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Allein unter 1,3 Milliarden: Eine chinesische Reise von Shanghai bis Kathmandu

Allein unter 1,3 Milliarden: Eine chinesische Reise von Shanghai bis Kathmandu

Titel: Allein unter 1,3 Milliarden: Eine chinesische Reise von Shanghai bis Kathmandu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Y. Schmidt
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mir die Geschichte eines Arbeitskollegen, der sich nach dem Besuch eines solchen Etablissements für ein halbes Jahr im Gefängnis wiederfand. Natürlich war der Salon – wie viele Salons in China – nichts anderes als ein Puff, und der Kollege hatte sich von der Masseuse mehr als nur massieren lassen. Das ist in China zwar verboten, aber durchaus nicht unüblich und in den meisten Fällen folgenlos, wenn nicht gerade die Polizei vorbeikommt. Andererseits sind durchaus nicht alle Massagesalons in China Puffs, und eine gute chinesische Massage ist nach dem Segelwagen, einem von Wind angetriebenen Auto, vielleicht das Zweitbeste, was die Chinesen je erfunden haben.
    Die einzige Möglichkeit herauszufinden, um was für eine Art Salon es sich bei dem in meinem Hotel handelt, ist hineinzugehen. Das Risiko, so rede ich mir gut zu, hält sich in Grenzen. Die Masseurin wird es sicher nicht schaffen, mich zu vergewaltigen, ergo kann ich nicht im Gefängnis landen. Als ich die Massageabteilung im vierten Stock betrete, bin ich mir allerdings nicht mehr so sicher. Ein junger Typ mit einem Brilli im Ohr steht an der Rezeption, und zwei Mädchen räkeln sich in sofagroßen Massagesesseln. Eine ist sehr dünn und lieblich, die andere so kräftig gebaut wie eine angehende Sumoringerin. Doch, die könnte alles mit mir machen, denke ich, unter ihren Händen könnte ich sogar sterben.
    Als Miss Sumo mich sieht, macht sie einen kleinen Kiekser und springt wie elektrisiert aus ihrem Sessel: «Ich will, ich will. Okay?» Ich weiß auch nicht, warum, aber ich höre meinen Mund sagen: «Xing!» Das heißt so viel wie «in Ordnung». Auf dem Weg zum Massage-Separee mustere ich Miss Sumo genauer. Sie hat ein schlichtes, von einer Ponyfrisur eingerahmtes Gesicht und einen Riesenbusen und trägt zur olivfarbenen Camouflage-Hose ein ebensolches T-Shirt, das ihre mächtigen Oberarme voll zur Geltung kommen lässt. Hm. Es sieht ganz so aus, als habe mich die Armee der Liebe doch noch gekriegt.
    Auch die rote Puffbeleuchtung an der Decke des Separees deutet darauf hin. Um meine Nervosität zu überspielen, frage ich Frau Sumo nach ihrem Namen. Mit einem Ruck zieht sie die dunklen Vorhänge vors Fenster und sagt mit süßer Stimme: «Dongmei.» Ich setze mich auf eine der Massageliegen, ziehe erst einmal Schuhe und Strümpfe aus und bin dann etwas unschlüssig, was ich tun soll. In einem seriösen Massagesalon bekäme ich jetzt eine Art weiten Schlafanzug, durch den es sich seriös massieren lässt, doch Dongmei macht keine Anstalten, mir andere Kleidung zu bringen. Also lege ich mich in voller Montur auf die Liege, sicher ist sicher. Dongmei holt mir noch einen Tee und sagt leise in die Stille: «Du bist mein erster Ausländer.» Dann beugt sie sich über mich und legt los.
    Ich merke sofort, dass sie es nicht kann. Sie presst ein bisschen am Kopf und drückt lahm auf Arme und Beine. Das ist zwar nicht sehr angenehm, doch besser zu ertragen als der schmachtende Blick, mit dem sie mich ansieht. Dazwischen drückt sie auch noch mit dem Zeigefinger ganz unvermittelt auf meine Nasenspitze und sagt neckisch: «Ich mag deine große Nase!» Dass große Nasen in ganz Ostasien beliebt sind, hat sich wohl auch schon im Westen rumgesprochen. Wie verrückt viele Chinesen nach Großnäsigen sind, vielleicht noch nicht. Einer auch nicht schlecht ausgestatteten deutschen Freundin von mir machte man einmal das Kompliment: «Dein Gesicht ist so wunderbar dreidimensional.»
    Ganz so nasenverrückt ist Dongmei offenbar nicht, denn nach dem Nasetippen muss ich mich auf den Bauch legen. Nun steigt Dongmei auf meine Oberschenkel und versucht, meinen Rücken zu dehnen, indem sie meine Arme nach hinten zieht. Das gehört tatsächlich zu einer chinesischen Massage. Nicht dazu gehört, dem Massierten die Oberschenkel zu zerquetschen und die Arme halb aus den Gelenken zu wuchten. Anschließend trommelt sie noch ein bisschen auf meinem Rücken rum, dann scheint die Massage beendet. Dongmei macht jedenfalls nichts mehr. Dabei sind erst zehn Minuten vergangen, und wir hatten fünfzig Minuten ausgemacht. «Ist die Massage fertig?», frage ich so harmlos wie möglich. «Massage willst du?», fragt sie verwundert zurück, setzt sich wieder an das Kopfende und beginnt mit der Rumdrückerei von vorn. Dabei seufzt sie ein paar Vokabeln, die ich nicht verstehe, und wahrscheinlich ist das auch besser. Ich überlege die ganze Zeit, wie ich diese Drückerei zu einem guten Ende bringe,

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