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Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Titel: Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tuvia Tenenbom
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begrüßt mich mit einem Lächeln. Die Duisburger sind im allgemeinen sehr freundlich, sagt sie mir. Ist sie eine Duisburgerin? Ja, ist sie.
    Was ist interessant in Duisburg?
    Eine Bootstour macht Spaß, informiert sie mich, doch hat das letzte Schiff gerade abgelegt.
    Können Sie ein Restaurant empfehlen? frage ich sie. Ich mag die türkische Küche. Wo ist das beste türkische Restaurant in der Stadt? Gibt es ein gutes in, sagen wir, Marxloh?
    »Marxloh«, sagt sie, »ist in türkischer Hand.« Dort gibt es nichts zu sehen, es sei denn, »Sie interessieren sich für die Moschee«.
    Moscheen sind gut. Aber gibt es in Duisburg nicht auch Kirchen und Synagogen?
    Sie zeigt mir ein Bild der Synagoge, die sehr schön aussieht. Sie wirkt wie ein offenes Buch mit aufgeschlagenen Blättern.
    Kann ich einen Gottesdienst besuchen? Das wäre schön. Wissen Sie vielleicht, wann dort Gottesdienste stattfinden?
    »Es finden Gottesdienste statt, aber nur für Gemeindemitglieder.«
    Um was für Gottesdienste handelt es sich?
    »Um den Freitagabend-Gottesdienst, jeden Abend um viertel vor sieben.«
    Klingt interessant. Auf zum Tempel.
    Doch der ist geschlossen, alle Türen sind verriegelt. Niemand da. Und wie bei diesem jüdischen Zentrum in München fragt man sich, was das Ganze eigentlich soll.
    Nachdem ich den Programmpunkt Synagoge-ohne-Juden abgehakt habe, besuche ich die Muslime. Marxloh, um genau zu sein.
    Ich treffe mich mit Mustafa und Halil im Medien-Bunker Marxloh oder, kurz, im Bunker. Sie zeigen mir einen Film, den die Bunker-Leute gedreht haben. Man sieht eine Anti-G8-Demonstration in Marxloh. Die verschiedensten Schilder werden hochgehalten und zeigen, wogegen die Leute demonstrieren. Ich lese: »Befreit Palästina«. Befreit es von den Juden, vermute ich mal. Zumindest ist das die Lesart, die ich zu hören bekam, als ich vergangenes Jahr das letzte Mal in Katar war; auch dort wollten sie Palästina befreien. Aber wir sind nicht in Doha. Wie sich die Palästinenserfrage nach Marxloh hineingeschlichen hat, ist mir ein Rätsel. Und was hat sie überhaupt mit der G8 zu tun? Gehört Palästina zur G8? Oder Israel?
    Ich weiß es nicht, bin aber ja hier, um zu lernen.
    Mustafa erklärt mir, daß Israel die Bewohner Marxlohs, die sonst oft gespalten sind, eint. Hier leben nicht nur Türken, sondern auch Kurden. Und diese beiden Völker sprechen nicht einmal miteinander. »Ein Mann kann in einem Moment sein Brot mit dir teilen«, sagt Mustafa, »und im nächsten guckt er noch nicht mal mehr in deine Richtung – wenn er herausgefunden hat, daß du türkisch bist und kein Kurde.« Und umgekehrt. Der Haß auf Israel eint Türken und Kurden in Marxloh. Das ist der Punkt, an dem sie sich geistig und emotional treffen und vereinen, um diesen gemeinsamen Feind zu bekämpfen. Beide Volksgruppen waren »entrüstet« darüber, wie Israel mit der Gaza-Hilfsflotte umging, erklärt er mir, und beide gingen auf die Straße. Vereint. Im Haß.
    Die Juden mal wieder.
    Die Menschen hier sind besessen von den Juden. Aber ich will damit nichts zu tun haben. Ich verabschiede mich aus dem Ruhrgebiet, das dieses Jahr Kulturhauptstadt Europas ist, und nehme einen Zug nach Düsseldorf.
    In Düsseldorf schaue ich mir das Heine Haus an. Ich liebe Heinrich Heine, den deutschen Juden und großen Dichter des 19. Jahrhunderts, aber das Heine Haus ist eine Buchhandlung, wie mir schnell klar wird. Das ursprüngliche Haus wurde zerstört, erzählt man mir, später wiederaufgebaut und befindet sich jetzt in Privatbesitz. Es gibt hier ein Café, das aber nur bei Veranstaltungen geöffnet hat. Werden Sie es heute abend zum Public Viewing öffnen? frage ich die Dame, die davor sitzt. Ich meine, es wäre schön, wenn man im Heine Haus Fußball gucken könnte. In den Augen der Dame habe ich eine Grenze überschritten, so daß sich jede Antwort erübrigt. Ich gehe. Im Schaufenster, in dem doch wohl die Höhepunkte ihres Angebots ausgestellt sein sollten, sehe ich: ein Buch über Palästina, ein Buch über den Holocaust sowie ein weiteres Buch eines israelischen Linken, der ein entschiedener Kritiker der israelischen Regierung ist.
    Ein besessenes Land!
    Bald trifft Deutschland in Südafrika auf Spanien. Ich solltemir ein Public Viewing suchen. Besser als Israel gegen Palästina.
    Der Public-Viewing-Ort meiner Wahl ist die »ESPRIT arena«. Der Eintritt kostet zwischen sechs und neun Euro. Warum Menschen Geld dafür ausgeben, im Stehen fernzusehen, wie es die

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