Alleinstehender Psychopath sucht Gleichgesinnte
nicht sonderlich erheiternd.
Mir erschien das Unterfangen, sich jede Einzelheit des Lebens des Kopfjägers einzuprägen, reine Zeitverschwendung. Ich meine, wenn der Entführer nicht wusste, wie der Kopfjäger aussah, woher sollte er dann seine Schuhgröße kennen? Ich wies auch darauf hin, aber mir wurde erneut zu verstehen gegeben, dass ich ein geschwätziger Vollidiot sei, was anscheinend nicht die beste Art von Idiot ist.
»Tag drei«, sprach Roger in seinen Minikassettenrekorder. »Die Moral sinkt stetig. Die Fernsehsendungen sind weiterhin mies, aber wir geben die Hoffnung nicht auf, dass zumindest der Empfang besser wird. Der Körpergeruch verschlimmert sich unvermindert.«
»Pack das weg«, forderte ich ihn auf.
»Andrew gebärdet sich unverändert wie ein Riesendepp«, dokumentierte er. »Für das Protokoll: Das ist keine neue Verhaltensweise, aber es kommt selten vor, dass ich die Qual seiner Gesellschaft drei Tage ertragen muss, ohne mich zwischenzeitlich davon erholen zu können.«
Roger hatte beschlossen, unser gesamtes Abenteuer zu dokumentieren. Da letztes Mal ich den großen Buchvertrag bekam, fand er, dass nun er an der Reihe wäre. Ich versuchte, ihm zu erklären, dass es kein Abenteuer geben würde, dass wir nur im Auto sitzen und nichts tun würden, doch er erwiderte darauf nur: »Ja, klar.« Was ich als etwas beunruhigend empfand, zumal ich dasselbe dachte.
Etwa eine Stunde später öffnete Thomas einen schwarzen Aktenkoffer. »Es ist an der Zeit aufzubrechen«, verkündete er und holte Handschellen hervor. Er legte sie sich selbst an und streckte uns die Arme entgegen. »Falls etwas nicht wie geplant verläuft, machen Sie Folgendes: Drehen Sie die Hände so in entgegengesetzter Richtung und ziehen Sie dann die Handgelenke so nach vorn.« Die Handschellen lösten sich und fielen zu Boden. »Verstanden?«
»Haben Sie die auch mit Plüschbezügen?«, fragte ich.
»Rosa, wenn möglich«, fügte Roger hinzu.
»Wissen Sie«, erwiderte Thomas, »früher haben mich die Gedankengänge von Leuten wie dem Kopfjäger erschreckt, aber nachdem ich Zeit mit Ihnen beiden verbracht habe, beginne ich allmählich, das Bedürfnis zu töten zu verstehen.«
»He, Thomas, das war ja ein Witz!«, rief ich. »Herzlichen Glückwunsch! Willkommen bei der Menschheit.«
»Das war
kein
Witz.«
* * *
Nachdem wir beide jeweils einen Übungsdurchlauf mit den Trickhandschellen absolviert hatten, was sich mit den Händen auf dem Rücken als gar nicht so einfach erwies, wurden Roger und ich getrennt voneinander hinaus zu Thomas’ Leihwagen geführt. Thomas drückte sich dicht an mich, da es für den Fall, dass wir vom Entführer beobachtet wurden, so aussehen musste, als versuche er, die Handschellen vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Für jeden anderen hätte es wahrscheinlich so gewirkt, als hätten wir
zu
viel Spaß mit den Handschellen, doch zum Glück erwies sich der Parkplatz als verwaist.
Roger und ich saßen auf dem Rücksitz und benahmen uns, während Thomas die halbe Meile zum Zielort fuhr. Ich hatte schon eine kleine Ewigkeit keinen Schnee mehr gesehen, doch er war ziemlich so, wie ich ihn in Erinnerung hatte – weiß –, und die Aufregung darüber verflog schnell. Thomas parkte vor einem großen, sechsstöckigen Sandsteinhaus, dem etliche Brocken fehlten.
Er drehte sich zu uns um. »Also gut, ich möchte mich jetzt bei Ihnen beiden entschuldigen, da ich die Situation nicht völlig korrekt dargestellt habe.«
Panisch begann ich, die Hände in den Trickhandschellen zu verrenken.
»Nein, das ist es nicht. Der Plan ist unverändert, nur werden Sie beide etwas mehr einbezogen. Nicht viel. Kaum der Rede wert. Es geht lediglich darum, dass die Begegnung in diesem abbruchreifen Gebäude stattfindet und Sie mitkommen müssen.«
»Sie Hundehaufen!«, brüllte ich.
Thomas runzelte die Stirn. »Haben Sie mich allen Ernstes gerade einen Hundehaufen genannt?«
»Tut mir leid. Ich habe einen Siebenjährigen. Aber ja, Sie sind ein verfluchter, mistiger Hundehaufen! Was soll das heißen, wir müssen mitkommen?«
»Wie ich schon sagte, ich entschuldige mich dafür. Ich hatte keine andere Wahl. Ihre Frau hätte sie nicht mitmachen lassen, wenn sie es gewusst hätte.«
»Meine Frau ist seit drei Tagen nicht dabei! Sie haben mir nicht einmal erlaubt, sie anzurufen.«
»Stimmt. Nun, Sie hätten vielleicht selbst entschieden, nicht mitzukommen. Ich verspreche Ihnen, die Gefahr ist minimal. So gut wie nicht
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