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Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Titel: Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tuvia Tenenbom
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Anfang.«
    Werden Sie den Palästinensern dasselbe Angebot machen?
    »Ja.«
    Der Manager ist nicht wirklich bei der Sache. Wir sollten die Rollen tauschen. Ich bin jetzt der Palästinenser. Irgendein Problem damit, Helge?
    Helge ist einverstanden, und ich spiele den Palästinenser:
    Ich will keine Juden hier. Ihr Deutschen habt sie getötet; nehmt ihr sie. Ich habe sie nicht nach Auschwitz gebracht, daswart ihr. Ich wurde hier geboren, so wie mein Papa und mein Großpapa, seit unvordenklichen Zeiten. Nehmt eure Juden und zahlt ihnen, was immer ihr wollt. Nehmt sie mit nach Deutschland zurück und behaltet eure 10 Dollar!
    Helge erschaudert. So hatte er sich das in seinen Friedensstifterträumen überhaupt nicht vorgestellt. Er sagt: »Ich bin fertig. Ich habe meinen Job getan. Schluß mit meinen Friedensbemühungen für heute.«
    Offensichtlich beschäftigt ihn der Nahe Osten. Ich frage ihn, warum.
    »Man sieht die Nachrichten, und prompt ist vom Nahostkonflikt die Rede. Mit Hitler dasselbe. Hitler kann man jeden Tag im Fernsehen sehen, wenn nicht bei diesem Sender, dann bei jenem.«
    Apropos Hitler. Haben Sie Ihre Eltern oder Großeltern je über ihre Kriegsjahre befragt?
    »Einmal sah ich einen Onkel von mir auf einem Foto in SS-Uniform. Oder ich sah ein Dokument, das einer Tante gehörte und mit Behördenstempel bestätigte, daß sie arisch war. Ich habe meine Eltern nie nach dem Krieg gefragt. Mein Vater hatte einen Buckel und war sehr klein, und meine Mutter hatte ein Bein kürzer als das andere. Ich habe immer gedacht, daß sie nicht am Krieg teilgenommen haben, ich wußte nur von einem Foto her, daß Mama im BDM war, ich habe nie danach gefragt. Als Kind schämte ich mich, wenn wir zusammen spazierengingen, und lief immer hundert Meter voraus. Erst als ich älter wurde, so mit 14, war ich stolz auf sie.«
    Wären Ihre Eltern nicht körperbehindert gewesen, wären Sie dann heute ein anderer?
    »Wahrscheinlich. Mein Vater war klein, ich hatte rote Haare und war spindeldürr. Meine Klassenkameraden machten sich über mich lustig. Du Eierkopf!«
    Solche Eltern, rote Haare und ein spindeldürrer Körper, und dazu eine vollkommen koschere arische Familie … Da hatten Sie ein ganz schönes Päckchen zu tragen, nicht wahr?
    »Ja. Aber das ist das einzige Leben, das ich kenne, ich hatte kein anderes. Für meinen Vater waren alle Menschen gleich, die oben so gut wie die unten. Er war ja sehr klein. Und das habe ich von ihm gelernt.«
    Ich versuche mir das vorzustellen: einen Zwerg, der sich umsieht und von seiner Position aus, wenn er nicht den Kopf in den Nacken legt, nur Beine sehen kann. Zwischen diesem Paar Beine und jenem Paar Beine kann er keinen Unterschied erkennen.
    Ich vermute, das ist es, was Helge meint, wenn er sagt, daß alle Menschen gleich sind.
    Helge kann es nicht lassen. Erneut muß er seinem Gast zeigen, wie politisch korrekt er ist. Alle Menschen sind gleich. Ja, auch ich bin der Meinung, daß vor dem Gesetz alle Menschen gleich sind. Was bedeutet, daß jedermann die gleichen Chancen, Möglichkeiten und Rechte haben sollte. Sind wir aber alle gleich? Nein. Manche von uns sind Zwerge. Wir haben nicht alle die gleichen Talente. Wir sind nicht alle gleich schön. Und wir sind nicht alle gleich intelligent.
    Ich sehe Helge an, einen lustigen Mann, der einen sehr traurigen Start ins Leben hatte. Ist es das, was ihn so witzig gemacht hat, die schwierigen Umstände seiner frühen Jahre? Ich weiß es nicht. Es gibt Parallelen zwischen Helge und seinem Land. Aber Helge ist kein Land, sondern ein Mensch und ein Komiker obendrein. Man kann lachen, wenn man ihm zuhört, wollte man aber lieber weinen, wäre das genauso passend.
    Die Bayern haben sich gegen das Rauchen in jeder Art von gastronomischem Betrieb ausgesprochen. Das ist eines der striktesten Rauchverbote in Deutschland. Rauchen verboten,steht auf dem Schild in Dachau. Die Geschichte verläuft in Zyklen und Kreisen. Zur »Feier« dieses Verbots macht Till mir ein kleines Geschenk, eine kubanische Zigarre. Ich halte sie in der Hand und denke, wieviel Absurdität dieser kleine Gegenstand in sich birgt. In den Vereinigten Staaten ist dieses Erzeugnis verboten. Per Embargo. Die Vereinigten Staaten gegen Kuba. Ein bizarres kleines Gesetz.
    Mit der Zigarre in der Tasche fahre ich nach Duisburg.
    Was sollte ich in Duisburg unternehmen?
    In der Einkaufszone gibt es eine Tourismusinformation, vielleicht sollte ich da mal vorbeischauen. Die Frau am Schalter

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