Allein unter Muettern - Erfahrungen eines furchtlosen Vaters
Nichts ist es mit der Freiheit der Einladungen, eine gute Mutter muss hier regulierend eingreifen. Dazu gehört der mahnende Hinweis, doch bitte auch an all die Kinder zu denken, zu denen man selbst einmal im Verlauf des vergangenen Lebensjahres zum Wiegenfest eingeladen war. »Egal, Konstantin hat dich damals eingeladen, also kommt er auch zu dir. Das gehört sich so.« Kann es sein, dass aufgrund dieser Erfahrungen die wirklich gelungenen Feste des Lebens die spontanen sind, die frei von solchen Konventionen und anderen quälenden Fragen sind (wie jener, wer nun welchen Waffelteig mitbringt)?
Aber zurück zum jährlich schönsten Tag des Kinderlebens. Einfach nur ein Fest schmeißen, das musste ich selbst rasch erkennen, ist längst nicht mehr zeitgemäß. Hinweise auf die eigenen Kindergeburtstage helfen da meist nicht weiter. Sicher, einige der alten Spiele von damals haben überlebt – Topfschlagen gibt es immer noch und macht auch immer noch einen Heidenlärm und entsprechenden Spaß, bis jemand aus Versehen eins mit dem Kochlöffel übergebraten bekommt. Dann kippt die Stimmung erfahrungsgemäß ziemlich schnell, was aber auf einem Kindergeburtstag ohnehin geschieht. Eine Mutter erklärte mir mal aus eigener Erfahrung, dass während eines ordentlichen Kindergeburtstags das Geburtstagskind mindestens einmal eine mittelschwere Krise inklusive Wutausbruch und Tränen erleiden muss. Das erinnerte mich dann doch wieder an früher.
Kommen wir zu den Neuerungen unserer Zeit. Unlängst planten wir den Geburtstag für unseren Siebenjährigen. Das Thema Zirkus hatten wir im Jahr zuvor schon, und davor hatten wir bereits einen Puppenspieler kommen lassen – kurzum: Es mussten neue Ideen her. Da war es schon eine Erleichterung, dass zumindest die Einladungskarten bereits fertig waren (und jedes Jahr frage ich mich erneut, wie man denn nun »Bescheid« schreibt, weil die Kinder ja »Bescheid« sagen sollen, ob sie kommen – groß oder klein?), so konnte das Thema des Tages eingekreist werden. Indianer? Piraten? Entdecker? EU -Währungskommissar? Nicht immer hat man so viele gute Ideen, weshalb längst die professionellen Anbieter weiterhelfen. Auch mir? Ich schaute ins Internet. Rasch stieß ich auf einen Geburtstagsshop, der nach eigenen Angaben nicht nur die »altbewährten Deko-Klassiker wie Girlanden, Luftballons oder Papierschlangen« bietet, sondern auch »farbenfrohe Pinatas aus Mexiko«, der Tortenauflagen mit Namen und Foto (!) des Jubilars druckt oder Glitzertattoos auf die kindlichen Körper zaubert. »Alles mit einem Ziel«, so heißt es weiter in dem Angebot: »den schönsten Kindergeburtstag aller Zeiten zu planen.«
Ich weiß nicht, warum, aber ein wenig fühlte ich mich unter Druck gesetzt. Was halfen mir die schönsten Accessoires (Einladungen, Dekoration, Speisen, Spiele, Mitgebsel), wenn das Event selbst nicht zeitgemäß würde? Sogenannte »Kindergeburtstagsmacher« aus dem Netz jagten mir einen Schrecken ein: Die Ansprüche der Kids (Eltern, die »Kids« sagen, haben nach meiner Erfahrung meistens Schwierigkeiten mit dem eigenen Alter, aber egal) stiegen schließlich, hieß es da. Und weiter: Wenn moderne Kinder (moderne Kinder!) heute zum Geburtstags einladen, dann müsse es eben ein ganz besonderes Event sein. Sollte ich also gleich eines der angebotenen Rundum-Glücklich-Pakete erwerben? Zwischen 400 und 600 Euro wären wir dann los, aber sollte das Kind uns das nicht wert sein? Und überhaupt: Passten wir nicht absolut in das Anforderungsprofil dieser Anbieter? »Sind Sie anspruchsvoll und suchen die beste Dienstleistung?« Aber sicher. »Sind Sie beruflich stark eingebunden und gehören zu der Gruppe von Berufstätigen, die wenig Freizeit haben?« Und wie (wobei ich denke, dass mein Sparkassen-Berater auch so spricht, und der will ja letztlich auch immer nur Geld von mir). »Keine Idee, was Sie für einen guten Kindergeburtstag brauchen?« Na ja, ganz so schlimm ist es jetzt auch wieder nicht. »Fehlt die Kreativität?« Na, jetzt ist aber mal gut. Fehlende Kreativität? Bei uns? »Wir machen einfach ein Piratenfest«, ruft meine Frau durchs Haus. Genau! Ein Piratenfest! Hah – jetzt zeigen wir euch mal, wie kreativ wir sind. Selber Kindergeburtstagsmacher!
Um es kurz zu machen: Es wurde toll! Wir hatten viel Spaß, keine Tränen, und keinem Kind ist bei Kuchen, Würstchen und Nudelsalat wirklich dramatisch schlecht geworden. Und die Krönung war die Schnitzeljagd, an deren dramatischem
Weitere Kostenlose Bücher