Doch am Lagerplatz, wo der Rauch des Feuers in bläulichen Schwaden über dem Dach aufstieg, waren die lästigen Moskitos verschwunden.
Welch eine Entdeckung! Die Insekten hatten ihn beinahe verrückt gemacht – und jetzt hatte er eine Möglichkeit gefunden, sie zu vertreiben. Und noch etwas wurde ihm klar, als er vom Waldrand zum Lagerplatz blickte, wo eine zarte Rauchsäule zum Himmel aufstieg: Er konnte ein Rauchsignal geben. Er konnte oben auf der Klippe ein qualmendes Feuer entzünden und seinen Rettern vielleicht ein Zeichen geben. Auch dazu brauchte er Holz. Noch mehr Holz. Er brauchte Unmengen Feuerholz und den Rest des Tages pendelte Brian zwischen dem Lagerplatz und dem Wald hin und her, um genug Äste heranzuschleppen.
Die Nacht brach herein und Brian machte es sich, so gut es ging, vor der Feuerstelle bequem. Er verspeiste die letzten Himbeeren und schaffte genügend Holz zum Nachlegen für die Nacht in die Höhle. Sein Bein war nach aller Arbeit des Tages nicht mehr so steif, aber es schmerzte noch immer. Brian massierte sein Knie, und während er nachdenklich in die Flammen starrte, hatte er zum ersten Mal das Gefühl, dass er sein Schicksal selbst in die Hand genommen hatte. Er konnte mehr tun als nur sitzen und warten!
Er hatte nichts mehr zu essen. Aber morgen war auch noch ein Tag. Morgen würde er Nahrung suchen und Holz sammeln und ein Signalfeuer machen …
Voll Zuversicht dachte Brian an den kommenden Tag und ließ sich vom
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