Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Titel: Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tuvia Tenenbom
Vom Netzwerk:
Ihre Großeltern während des Krieges gemacht haben? Ich meine, da Sie einen Film über die Zeit gedreht und einige Jahre in einem Konzentrationslager verbracht haben – ?
    Sind Sie Jude?
    Jetzt bin ich beleidigt. Wie kann er mich gebürtigen Bayern einen »Juden« nennen?!
    Wie kommen Sie denn darauf?
    »Wegen der Art und Weise, wie Sie mich das fragen.«
    Vermaledeite Pinakothek! Die Münchner sind gar nicht so dumm!
    Also, haben Sie Ihre Großeltern befragt?
    »Einmal.«
    Einmal?
    »Ja, einmal habe ich meine Großmutter gefragt.«
    Einmal haben Sie Ihre Großmutter … was gefragt?
    »Ich fragte sie, wen sie 1933 gewählt hat.«
    Und was sagte sie?
    »Sie sagte – sie gab mir keine Antwort, sondern stellte eine Gegenfrage. Sie sagte: ›Wen hätte ich denn wählen sollen, die Kommunisten?!‹«
    Und?
    »Das war alles.«
    Das war alles?
    »Ja.«
    Sie haben keine weiteren Fragen gestellt?
    »Nein. Ich war schockiert. Ich konnte nichts weiter fragen. Ich konnte nicht.«
    Ja, so verläuft mein Morgen. Ich wollte doch nichts weiter als einen judenfreien Tag. Aber nein.
    In einem anderen Teil des Englischen Gartens sitzt ein Intellektueller und trinkt Sprudel. Von Bier hat er erst mal genug.
    »Deutschland ist reich«, sagt er, »aber die Politik hier ist miserabel. Man weiß nie, wer recht hat und wer nicht, wer die Wahrheit sagt und wer lügt. Der eine sagt, daß wir wegen dieses Vulkans in Island kein Flugzeug fliegen lassen dürfen, auf gar keinen Fall. Dann sagen andere, daß das Quatsch ist, daß wir natürlich fliegen können. Wie soll man da wissen, wer ehrlich ist und wer lügt? Die politischen Parteien in Deutschland bekämpfen sich gegenseitig, und man selbst hat nicht die Mittel, um zu entscheiden, wer recht hat und wer nicht.« Das ist das Problem mit Deutschland. Davon abgesehen ist es gut. Amerika hingegen ist schlecht. »Ein großes Land, ein riesiges Land, das sich pausenlos mit ›Terror‹ und ›Terroristen‹ beschäftigt. Wie Hitler mit seinen Juden. Er gab die Schuld den Juden, Amerika gibt die Schuld den ›Terroristen‹. Sie wollen ihr Volk kontrollieren.« Er hebt die Stimme, er ist stinksauer. Er nimmt eine Bretzel und beißt energisch hinein. »Warum tut Amerika das?«
    Ich habe wirklich keine Ahnung, wieso der sich mich ausgesucht hat.
    Warum sind Sie so sauer auf die Amerikaner?
    »Weil die Amerikaner sich weigern, die Israelis dazu zu zwingen, den Palästinensern Land abzutreten.«
    Hat irgend jemand etwas in seinen Sprudel getan? Was ist los mit ihm? Oder besser: Was ist los mit diesem Land? Die sind hier ja noch viel besessener von den Palästinensern als Al-Dschasira.
    Warum interessieren Sie sich für die Palästinenser?
    »Weil ich Frieden in der Welt will.«
    Interessieren Sie sich für Tschetschenien?
    »Wie bitte?«
    Tschetschenien.
    »Wie bitte?«
    Tschetschenien. Sie wissen schon, Rußland und so.
    »Ach, ja! Tschetschenien.«
    Interessieren Sie sich dafür?
    »Ja klar. Tue ich.«
    Aber auf Tschetschenien reagieren Sie offensichtlich überhaupt nicht emotional. Warum nicht?
    »Weil, weil der Nahe Osten wichtiger ist!«
    Warum?
    »Weil da die Religion ist. Wegen der Religion! Das ist die Grundlage unserer – «
    Sind Sie religiös?
    »Ich?«
    Ja. Sie. Sind Sie religiös?
    »Ich? Nein.«
    Mein Intellektueller ist Jahrgang 1945. Was hat sein Vater im Krieg gemacht? Er weiß es nicht. Aber eines weiß er mit Sicherheit: Er hatte nichts mit den Nazis zu tun. Woher er dasweiß? Sein Vater, sagt er, war ein Schürzenjäger, und das einzige, wofür er sich interessierte, waren Frauen.
    Na bitte. Kugeln flogen, Menschen starben, und der Mann war am Vögeln. »Ich bin noch nie in meinem Leben«, fügt er hinzu, »in Deutschland einem Antisemiten begegnet. Die gibt es hier nicht.«
    Wo gibt es sie denn dann?
    »In Österreich.«
    Geliebtes Bayern, du treibst mich in den Wahnsinn!

Kapitel 12   In dem schnelle Schlitten in Museen stehen, Junggesellen sich an nackten Statuen erfreuen, arme Schlucker eine Nobelbar besuchen, Kuba zur einzigen Demokratie erklärt wird, erdolchte Frauen sexy sind und man seinen Doktor in Liegestützen machen kann
    Ich verlasse den Englischen Garten und statte dem BMW-Komplex mit seinem BMW Museum, seiner BMW Welt und seinem BMW Werk einen Besuch ab. Wenn man genug von den Menschen hat, bieten Autos einen wunderbaren Ersatz. An der Infotheke heißen mich zwei Damen willkommen. Die eine weiß, die andere schwarz. Sehr weiß und sehr schwarz. Wie auf einem

Weitere Kostenlose Bücher