Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Allein unter Muettern - Erfahrungen eines furchtlosen Vaters

Allein unter Muettern - Erfahrungen eines furchtlosen Vaters

Titel: Allein unter Muettern - Erfahrungen eines furchtlosen Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tillmann Bendikowski
Vom Netzwerk:
hierzulande unter Müttern debattiert, wobei der eigentliche Sprengsatz solcher und ähnlich gelagerter Auseinandersetzungen zumeist unausgesprochen bleibt – das wird gleich deutlich werden.
    Nehmen wir ein beliebiges Fest in einem Kindergarten oder einer Schule. Es ist Elternabend. Vielleicht geht es gerade auf Weihnachten zu, man möchte es sich und den anderen so richtig gemütlich machen. Ein Fest wird geplant. Auf dem – so haben es die akkuraten Planungen samt langer Listen zum Eintragen gezeigt – gibt es reichlich zu essen (warmes Essen, Salate, Nachtisch) und zu trinken (Wasser, Apfelschorle, Bionade und Kaffee), fast könnte man meinen, es könnte zur Feier geschritten werden. Aber halt! »Wir brauchen noch was Süßes zwischendurch!« Genau! Kuchen. Oder Plätzchen. Oder beides? Als die Zurückhaltung der Eltern deutlich macht, dass eigentlich keiner so recht Lust hat, auch noch einen Kuchen zu backen, greift eine Mutter zur moralischen Keule. »Gut.« Pause. »Wenn sich niemand die Arbeit machen will, einen Kuchen zu backen, kaufen wir eben Kekse.« Wieder eine Pause. »Aber schön finde i c h das ja nicht.« Noch längere Pause. Dann leichte Unruhe. Naja, hmmh. Müssen wir wirklich jetzt auch noch Kuchen haben, ist doch genug zu essen da? »M ü s s e n müssen wir gar nicht.« Und als reiche dieser Hinweis nicht schon, folgt bald darauf erwartungsgemäß das historische Argument, geradezu der Klassiker solcher Debatten: »Das war in den letzten Jahren immer so.« Jetzt wird es eng für die Kuchen-Verweigerer; die Gruppe ist gespalten in diejenigen, die nur ein paar gekaufte Kekse hinstellen wollen, und diejenigen, die sich mit letzter Kraft noch abringen können, einen Kuchen zu backen (»Leute, wir haben alle viel zu tun, da ist doch so ein Kuchen auch noch drin«). Die Diskussion zieht sich noch gefühlt bis Mitternacht hin, die Frage gute Mutter – böse Mutter steht jetzt unausgesprochen im Raum (das ist jener eben erwähnte Sprengsatz): Die gute Mutter schleppt sich noch nächtens an den Herd, um gedeckten Apfelkuchen zu machen, die Schlampe kauft nur ein paar Kekse. Eine humorvolle Bemerkung, so dachte ich, könnte der Situation doch nur guttun: »Wollen wir nicht einfach zwei Kisten Bier hinstellen? Damit macht man nie was falsch.«
    Der Vorwurf der schlechten Mutter, wir haben das bereits gesehen, ist tendenziell weiblich. Du bist zu faul für einen Kuchen – deine Mitmenschen sind dir also egal. Deine Kinder dann vermutlich auch, oder? Wenn man so will, geht es bei solchen Debatten nicht um das Konkrete (also Keks und Kuchen), sondern um das große Ganze. Eigentlich um alles. Nach meinen Jahren unter Müttern bin ich inzwischen der Ansicht, dass deshalb substanzielle, offene und weiterführende Gespräche zwischen Eltern über Kinder und Kindererziehung eigentlich nicht zu führen sind. Kritik an den anderen Eltern verbietet sich ohnehin (weil man nicht in ihrer Haut steckt und sich stattdessen ruhig mehr um den eigenen Nachwuchs Gedanken machen sollte), aber schon das lockere Gespräch über einzelne Aspekte der Kindererziehung mündet letztlich immer in einen mehr oder weniger offen erkennbaren Konflikt, wer nun die richtige Mutter ist. Wer gut und wer schlecht ist.
    Beispiele? »Meinem Jonathan gebe ich ja grundsätzlich nur selbst gekochte Breie, und nicht dieses gekaufte Zeug.« Das ist ein Ausgrenzungsargument – die Gekaufte-Gläschen-Mutter ist die Faule, die Gedankenlose, der die gesunde Ernährung des kleinen Wurms offenbar völlig egal ist. Wahrscheinlich gibt sie dem hilflosen Wesen schon zum Frühstück »Fruchtzwerge« – bah. Nächstes Beispiel Schulmedizin: »Unsere Charlotte wird nur homöopathisch behandelt, die soll nicht mit Chemie zugedröhnt werden.« Auch dieser Ausspruch ist ein klassisches kommunikatives Distanzierungsinstrument. Wir sind die Wissenden, ihr werft mit Tabletten um euch wie noch die Eltern in den 60er Jahren. Unverantwortlich! Nächste Steigerung: Impfen. »Wir impfen ja gar nicht, weil w i r wissen, wie wichtig Kinderkrankheiten für das weitere Leben sind.« Zwei Welten stehen sich gegenüber. Echte Gespräche sind aussichtslos. Und die Liste der Themen ist lang: Fernsehen, Grenzen setzen, Plastikspielzeug, Süßigkeiten …
    Solange Mütter einen gemeinsamen erzieherischen Konsens teilen, sind sie beste Freundinnen. Ansonsten gilt, was ich in einer US -amerikanischen Studie gelesen habe: Demnach verhalten sich Frauen in Konkurrenzsituationen

Weitere Kostenlose Bücher