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Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Titel: Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tuvia Tenenbom
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religiös?
    »Nein.«
    Und Ihre Eltern?
    »Ja.«
    »Glauben Sie an Gott?«
    »Was meinen Sie damit?«
    Den Gott der Bibel zum Beispiel?
    »Nein. Nicht mehr.«
    Glauben Sie an die Emanzipation der Frauen?
    »Natürlich!«
    Sie sind eine nichtreligiöse Feministin, kann man das so sagen?
    »Ja.«
    Und Sie unterstützen die Muslime hier und ihre Moschee?
    »Ja, ja.«
    Und glauben die Muslime an den Gott, der auch der Gott der Bibel ist?
    »An ebenden.«
    Und ihre Frauen müssen einen Hijab tragen, so ähnlich wie bei den orthodoxen Juden?
    »Worauf wollen Sie damit –«
    Sie sind keine orthodoxe Jüdin, oder?
    »Ich? Nein.«
    Warum unterstützen Sie eine religiöse Einrichtung, die glaubt, Frauen –
    »Muslime glauben an den Frieden.«
    Woher wissen Sie das?
    »Das haben sie mir gesagt.«
    Und Sie glauben ihnen?
    »Frieden ist die Bedeutung des Wortes Islam .«
    Woher wissen Sie das, sprechen Sie Arabisch?
    »Nein, tue ich nicht. Aber das haben sie mir gesagt.«
    Islam ist arabisch für Unterwerfung .
    »Unter wen?«
    Unter Allah.
    »Okay.«
    Haben Sie einmal einen Gottesdienst in der Moschee besucht?
    »Ich war einmal dabei und bin dann wieder gegangen.«
    Beten Frauen und Männer zusammen?
    »Nein.«
    Wer ist im schönen Teil der Moschee und wer im anderen? Wo befinden sich die Männer in der Moschee und wo die Frauen?
    »Die Frauen müssen kochen, oder nicht?«
    Glauben Sie also, daß die Frauen in die Küche gehören, während die Männer sich amüsieren dürfen?
    »Sind Sie ein Therapeut?«
    Sie haben meine Frage nicht beantwortet.
    »Habe ich nicht.«
    Warum nicht?
    »Ich weiß es nicht.«
    Sie unterstützen eine Institution, die an einen Gott glaubt, an den Sie nicht glauben, eine Institution, der zufolge Frauen in die Küche gehören und ihren Leib verhüllen sollen – Praktiken, die Sie ablehnen, während Sie zugleich, wie Sie gerade –
    »Ich möchte an den Frieden glauben, ich möchte glauben, daß –«
    – daß all diese feinen Dinge, um die Sie wissen, keine reale Grundlage haben?
    »Ja, vielleicht.«
    Weil?
    »Fehler zu machen ist nun mal menschlich.«
    Ein System zu unterstützen, das an etwas glaubt, an das Sie nicht glauben?
    Gitti antwortet nicht. Sie starrt mich nur an.
    Ich habe nicht wenige Menschen wie Sie kennengelernt: weiße, intellektuelle Aktivisten, die sich für Freiheit und Frieden einsetzen und aus irgendeinem Grund islamische Institutionen unterstützen, die das genaue Gegenteil von dem predigen, woran sie selbst glauben. Ich versuche zu verstehen, warum das so ist.
    »Ich kann jetzt nicht damit aufhören!«
    Da kreuzt Shukaryeh auf, eine alleinstehende Türkin auf der Suche nach Liebe und Gesellschaft. Was sind ihrer Meinung nach die Gründe für Gittis Engagement für die Moschee?
    »Vielleicht vermittelt es ihr ein gutes Gefühl, weil die Leute sie für das mögen, was sie tut.«
    Also reines Geltungsbedürfnis?
    Gitti, verrät sie mir, arbeitet auch für die Moschee. Sie ist Mitglied des Moschee-Rats. Aber sie ist keine Muslimin. »Ich hätte dieses Ratsmitglied sein sollen …!«
    Später am Abend lerne ich weitere Gäste kennen, unter ihnen Nurcan. Die 30jährige Deutschtürkin ist »modern« gekleidet, mit bloßen Armen und Schultern, und trägt natürlich keinen Hijab. Sie ist Angestellte der Stadt Duisburg, quirlig, voller Leben, witzig und überaus scharfsinnig.
    Sagen Sie mir, Nurcan, tragen in diesem Jahr mehr Frauen aus Ihrer Gemeinschaft einen Hijab als in vergangenen Jahren? Ich meine, gibt es da einen zunehmenden Trend?
    »Es gibt mehr Hijabs, viel mehr.«
    Haben Sie irgendeine Vorstellung, warum?
    »Die erste Generation der Türken in Deutschland war sehr religiös. Die zweite Generation, also meine, ist dies in viel geringerem Maß. Die dritte Generation aber ist sogar noch religiöser als die erste.«
    Warum leben Sie in diesem Land und nicht in der Türkei?
    »Mein Bruder starb bei einem Autounfall in der Türkei, und ich reiste hin. Ich wollte in der Türkei bleiben, um ihn nicht allein zurückzulassen. Aber dann fand ich doch, daß das Leben in Deutschland besser ist.«
    Warum?
    »In Deutschland ist es sicherer.«
    Was meinen Sie damit?
    »In der Türkei wird man nicht mal angesehen, wenn man in eine Bank geht und die Mitarbeiter anspricht. Als ich in der Türkei war und das am eigenen Leib erfuhr, hätte ich sie erschießen können.«
    Eine schlechte Erfahrung mit einer Bank, und Ihr Urteil über die Türkei steht?
    »Es ist allgegenwärtig. Sie scheren sich

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