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Allem, was gestorben war

Allem, was gestorben war

Titel: Allem, was gestorben war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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hätten der Gesellschaft einen Dienst erwiesen, so was in der Art hatte er gesagt. Wide war roher, offener Menschenverachtung begegnet und es war nicht das erste Mal gewesen.
    »Wisst ihr nicht, auf welcher Seite ihr stehen sollt, ihr verdammten roten Socken?!«, hatte der Mann sie angeschrien. »Wir sind es, die das Land am Leben erhalten!«
    Wide war wie ein Mensch zweiter Klasse behandelt worden und das hatte ihm nicht gefallen. Vielleicht war er ein Mensch zweiter Klasse - oder der dritten Klasse, aber er besaß eine Form von Freiheit, und er war nicht sicher, ob er sie behalten würde, wenn die erste Klasse - die außerdem unbefleckt weiß war - mehr zu sagen bekam. Sie war auf dem besten Weg dorthin.
    Hoväs Södergatan Nummer 12. Er parkte. Vor dem zweistöckigen Wohnhaus stand kein Auto; Holz und Putz in Weiß und hellem Blau, ungleiche Giebel und eine Veranda mit Blick aufs Meer.
    Normalerweise standen mindestens zwei Autos vor den Häusern hier, auf breiten, gut gepflegten Auffahrten.
    Wide ging durch einen Garten, der eher einem Park glich, mit einem kleinen Birkenhain. Ihm gefiel das Rauschen der Bäume. Durch das Laub konnte er ein kleines Stück vom Wasser sehen, das intensive Blitzen der Sonne auf einer Oberfläche, die ständig in Bewegung war.
    Er streckte die Hand aus, um auf die verzierte Türklingel zu drücken. Ein Löwe - oder ein Tiger? Lea . bedeutete das nicht Löwin?
    Er hielt mitten in der Bewegung inne. Die Tür war angelehnt, sie bewegte sich kurz im Windzug, dann war alles ruhig.
    »Hallo? Ist da jemand?«
    Er nahm den bitteren Geruch von Gefahr wahr. Es war eine klassische Situation. War jemals jemand in so einer Situation auf dem Absatz umgekehrt und weggegangen?
    »Frau Laurelius? Lea Laurelius?«
    Er lauschte, hörte aber nichts weiter als das weiche Rascheln des Laubs an der Hauswand. Ein Sonnenstrahl in seinem Rücken fiel in den dunklen Vorraum. In dem Lichtstreifen sah er einen zerschlagenen Spiegel, ein Telefon auf dem Fußboden, zwei feingliedrige Stühle, die wie gestürzte Balletttänzer die Beine in die Luft reckten.
    Wide betrat den Vorraum und stieg über den kleinen Tisch, den jemand sehr übel behandelt hatte.
    Nach einer kleinen Weile hörte er aus dem Innern des Hauses ein schwaches Stöhnen. Vorsichtig durchquerte er den Vorraum und betrat ein sonnendurchflutetes Wohnzimmer.
    Das Zimmer war zerlegt worden, eine zielstrebige Zerstörung, wie bei einer Suche, die keine Rücksicht nahm. Die Gardinenstangen waren von den Fenstern gerissen und die Vorhänge lagen auf einem dunkelroten Sofa, wie ein Trauerflor.
    Die Frau lag im Arbeitszimmer im ersten Stock. Sie stöhnte wieder. Als Wide die Schwelle überschritt, hörte er ein kratzendes Geräusch von dem auf dem Boden liegenden Körper, das wie ein Räuspern klang.
    Sie hatte allen Grund gehabt, Angst zu haben.
    Teile eines Computers lagen in einem gezackten Kreis um die Frau verstreut. Blut war von ihrer Stirn auf die Tastatur geflossen. Die Buchstaben w, a, s, e und z hatten sich rot gefärbt. Wenn das eine neue Nachricht ist, dann ist sie wahrhaft kunstvoll gemacht, schoss es Wide durch den Kopf, als sich die Frau auf die Seite rollte und die Augen aufschlug.
    Er erkannte sie von einem Foto aus der Zeitung. Jetzt schien sie ein rotes Band um den Kopf zu haben, wie auf dem Weg zu einer Party im Stil der zwanziger Jahre.
    Er blieb an der Tür stehen.
    »Ich rufe einen Arzt.«
    Sie hatte die Augen wieder geschlossen.
    Er erinnerte sich an das Telefon auf dem Fußboden im Vorraum und wollte nach unten gehen. Sie rief ihm etwas nach, wieder dieses krächzende Geräusch, diesmal mit mehr Luft.
    »Bl. bleib.«
    Wide kehrte um, trat näher an sie heran. Die Augen . er war empfänglich für die Augen von Frauen . war es der Schleier von Schmerz, der sie so schön machte?
    Diese Augen sah er nicht zum ersten Mal. Langsam wurde es ihm klar, bahnte sich die Erinnerung ihren Weg. Es war viel Zeit vergangen. War es zwanzig Jahre her? Eine kurze Begegnung, aber offenbar ein langer Abschied.
    Mit dieser Frau war er an einem Strand entlanggewandert, und er erinnerte sich jetzt, dass sie am Wassersaum einen Stein aufgehoben und ihn zehn Meter weit ins Meer hinausgeschleudert hatte, und er hatte gesagt, dass es zehntausend Jahre dauern würde, ehe der Stein wieder an Land kommen würde. Sie hatte gelacht. Es war ihr letzter gemeinsamer Tag gewesen.

7
    Er hatte fünf Kilo zu viel drauf, trug die Haare anders, hielt sich anders . er

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