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Allein in der Wildnis

Allein in der Wildnis

Titel: Allein in der Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Paulsen
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leisen Knistern der Flammen in den Schlaf wiegen.
    Er hatte tief und fest geschlafen und wusste nicht, was ihn geweckt hatte. Unsicher starrte er in die Dunkelheit. Das Feuer war niedergebrannt, aber als Brian mit einem Stock in der toten Asche stocherte, fand er einen Rest von heißer, roter Glut. Er legte Reisig und Späne nach und schaffte es schließlich, vorsichtig pustend, ein prasselndes Feuer anzufachen.
    Das war knapp gewesen!
    Er durfte nicht mehr riskieren, so lange zu schlafen, bis das Feuer ausging. Er musste versuchen in kürzeren Abständen aufzuwachen, um Holz nachzulegen. Schon beim Gedanken daran, seinen Schlaf einzuteilen, wurde Brian ganz schläfrig. Doch als er langsam wieder hinüberdämmerte, hörte er draußen ein Geräusch.
    Es war anders als die Geräusche, die das Stachelschwein gemacht hatte. Es klang, als ob etwas mühsam über den Sand glitt – oder geschleppt wurde. Brian spähte durch die offene Tür, aber es war zu dunkel, um etwas zu erkennen.
    Minutenlang blieb es draußen still. Dann glaubte Brian ein Platschen und leisen Wellenschlag am Ufer zu hören. Diesmal aber hatte er keine Angst. Er hatte ein Feuer und reichlich Holz, darum machte er sich keine Sorgen.
    Er schlief wieder ein, dämmerte ein Weilchen, und als er im ersten Morgengrauen erwachte, warf er neues Holz auf die noch immer rauchende Feuerstelle, bevor er durch die Tür ins Freie schlüpfte. Er streckte sich, um die Müdigkeit aus seinen Muskeln zu vertreiben, und wie er dort stand, die Arme über den Kopf gereckt, sah er die Spuren im Sand.
    Wie sonderbar.
    Vom Ufer zog sich eine breite Schleifspur über den Sand, bis zu einem kleinen Sandhügel. Links und rechts davon waren Fußspuren eingedrückt – Spuren von krallenbewehrten Tatzen. Sie führten vom Wasser herauf und wieder hinunter.
    Brian rätselte, was für ein Tier diese Spur hinterlassen haben mochte. Er hockte sich in den Sand, untersuchte die feuchten Abdrücke – und verstand nicht.
    Anscheinend war der geheimnisvolle Besucher auf dem Bauch gekrochen und hatte sich auf seitlich angeordneten Beinen vorwärtsgeschoben. Was mochte das sein?
    Ein Tier, das aus dem Wasser gestiegen und wieder im Wasser verschwunden war, nachdem es sich bis zu jenem Sandhaufen geschleppt hatte. Ein Tier, das im Wasser lebte und zu irgendeinem Zweck auf den Sand gekommen war. Aber – zu welchem Zweck?
    Hatte es nur im Sand gespielt? Hatte es seine unheimliche Spur gezogen, einen Sandhaufen aufgerichtet, um dann wieder zu verschwinden?
    Brian grinste. Wie in einem Spiegel sah er sich, wie er wirklich war: ein Junge aus der Großstadt, der irgendwo in der Wildnis an einem See hockte und Spuren im Sand zu lesen versuchte. Und nicht verstand. Welches Tier würde aus dem Wasser steigen, nur um im Sand zu spielen? Tiere taten so etwas nicht. Nicht zum Zeitvertreib.
    Aus irgendeinem Grund musste das Tier aus dem Wasser gekommen sein. Und Brian musste versuchen diesen Grund zu verstehen. Er musste sich ganz auf die Gesetze der Wildnis einstellen und sie verstehen, sonst würde er nicht überleben.
    Das Tier war also zu einem bestimmten Zweck an Land gekommen, dachte er. Und dieser Zweck hatte etwas mit dem Sandhaufen dort zu tun. So viel war klar.
    Brian wischte die oberste Schicht mit der Hand beiseite – aber er fand nur feuchten Sand. Trotzdem, hier musste die Lösung des Rätsels liegen. Also grub er tiefer, bis er – fünf Zoll tief – auf eine kleine Höhlung im kühlen Sand stieß. Und dort lagen Eier, viele Eier, vollkommen runde Eier, etwa so groß wie Pingpongbälle. Er lachte, weil er endlich verstand.
    Es war eine Schildkröte gewesen. Im Fernsehen hatte Brian einen Film über Schildkröten gesehen, die aus dem Meer stiegen und ihre Eier im Sand ablegten. Es musste auch Süßwasserschildkröten geben, die es genauso machten. Vielleicht Schnappschildkröten. Er hatte schon mal etwas von Schnappschildkröten gehört. Es hieß, dass sie ziemlich groß werden konnten. Ja, eine Schnappschildkröte war in der Nacht gekommen, als er von diesem leisen, scharrenden Geräusch erwachte. Sie war gekommen und hatte in diesem Sandhaufen ihre Eier abgelegt.
    Viele Eier – und das bedeutete Nahrung! Brians Magen zog sich zusammen und knurrte, von unbezähmbarer Gier gepackt. Brian hatte den Hunger verdrängt, schon beinahe vergessen. Aber jetzt, beim Anblick dieser Schildkröteneier, überwältigte ihn eine brennende Gier. Sein ganzer Körper schrie jetzt nach Nahrung.
    Atemlos grub

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