Allem, was gestorben war
nein, ich meine, ob Sie gehört haben, wie das mit den Geschäften abläuft.«
»Bodybuilder nehmen Steroide, das ist vollkommen klar.
Aber hier im Fitnesscenter ... Sie haben es ja selbst gesehen . bei uns sind nicht gerade die schweren Jungs.«
»Und die Jungs da draußen?«
Ard nickte zu den Jugendlichen von seinem Platz an der Tür. Er wusste, dass sie verstand, wen er meinte.
»Die vielleicht. Die sind lange nicht hier gewesen. Aber dicke Muskeln sagen nicht alles. Manchmal kann es genau das Gegenteil bedeuten: Die mit den dicken Muskeln können sauber sein. Für manche sind nicht die Muskeln wichtig, sondern der Kick der Droge. Die gibt einem das Gefühl von . Größenwahn.«
»Wie irgendein Rauschmittel.«
»Unter den Gewichthebern ohne andere Ambition, als Kicks zu kriegen, ist etwas üblich, das heißt B52, das ist eine Mischung aus Amphetamin und Steroiden.«
»Das klingt ja grässlich.«
»Früher oder später kommt es zu lebensgefährlichen Bauchlandungen.«
»Haben Sie darüber mal mit einem der jungen Gewichtheber gesprochen?«
»Na klar. Wir versuchen sie über die Gefahren aufzuklären, so gut es geht. Unsere Tätigkeit verträgt keinen schlechten Ruf. Wir leben ja davon . von richtigem Training, meine ich.«
Ard sah einen der Jugendlichen zwei merkwürdige Schilde von einem vertikalen Rahmen abheben. Es sah schwer aus.
»Gibt es etwas, womit man sie kriegen kann?«
»Das ist schwierig, aber etwas macht ihnen vielleicht doch Muffensausen.«
Ard kehrte an den Schreibtisch zurück.
»Dass sie das Risiko eingehen, verrückt zu werden? Oder einen Herzinfarkt zu bekommen?«
»Glauben Sie, so was kratzt Jugendliche? Wie viele junge Mädchen rauchen?«
»Okay. Was also?«
»Ein Fünfzehnjähriger hört tatsächlich zu, wenn man ihm erklärt, dass er vielleicht nie Vater werden kann.«
Bitt lächelte ein blasses Lächeln. »Steroide sind eine perfekte und dauerhafte Antibabypille für Männer. Steril for ever.«
21
Um zehn Uhr gab es nur noch Meer und Himmel. Er saß auf dem Sonnendeck, ein kaltes Bier in der Hand, er hatte die Flasche schon halb ausgetrunken. In einer einzigen Flasche Bier lauerte schon ein Rausch, jedenfalls eine Vorahnung davon. Wide merkte das immer, wenn er vormittags Alkohol trank.
Die Menschen suchten Schutz vor der Sonne bei der Bar am Achterdeck und setzten sich auf am Boden befestigte Stühle. Es sah aus, als wären sie alle von Genickstarre befallen, man konnte sich mit dem Stuhl nicht umdrehen, die Leute wurden zu Profilen. Er beobachtete ein Paar im Pensionsalter, das sich aus dem Mundwinkel miteinander unterhielt, Bier und dänischen Aquavit auf dem Tisch und Zigaretten, die sich langsam in der dünnen Luft auflösten.
Das Schiffsdeck leuchtete weiß und rot im blendenden Sonnenschein draußen über dem offenen Schutzraum. Sie begegneten einer Fähre, die auf dem Weg zurück nach Göteborg war. Das Wasser war ganz still, umso stärker schäumte die Bugwelle um das vorbeifahrende Schiff. Die Bewegung gefiel ihm. Zwei Knirpse hingen über der Reling. Eine junge Frau kam mit schnellen Schritten heran und hob sie herunter, er konnte ihr die ernste Ermahnung von den Lippen ablesen und den energischen Griff um kleine Arme sehen. Die Frau und die Jungen setzten sich auf eine Bank mitten an Deck. Nach zwei Minuten erhoben sie sich und gingen die Treppe hinunter.
Wide ließ das restliche Bier von der Sonne erwärmen. Er ging zur Reling und sah, wie sich die dänische Küstenlinie im diesigen Vormittagslicht herausschälte, als ob sich die Felsen langsam und unmerklich vom Himmel herabsenkten.
Vor fünfundvierzig Jahren hatte sein Vater diese Küsten verlassen und geschworen, nie mehr zurückzukehren. Er hatte den Schwur sein Leben lang gehalten, hatte aber eine letzte Reise zehn Jahre später gemacht, im Sarg, auf dem der fünfjährige Jonathan fast die ganze drei Stunden und zwanzig Minuten währende Reise über schwedisches und dänisches Gewässer gesessen hatte. Das Kind hatte zum ersten Mal die dänische Küstenlinie gesehen, und später, an schwarz gekleidete Menschen gedrückt, war es zum ersten Mal auf einem dänischen Friedhof gewesen.
Die »Stena Jutlandica« schlich in die südliche Einfahrt nach Valutaslangen. Den Namen hatte die kilometerlange Einfahrt in die Stadt Fredrikshavn lange gehabt. Hier strömten die Schweden durch, um Bier, Schweinefleisch und Rinderfilet zu kaufen.
Er ließ sich vom Strom zum Brotorveet treiben und ging dann weiter zur
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