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Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Titel: Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tuvia Tenenbom
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Sabotage !‹«
    Er steht auf, um das Fenster zu schließen, und hat einen Lachanfall, während er durchs Zimmer geht. Auf dem Rückweg sagt er:
    »Als ich hier anfing, sagte ich: Ich respektiere die Tradition des Hauses, aber mit einer Tradition werde ich brechen. Damals lautete das Motto: ›Wir machen die Zeitung, die uns gefällt.‹ Das würde unseren Ruin bedeuten, sagte ich. Scheiße schmeckt nicht, nur weil Millionen Fliegen sie mögen. Ich glaube, sagte ich, daß wir eine Zeitung in dem Bewußtsein machen müssen, was unsere Leser lesen wollen. Wir können nicht nur das machen, was unsere kleinen Gehirne sich wünschen. In fünf Jahren haben wir 60 Prozent zugelegt.«
    Welches ist das stärkste Ressort und welches das schwächste?
    »Politik und Feuilleton sind die stärksten Teile«, antwortet er und fügt später hinzu: Und die Wirtschaft.
    Aber er vergißt geflissentlich zu erwähnen, welches das schwächste Ressort ist.
    Wie das alte jüdische Sprichwort sagt: Nur ein Tor schüttet all seinen Unmut aus.
    Giovanni di Lorenzo weiß, daß ich eine lange Reise vor mir habe, und er möchte mir behilflich sein. Er vertraut mir an, wie er tief im Innern über Deutschland empfindet:
    »Die Menschen hier glauben, in einem Land zu leben, das nicht besonders gut funktioniert. Aber im Vergleich zu allen Ländern, die ich gesehen, die ich besucht habe, kann ich sagen: Dieses Land hier ist beispielhaft. Dieses Land wurde auf den Ruinen des entsetzlichsten Staates in der Geschichte der Menschheit errichtet. Laßt uns zusammen daran arbeiten, daß dieses sagenhafte Werk, das hier geschaffen wurde, Bestand hat. Mein Großvater war in einem Konzentrationslager, und wenn meine Großmutter darüber sprach, senkte sie ihre Stimme, weil sie befürchtete, die Nachbarn, ehemalige Nazis, könnten sie hören. Gott sei Dank gehört jenes Deutschland der Vergangenheit an, sind seine Bewohner tot. Ich kenne dieses Land. Ich bin mit Deutschland verheiratet. Es gibt wildere Leidenschaften, aber für eine Ehe ist es ideal.«
    Ich verabschiede mich von Halb und Halb, und dann fällt es mir ein: Ich habe ganz vergessen, ihn nach den Türken zu fragen. Ich Dussel. Ich mache mir eine gedankliche Notiz: Die Türken besuchen, bevor deine Reise zu Ende ist.

Kapitel 6   In dem deutsche Technik auf Disney trifft und Geld dabei herauskommt
    Evelyn und Mathias, zwei der liebenswürdigsten Menschen, die ich in Hamburg kenne, erzählen mir, daß sie morgen zur Autostadt fahren. Klingt nicht sehr türkisch für mich, aber der Name gefällt mir. Autostadt . Da bin ich mit von der Partie. Kennen Sie die Autostadt? Sie liegt in Wolfsburg. VW stellt da seine Autos aus.
    Mein erster Halt in der Autostadt ist das Ritz-Carlton-Hotel. Ich steige aus dem Auto, zünde mir eine Zigarette an und werde von drei herbeieilenden Angestellten darauf hingewiesen, daß ich mich in einem Nichtraucherbereich befinde. Zuvorkommend sind sie. Einer von ihnen bringt mir einen Aschenbecher, damit ich meine Zigarette ausmachen und später weiterrauchen kann. Aber hier bitte nicht mehr rauchen, sagt er zu mir.
    Hinein ins Hotel.
    Es gibt mehr als eine Eingangstür, und jede wird von einer anderen lächelnden Hotelmitarbeiterin aufgehalten. Das Personal lächelt hier ausnahmslos. Der Zyniker in mir befürchtet, daß sich mein Portemonnaie für jedes Lächeln, das ich von diesen gutaussehenden jungen Angestellten einheimse, irgendwann erleichtern wird. Aber ich schiebe diesen garstigen Gedanken ganz schnell beiseite. Viel lieber möchte ich glauben, daß diese jungen schönen Menschen mir wirklich zugetan sind und mich nur anstrahlen, weil ich wirklich so ein toller Typ bin. Ich fühle mich pudelwohl. Das Personal des Ritz-Carlton ist, wie soll ich sagen, anders. Alle Hotelangestellten tragen eine kleine Broschüre mit sich herum, die mit »ServiceValues« betitelt ist und die Zwölf Gebote des Ritz-Carlton enthält. Es beginnt mit »1. Ich baue starke Kundenbeziehungen und lebenslange Bindungen der Gäste ans Ritz-Carlton auf« und endet mit »12. Ich bin verantwortlich für unbedingte Sauberkeit sowie für eine sichere und unfallfreie Umgebung.«
    Aber nicht doch. Nicht eine von ihnen lächelt mich nur wegen irgendeiner Broschüre an. Sie lächeln mich an, weil ich einfach jedem Menschen ein Lächeln auf die Lippen zaubere. Man erblickt mich, schaut mich an, mag mich.
    Yeah!
    Ich betrete mein prächtiges Zimmer und werde unmittelbar von einem Großbildfernseher

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