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Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Titel: Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tuvia Tenenbom
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sagen sie unisono. »Die Leute sollen selbst entscheiden, nicht die Politiker.«
    Sie kennen sich seit vielen Jahren, diese beiden Anfang 20jährigen, und so »können wir kein Paar werden«. Niemals. Aber sie sind gute Freunde und haben dieselben Werte. Sie waren beide in Kuba. Kuba ist gut. Das Paradies auf Erden. Sie haben es mit eigenen Augen gesehen. »Kuba ist wirklich demokratisch, nicht wie Deutschland. In Kuba entscheiden die Menschen, in Deutschland sind es die korrupten Politiker, die für uns entscheiden. Wenn die Politiker in Kuba korrupt sind, dann stimmen die Leute ab und schmeißen sie raus. Hat es das in Deutschland je gegeben? Kann man korrupte Politiker mitten in ihrer Amtszeit abwählen? In Kuba kann man das.«
    Habe ich eigentlich schon erwähnt, daß Kerem und Lisa stocknüchtern sind?
    Ich verlasse München.
    Soll mich der Zug entführen. Wohin? Nach Nürnberg. Schöner Name.
    Die Fahrkarte nach Nürnberg kostet 75 Euro, es sei denn, man möchte nur zehn bezahlen. Das Preissystem für Zugfahrkarten in Deutschland ist überaus komplex. Um sich da zurechtzufinden, sollte man über 20 Jahre Erfahrung im Schachspielen verfügen, bevor man seine erste Fahrkarte kauft. Oder man ist, wenn man Glück hat, hier geboren. Bei dieser Fahrt verhält es sich konkret so: Man kann ein normales Ticket kaufen – sofern man Charles Schumann zum Vater hat – oder, falls nicht, ein »Bayernticket«.
    Ich komme nach Mitternacht in Nürnberg an und danke Allah für die Araber. Nicht, weil ich es mir anders überlegt hätte und nach Palästina gehen wollte. Hat mit diesen Arabern nichts zu tun, sondern mit den Arabern hier. Es ist nämlich so: Aufgrund einer städtischen Verordnung, deren Einhaltung die Polizei überwacht, müssen die hiesigen Restaurant- und Cafébesitzer die Außenbereiche ihrer Gaststätten spätestens um Mitternacht schließen. Doch der irakische Besitzer eines türkischen Restaurants ist so gerührt, weil ich ihn auf arabisch anspreche – »er spricht meine Sprache«, sagt er zu einer jungen Deutschen, und seine Augen strahlen vor Freude und Vergnügen –, daß er für mich ein paar Stühle und einen Tisch draußen stehen läßt. Und das mir zubereitete Essen ist himmlisch. Auch macht er mich mit einem süßen türkischen Gebräu bekannt, das zwar total künstlich schmeckt, aber wirklich süffig ist. Ich esse und trinke und genieße dabei den Anblick,der sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite bietet: St. Klara.
    Diese Kirche wurde 1273 errichtet, informiert eine Hinweistafel, 1945 zerstört und 1953 wiederaufgebaut. Ein typisch deutsches Schicksal, möchte man hinzufügen. Der Anblick der Kirche versetzt mich in eine leicht philosophische Stimmung: Es gibt schon einen Grund, weshalb man hierzulande dem Wahnsinn anheimfallen kann. Während ich in diesem weiträumigen Land von Stadt zu Stadt reise, zeigt sich meinem Blick immer wieder das gleiche Bild: zerstörte Bauwerke aus vergangenen Jahrtausenden, die jüngst restauriert wurden. Jahrhunderte wurden dank des Zweiten Weltkriegs an einem einzigen wolkenverhangenen Tag ausgelöscht. Die Geschichte dieses Verlusts wird den Menschen hier zweifellos bis in alle Ewigkeit in Erinnerung bleiben. Wo immer sie leben – in Süddeutschland oder Norddeutschland, im Osten oder im Westen –, dieses Kainsmal wird nie verschwinden. Ihr ganzer Stolz, ihre alten Bauwerke, mußten wiederaufgebaut werden.
    Ich gehe in mein Hotel, das Hotel Drei Raben, bei dem es sich um ein Themenhotel handelt.
    Zeit zu schlafen. Ich habe heute zuviel gegrübelt. Ich schaue mich in meinem Zimmer um. Und sehe einen Holzkasten mit einem Knopf. Als ich ihn drücke, ertönt die Stimme eines Kindes. Sie erzählt mir die Geschichte des Hotels im Jahr 1945, wie es Feuer fing und abbrannte. Die Stimme spricht von der Bombardierung Nürnbergs durch die Alliierten.
    Ich vermute, daß ich jetzt gut schlafen kann. Das muß die Absicht sein, oder?
    Am nächsten Morgen treffe ich Daniela Hüttinger, die Eigentümerin.
    Sie erzählt mir von den Ereignissen von 1945. Ihr Vater versuchte, das Feuer zu löschen, vergeblich. Nur das Erdgeschoß blieb stehen. Die Familie verließ unmittelbar darauf die Stadt, kehrte aber nach dem Krieg zurück.
    »Mein Vater hat mir die Geschichte viele, viele Male erzählt.«
    Was hat er Ihnen sonst noch über den Krieg erzählt?
    »Überall lagen Leichen auf den Straßen herum.«
    Hat er Ihnen gesagt, warum dies geschah?
    »Nein.«
    Gar nicht?
    »Er

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