Allein unter Muettern - Erfahrungen eines furchtlosen Vaters
vielleicht nicht typisches, aber stellvertretendes Ereignis wiedergegeben hat: Auf einem Spielplatz in Herne hatten sich zunächst einige der lieben Kleinen in die Haare bekommen (laut Zeitung – die Medien müssen ja immer übertreiben – schlugen sie aufeinander ein), dann schalteten sich die Mütter ein (ergriffen »Partei für ihre Kinder«), ehe sich schließlich »Väter, Anverwandte und Nachbarn eine Massenschlägerei lieferten«. Selbstredend konnte erst die Polizei dem wackeren Treiben ein Ende bereiten, wobei auch die am Ende nicht sagen konnte, ob die Kinder sich wieder vertragen hatten (was wahrscheinlich, aber eigentlich auch völlig egal gewesen sein dürfte).
Wie gut also, dass Kinder auch Mütter haben, die den Alltag des Spielplatzgeschäftes besorgen, frei von Massenschlägereien und sonntäglichen Schweinebaumel-Stunden. Sie verwenden ihre Energie lieber auf die Logistik. Dieses Wort ist angemessen, denn Vorbereitung und Realisierung eines Spielplatzbesuches sind zuweilen Operationen, von denen sich manch große internationale Unternehmen eine Scheibe abschneiden könnten. Der Hinweis, dass die in aller Regel von Männern geführt und also schlechter organisiert sind als Spielplatzmütter und dass es der Weltwirtschaft auch deshalb so schlecht geht, hilft an dieser Stelle zwar nicht weiter (jedenfalls der Weltwirtschaft), ist aber durchaus erhellend. Sagen wir es einmal so: Mütter gehen nicht auf den Spielplatz, sie organisieren Spielplatz. Ein Mann kommt vielleicht mit seinem Kind zufällig an einem Spielplatz vorbei – eine Mutter nimmt das Vorhaben Spielplatzbesuch ins Visier und setzt es generalstabsmäßig um. Auf deutschen Spielplätzen zeigt sich, dass Mütter in ihrem Organisationstalent und ihrer Tatkraft unschlagbar sind. Einer durchschnittlichen Mutter wäre so etwas Schludriges wie die vermurkste Bundeswehrreform eines Ministers Guttenberg (um einmal wahllos einen ehemaligen Minister herauszunehmen) niemals passiert – und nie würde sie so desorientiert wirken wie die ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Glos oder Brüderle in Zeiten einer Krise.
Mutter hat alles dabei: Windeln, Tücher, Abfallbeutel. Ersatzkleidung, Mütze, Regenhose. Taschentücher, Sonnencreme, Nagelschere. Essen, Trinken, Knabbern; für die Kinder und für sich. Fotoapparat, Sandspielzeug, Erste-Hilfe-Päckchen. So ausgestattet, ist eigentlich – vielleicht mit Ausnahme der Landung von Außerirdischen – jeder möglichen Eventualität zu begegnen. Mama hat alles fest im Griff, sie ist der eigentliche Souverän des Geländes. Fast überflüssig zu erwähnen, dass ich mich selbst zuweilen als ziemlich lausige Spielplatzmutter entpuppte; meine größten Schnitzer waren die zumeist vergessenen Regenhosen. Das führte zwangsläufig entweder zu ständigen Debatten um das Nicht-Spielen-Dürfen (»Das ist zu matschig, und Papa hat die Regenhose nicht mitgenommen«) oder zu nassen Klamotten, die wiederum nach kurzer Zeit die lästige und peinliche Debatte »Jetzt-müssen-wir-wirklich-nach-Hause-sonst-erkältest-du-dich-auch-noch« auslöste. Unter den Blicken der anderen Mütter (denen ich auswich) hatte ich mich wieder einmal als Dilettant zu erkennen gegeben.
Aber eines Tages musste ich erfahren, dass das noch nicht die Höchststrafe war: Ich begleitete einen Freund mit seiner etwa vierjährigen Tochter auf den Spielplatz. Einige Eltern wissen, dass Vierjährige in gewissen Phasen manchmal etwas schwierig sein können. An jenem Tag hatte das Kind jedenfalls so eine Phase, Papa konnte ihr nichts recht machen. Auf dem wegen des sonnigen Wetters prall gefüllten Kinderspielplatz reihte sich Quengelversuch an Quengelversuch, und dann holte das Mädchen zur Höchststrafe aus. Sie stellte sich auf die kleine Anhöhe und weinte in voller verfügbarer Lautstärke quer übers Gelände: »Buähh! Ich will zurück zu meiner Maaaama!« Nun ja, sie bekam umgehend ihren Willen – der Vater ging mit ihr, begleitet von den mitleidigen Blicken der Mütter. Die Machtverhältnisse auf dem Spielplatz waren geklärt. Wieder einmal. Operation Spielplatz ist fest in Frauenhand. Um es deutlicher zu sagen: Wenn Papa nächsten Sonntag beim Schweinebaumeln wieder auf die Nase fällt, hat Mama das Verbandspäckchen dabei.
KÖRPERWELTEN
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