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Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Titel: Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tuvia Tenenbom
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geht’s? Tony, Student der Politikwissenschaften, erklärt mir in einer langen und gewundenen Rede, daß es bei dieser Demo um gerechte Politik, gerechte Finanzpraktiken, gerechte Gesetze, Sozialismus, Chancengleichheit und noch einige andere Annehmlichkeiten geht.
    Was wollt ihr, Tony? Sag es mir. Ich mag es kurz und knackig.
    »Keine Studiengebühren zahlen.«
    Mir gefallen Tony und seine trinkenden Freunde. Morgen, sagen sie mir, veranstalten sie eine Großdemonstration, der sich zur Mittagszeit voraussichtlich 5000 Studenten anschließen werden. Sie werden den Verkehr lahmlegen und der Regierung eine Lektion erteilen.
    Und wenn nicht?
    »Dann besetzen wir die Universität.«
    Am nächsten Tag zur Mittagszeit will ich Zeuge dieses Wunders werden – wie offensichtlich auch die Münchner Polizei. Diese Demonstration, die man in New York als eine Party bezeichnen würde, ist eine einzige Hetz. Alle trinken, literweise fließt das Bier. Die höchste Studiengebühr, die diese Studis zahlen müssen, beträgt 500 Euro pro Semester. Wie mir scheint, geben sie diesen Betrag in ein paar Tagen für Bier aus. Sie sollten gegen die Bierbrauer protestieren und Freibier fordern. Man muß dringend für sie beten, scheint mir. Und da ich nun einmal vor Ort bin, versuche ich natürlich zu helfen. Diese gelbe Kirche, die Theatinerkirche St. Kajetan, die nur wenige Minuten zu Fuß von hier entfernt ist, dürfte dafür genau der richtige Ort sein.
    Eine reizende Kirche. Das hier ist eine Schwarze Madonna, glaube ich. Die Muttergottes war schwarz. Da schau her.
    Die Jungs und Mädels in Oberammergau sind einem Riesenirrtum erlegen.
    Kann passieren.
    Zwei alte deutsche Damen sitzen neben Gottes Mama. »Ist das hier eine katholische Kirche?« fragt die eine die andere. Die andere Dame zuckt mit der Achsel, ratlos wie ihre Freundin. Sie verlassen die Kirche.
    Die alten Damen sind weg, und ich bin alleine mit einer Handvoll kleiner nackter Engel in der Kirche. Einer großen Handvoll, genaugenommen.
    Wenn ich ein katholischer Pfarrer wäre, ein Mann, der nicht heiraten und keinen Sex haben darf, wie würde ich dann auf diese nackten kleinen Jungs mit kleinen Blumen auf ihren Penissen reagieren? Wahrscheinlich pädophil werden. In den Vereinigten Staaten von A. kassiert man, wenn man mit Bildern wie diesen außerhalb der Kirche handelt, fünfundzwanzighundert Jahre Gefängnis. Minimum.
    Ich versuche die Schwarze Mama in ein Gespräch über die Studenten und mein Freibierprogramm zu verwickeln. Leider spricht sie kein Jiddisch.
    Ich versuche es mit einer anderen Kirche, dem Alten Peter. Vielleicht ist da ja die Muttergottes des Jiddischen mächtig. Aber anstelle einer jiddisch sprechenden Jungfrau treffe ich dort eine ältere Frau an, die bitterlich weint. Warum weint sie?
    Es ist Gebetsstunde. Die Leute setzen sich, die Leute stehen wieder auf, und so immer weiter. Ich vermute mal, daß Gott es so und nicht anders möchte. T-Mobile will Ihr Geld, um Sie zu verbinden, Gott will, daß Sie Fitneßübungen machen.
    Ein alter Pfarrer nimmt Hostien und steckt sie den Leuten in den Mund, als ob sie Kinder wären. Diese Hostien sind angeblich der Leib Christi, und der Pfarrer steckt Ihnen Seinen Körper in den Mund, sofern Sie katholisch sind. Protestanten sind nicht eingeladen, Christus zu essen. Auf dem Kirchentag vor ein paar Wochen in just dieser Stadt sagten mir Protestanten, daß sie sich dadurch beleidigt fühlten. Ich nicht. Mir ist es recht, wenn ich ihn nicht esse. Ich habe auf diesem Gebiet ganz andere Vorlieben.
    Ich möchte lieber in Schumann’s Bar essen. Man hat mir gesagt, dort seien die Schönen und die Reichen zu finden. Klingt göttlicher für mich als eine Hostie. Immerhin muß Gott die Reichen und die Schönen lieben, sonst würde er ihnen nicht so viel Geld und so viel Schönheit geben. Korrekt? Korrekt. Ich verlasse die Kirche, um mich zu den Schönen zu gesellen.
    Die erste Schönheit, auf die ich treffe, ist Charles Schumann, der Inhaber.
    Was ist an seiner Bar so besonders?
    »Nichts.«
    Wie haben Sie sich einen solchen Namen gemacht?
    »Ich habe so viele Jahre gearbeitet. 30 Jahre! Ich wollte nie berühmt sein. Vielleicht bin ich heute berühmt, aber hingearbeitet habe ich darauf nicht.«
    Was haben Ihre Gäste von Ihren 30 Jahren Erfahrung?
    »Gar nichts. Schumann’s ist zu groß geworden.«
    Wer kommt üblicherweise hierher?
    »Jeder.«
    Auch arme Leute?
    »Ja. Die Preise hier sind niedrig.«
    Ich schaue mir

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