Alleinerziehend mit Mann
Nachbarwohnung und lege die Gießzeit auf die Bettgehzeit der Kinder, mit der Begründung, abends sei es für die Pflanzen am allerallerbesten, sie zu gießen. Das mangelnde Verhältnis der Männer zur Flora kann durchaus seine Vorteile haben!
Mein Mann fragt schon, wann denn die Kirgisien-Urlauber wieder heimkommen, irgendwie wirke das auf ihn schon mehr als ein Nachbarschaftsgefallen. »Die sind doch immer so nett zu Eva und Lukas«, entgegne ich. Mein Mann nickt. Schließlich hat man heutzutage für alle Kinderfreundlichen im Haus, die sich nicht über Lärm beschweren, dankbar zu sein!
An den letzten Abenden erweitere ich meine Pflicht um ein Glas Wein aus der angebotenen Flasche. Ich sitze nach Gießen, Auszupfen und Kontrollgang durch die Wohnung auf dem Balkon und genieße den Sonnenuntergang über den Dächern der Stadt. Wie ruhig, wie erhaben, wie abgeklärt kann das Leben sein! Können die Nachbarn nicht noch ein wenig länger bleiben?
Und tatsächlich: Sie schreiben eine Mail, sie hätten den Urlaub um eine Woche verlängert!
Juhu! Noch mal sieben Tage abends in Ruhe auf dem Balkon sitzen, den Tag Revue passieren lassen, einen Schluck Wein dazu trinken und schmökern. Ohne Mann, ohne Kinder.
Doch in der letzten Woche der Kirgisien-Urlauber drängen sich zunehmend ketzerische Gedanken beim Innehalten in der Oase auf: Wie langweilig muss eigentlich ein Leben ohne Mann und Kinder sein? Kein Legostein, über den man vor dem Frühstück stolpert. Keine Kinderhand, die durch meine Haare fährt und mir sagt, ich sei die schönste Mama auf der Welt. Kein Mann, der als mittelalterlicher Ritter die Kinder verfolgt, die vor Freude laut juchzend durch die Wohnung hüpfen. Stattdessen vielleicht stundenlange Debatten darüber, ob die chinesische Vase jetzt links oder rechts vom weißen Designersofa steht? Ja, so wird mir am letzten Abend im Garten der Semiramis beim Sonnenuntergang und einem ruhigen Glas Wein klar, sieben Wochen Kirgisien können niemals so aufregend sein wie sieben Wochen lang ein halbes, ruhiges Stündchen abends auf einem Balkon glücklich zu genießen – im Wissen, welch pralles Leben sich gerade in der Nachbarwohnung abspielt und in welches ich gleich zurückkehren werde.
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32. Neununddreißig Grad und es wird noch heißer
M utter: »Verdammt. Ich habe da so ein Kribbeln im Hals. Ich hoffe, ich habe mich bei Sophie nicht angesteckt.«
Vater: »Ich habe die halbe Nacht gehustet. Ich hab mich sicher schon angesteckt.«
Mutter: »Ich mach mal eine heiße Zitrone mit Ingwer.«
Vater: »Danke. Lieb von dir. Tut mir bestimmt gut.«
Mutter: »???«
»Ich glaube, ich habe schon Fieber.« Vater greift sich theatralisch an die Stirn. »Fühl doch mal.« Auffordernder Blick auf die Mutter. Mutter greift Vater an die Stirn – kann aber nichts fühlen. Ihre Hand ist so heiß.
»Fühlt sich ganz normal an, wenn du mich fragst.«
»Mir geht’s ganz schlecht. Irgendwie so schwummerig. Ich muss sofort ins Bett. Kannst du bitte den Notarzt anrufen? Und die heiße Zitrone bitte gut mit Honig süßen.«
Vater schleppt sich ins Bett.
Mutter macht heiße Zitrone mit viiieeeel Honig.
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33. Schwarz auf weiß
D a mein Mann mehr Zeit hat als ich, liest er jeden Tag ausführlich die Zeitung.
Trauen Sie aber bitte diesem unschuldigen Satz nicht!
Ich könnte platzen vor Wut über die Tatsache, dass mein Mann »mehr Zeit« hat als ich und deshalb jeden Tag in Ruhe Zeitung lesen kann.
Natürlich hat mein Mann nur mehr Zeit als ich, weil ich in erster Linie für Erziehung, Organisation und Haushalt zuständig bin, während mein Mann in erster Linie nur eins macht: arbeiten.
In einer vor-kindlichen Phase meines Lebens war einmal die Rede von produktiver und re-produktiver Arbeit. Nächtelang debattierte ich mit Männern und Frauen darüber, wie ungerecht es doch sei, wenn Frauen die ganze re-produktive Arbeit übernähmen und dafür null Anerkennung ernteten. Die bewegten Männer, darunter auch meiner, pflichteten diesen Ansichten bei, schüttelten den Kopf über unverbesserliche Patriarchen und Machos und griffen schließlich jeden zweiten Tag zum Kochlöffel und alle drei Monate (!) zum Putzlappen. Doch solch emanzipatorische Ansätze und Bemühungen gingen offenbar irgendwo im Lauf der Zeit verloren … Irgendwo im Lauf der Zeit? Nein, ich weiß genau, wann und wo sie sich verabschiedeten: nach der Geburt meines ersten Kindes, auf dem Weg vom Kreißsaal nach Hause.
Ich rege mich
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