Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)
empfangen, der mich doch glatt verderben will. Hier gibt es erotische Filme für mich, so ich möchte. Auf dem Bildschirm windet sich eine sexy junge Dame und, ja, sie lächelt mich an. Selbst die Fernsehdamen mögen mich! Ein tolles Gefühl! Darüber hinaus schätzt sich das Ritz glücklich, mir das Vergnügen der kostenlose Benutzung eines Bademantels zu ermöglichen, den ich freilich auch für schlappe 128 Euro kaufen könnte. Ein Schnäppchen. Vielleicht kaufe ich ihn ja, aber nicht jetzt. Ich verabschiede mich von meiner Lover Lady auf dem Fernsehbildschirm und verlasse das Hotel.
Die Autostadt, ein deutsches Disney, ist einfach umwerfend. Alles glitzert und glänzt, und auf den Straßen ist das Rauchen verboten. VW sorgt sich um die Menschen, und Rauchen ist nicht gut für die Gesundheit. Benzin ist gut für den Menschen, was man von Nikotin nicht behaupten kann.
Eine Mitarbeiterin namens Angélique führt mich persönlich durch das Auslieferungssystem der Autostadt. Viele deutsche Kunden kommen offensichtlich gerne hierher, um ihren neuen Wagen an der Quelle in Empfang zu nehmen.
Als erstes zeigt sie mir die beiden Glassilos, zwei glänzende Türme, in denen die VWs auf ihre Käufer warten. Heute wurden bereits 690 Fahrzeuge übergeben. Es ist ein erstaunlicher Anblick. Ein Liftsystem hebt das Auto, das man Ihnen gleich übergibt, aus dem Bauch des Silos wie ein Baby aus dem Mutterleib.
Darauf folgt eine lange Leier. Wenn man sein Auto schließlich erhält, erscheinen VW-Vertreter mit Kameras. Sie machen Fotos von Ihnen und gegebenenfalls Ihrer Begleitung mit dem neuen Wagen – eine Zeremonie, die mich an eine Hochzeit erinnert. Der Käufer und das Fahrzeug, in guten wie in schlechten Tagen.
VW hat hier etwas Wunderbares geschaffen: eine Gemeinschaft von tollen Käufern, von liebenswürdigen Jüngern.
Lachen Sie nur. Es funktioniert tatsächlich. Man kann sagen, was man will, das hier ist zweifellos eine Liebesgeschichte. Zwischen dem deutschen Käufer und seinem Auto.
Hier ist eine Familie, die 500 Kilometer weit gefahren ist, um ihren Wagen in der Autostadt in Empfang zu nehmen.
Sie sind glücklich, daß sie den langen Weg hierher nicht gescheut haben. Es ist ein besonderes Erlebnis. Sie werden sogar noch einen Tag länger im Ritz bleiben. Soeben beschlossen. Aber »meine Frau ist besser als das Auto«, sagt der Göttergatte. »Sie ist weicher.«
Ich beginne – beginne! – zu verstehen, was es mit dem Kapitalismus wider Willen auf sich hat. Vielleicht lasse ich mich ja bekehren.
An einer Wand im Audi-Pavillon ist eine grandiose Verkündung zu lesen:
»Vorsprung ist für uns ein innerer Antrieb. Der innerste Antrieb. Vorsprung liegt uns in den Genen. Vorsprung durch Technik … Technische Führerschaft besitzt ihre Stärken nicht nur auf der Straße. Auch im direkten Wettkampf mit den besten Konkurrenten der Welt zeigt sie ihre Überlegenheit.«
Vorsprung . Gefällt mir. Ich möchte auch deutsch sein. Tuvia Schmidt.
Im ersten Stock des Volkswagen KonzernForums kann man die »LEVEL GREEN«-Ausstellung besichtigen. In ihr geht es darum, daß die Generationen nach uns ein gutes Leben haben können, wenn wir unseren Teil dazu beitragen. Und VW will uns zeigen, wie das gehen soll.
Eine weitere Ausstellung nebenan dreht sich um Bewässerungsfragen und darum, wie wir Wasser sparen können.
In jeder Ausstellung findet sich ein gutgekleideter Mensch,ein Mitarbeiter, dessen Aufgabe darin besteht, dem Besucher alle möglichen guten Dinge zu erklären. Mir gefällt, wie sie aussehen, wie frisch geduscht. Extra für uns.
Ich bin von Liebe umfangen.
Ich halte einen Plausch mit einem dieser Mitarbeiter, René. »Volkswagen erkennt seine Verantwortung für die Welt an«, sagt er mir, und aus diesem Grund leistet es sich das Unternehmen, sein Personal mit dem allgegenwärtigen Problem der Wasserknappheit auf unserem Planeten zu beschäftigen.
Meine innere jüdische nervende Stimme liegt mir in den Ohren. Es gibt zwei Möglichkeiten, sagt sie. Erstens, die Leute, die hierherkommen, glauben nicht ein Wort von dem, was dieser René sagt. Oder zweitens, sie glauben ihm. Im Fall von Möglichkeit 1 müßte VW Deutschlands größte Lachnummer sein, wonach es irgendwie nicht aussieht. Im Fall von Möglichkeit 2 sind die Deutschen das naivste Volk auf Erden.
Still jetzt, nervende Stimme! René redet mit dir! Man braucht für eine einzige Orange 150 Liter Wasser, fährt René fort, und VW sucht nach Wegen,
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