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Allem, was gestorben war

Allem, was gestorben war

Titel: Allem, was gestorben war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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. anstrengend, nicht gerade die Fragen und Antworten, aber die . körperliche Gegenwart. Wie wenn man dick angezogen an einem FKK-Strand herumwandert. Hatte Ard gewusst, wie es sein würde? Warum hatte Calle nichts gesagt? Er war doch gestern schon hier gewesen, hatte Fragen gestellt. Jetzt war er zwischen den entsetzlich hässlichen Türmen dort hinten verschwunden.
    Die Hitze wurde lästig. Sten Ard hatte gesagt, dass sie auch mit Leuten in der ehemaligen Fabrik reden sollten. Dort musste es schön kühl sein. Hier draußen war es nicht länger auszuhalten. Dieser Typ war ekelhaft - wie dick der mit seiner Arbeitslosigkeit auftrug! Natürlich war es tragisch, aber er übertrieb, umgab sein kleines Leben mit einer dicken Schicht Hoffnungslosigkeit.
    Lagergren fasste einen Entschluss und ging rasch unter der Sonne über die trockene Erde in den hundertjährigen Schatten der Fabrikmauern. Die Anweisungen hatte sie auf dem Block. Um das Hauptgebäude herum, schräg links über den Hof dahinter, bei einem Cafeschild ins Treppenhaus hinauf.
    Im ersten Stock ein kleines Schild aus Pappe, der Name nachlässig mit Bleistift hingekritzelt. Bewusst gewählter Stil? Lagergren schätzte die Anspruchslosigkeit. Im Treppenhaus roch es nach Staub, es erinnerte sie an die Schulräume ihrer Kindheit in den sechziger Jahren. Das letzte Jahr mit einem aufklappbaren Pult, genau so ein Geruch war das. Lagergren sah die Bücher fast vor sich. Wie ein Tagtraum war es. Was hatte doch einmal ein Mann auf der Polizeihochschule gesagt . etwas über Nostalgie als Zuflucht für Lebensfeiglinge. Ha! Lagergren fühlte sich gestärkt durch Nostalgie. Vielleicht würde es später im Leben schlimmer werden, wenn das meiste hinter ihr lag. Von drinnen dröhnte Musik. Es klang wie die Stones, vor meiner Zeit, manche nannten die Stones Nostalgie, aber selbst Keith Richards war ja merkwürdigerweise noch am Leben.
    Nachdem sie drei Minuten gegen die mächtige Tür gehämmert hatte, öffnete ihr eine Frau. Henna im Haar, Knubbelnase, blasse blaue Augen, dreißig und irgendwas, bequeme Schuhe, aber sehr eng sitzende Shorts, eine Art Kontrast zum Schuhwerk, eine kurze Bluse, die in der Taille geknotet war. Große Brüste. Sie war hübsch. Ringe an fast allen Fingern, nur kein Ehering. Sie sah Lagergren mit ruhiger Selbstsicherheit an wie jemand, der nicht immer das erste - oder letzte - Wort haben will.
    So etwas bewunderte Lagergren.
    »Sind Sie von der Galerie?«
    »Polizei.« Lagergren hielt ihren Ausweis hoch. »Darf ich hereinkommen und Ihnen ein paar Fragen stellen?«
    Die Frau machte eine einladende Handbewegung.
    »Kerstin . Johansson?« Die Polizeiassistentin warf noch einen Blick auf das Pappschild an der Tür und überschritt die grobe Schwelle.
    »Ja, einen aufregenderen Namen hab ich nicht zu bieten. Aber mit dem ist es fast exotisch, in dieser Welt zu arbeiten.«
    Der Raum duftete nach Wasser, Erde und Asche. Die Decke war hoch. Sie dachte an Werkräume in der Schule, Arbeitsbänke an zwei Wänden.
    Lagergren sah weiße Körperteile und Teile von Körperteilen über den Boden verstreut, Gipsformen, drei Köpfe starrten vom Aussichtsplatz in der hohen Fensternische über den Raum.
    »Vielleicht hat mich der langweilige Name dazu inspiriert, mich mit diesen Stückmorden zu beschäftigen. Wie sind Sie auf mich gekommen?«, fragte die Künstlerin verschmitzt.
    Lagergren spielte mit.
    »Die Angehörigen. Ihnen muss doch klar sein, dass die Leute sich Sorgen machen, wenn die Modelle nicht mehr heimkehren.«
    »Ich dachte, das sei ein bewusstes Opfer für die Kunst. Aber manchmal tut es mir Leid. Dann setze ich sie wieder zusammen.«
    Lagergren näherte sich einer fast vollständigen Skulptur von etwas, was einen Menschen darstellen könnte.
    »Die ist gut. Sie ... sind gut.«
    »Sagen Sie das den Galeristen. Und den Stipendienausschüssen. Oder geben Sie eine Verordnung heraus, die nur mir und meiner Kunst gilt.«
    »Nicht mal ich habe solchen Einfluss.«
    Kerstin Johansson zuckte mit den Schultern und zeigte auf eine kleine Bank aus Zink neben der Tür, einen Herd mit zwei Platten, einen Aluminiumtopf und eine Dose, die vielleicht Zwieback oder Kekse enthielt.
    »Möchten Sie Kaffee? Ich habe gerade welchen gekocht.«
    »Danke, gern.«
    Kerstin Johansson holte eine Thermoskanne, die aus demselben Jahr zu stammen schien, in dem die Stones den Song aufgenommen hatten, der durch den Raum dröhnte, Time is on my side, eine lange Reise in die

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