Allen, Louise - Ballsaison in London (H218)
fiel ihr nicht leicht, doch sie hatte vor dem Spiegel geübt und war beinahe mit der Wirkung zufrieden. „Einkaufsorgie, Mylord.“ Achtsam schwenkte sie den Saum ihres neuesten Tageskleides zur Seite und ließ sich elegant auf das Sofa nieder. „Wollen Sie sich nicht setzen, Mylord?“
„Sicher.“ Er nahm auf dem Stuhl Platz, auf den sie gewiesen hatte, und schlug die Beine übereinander. Ein Fuß wippte auf und ab, die Finger waren zusammengelegt und berührten seine Lippen.
Talitha bemühte sich, nicht auf seinen Mund zu starren und betrachtete stattdessen seinen gestiefelten Fuß.
„Lobbs“, verkündete er hilfsbereit. „Ein sehr kleidsames Gewand.“
„Danke. Lady Parry hat einen exquisiten Geschmack. Ich bin ihr sehr dankbar für ihre Ratschläge.“
„Mylord“, fügte Nick hinzu. Erstaunt sah Tallie ihn an. „Sie haben vergessen, Mylord zu sagen. Bis dato haben Sie es fertig gebracht, es in jedem Satz einmal zu verwenden. Außerdem haben Sie vergessen, die Augenbraue hochzuziehen, obgleich ich das durchaus verstehen kann – es ist furchtbar anstrengend, bis man es einmal richtig kann.“
Talitha funkelte ihn an, dann aber gewann ihr Sinn für Humor die Oberhand und sie lachte laut. „Allerdings. Bei Ihnen hat es eine solche Wirkung, dass ich dachte, es müsste die Anstrengung wert sein, diese Nachdrücklichkeit zu erzielen. Wenn ich zu lange übe, bekomme ich allerdings Kopfschmerzen.“
„Was habe ich denn getan, was Nachdruck verdient?“, fragte er sanft.
„Nichts“, musste Talitha zugeben. „Ich habe nur geübt, Mylord.“
„Da geht es schon wieder los! Ich besitze einen absolut anständigen Namen, Tallie. Warum benutzt du ihn nicht?“
Tallie. Er hatte nicht nur ihren Vornamen benutzt, sondern sogar die Kurzform, mit der nur ihre Freunde sie ansprachen. Aus seinem Mund klang es nicht rein freundschaftlich. Sie gab sich einen Ruck und erwiderte fest: „Das wäre äußerst unangebracht.“
„Du nennst Lady Parry Tante Kate, du nennst meinen Cousin William. Ich habe schon einmal vorgeschlagen, dass du mich als Cousin ehrenhalber adoptieren könntest.“
Die Vorstellung, jemanden zu adoptieren, der so groß, so gebildet und so selbstsicher war wie Nicholas Stangate, grenzte ans Absurde. Insgeheim musste sie lächeln und sah ein ebenso amüsiertes Funkeln in seinen grauen Augen. „Also gut, Cousin Nicholas.“
„Vielen Dank, Cousine Talitha.“ Aha, jetzt war sie also Talitha. Sie kämpfte mit der Vorstellung, wie er Tallie flüsterte, während er … während er …
„Ich bin froh, dass ich dich zu Hause antreffe“, erklärte er und griff nach einem schmalen Ordner. „Die meisten der Makler befinden sich in der Stadt oder an Orten, wo ihr euch, also du und Miss Scott, auf keinen Fall ohne Begleitung sehen lassen könnt. Der Mann, der meine Geschäfte für mich tätigt, hat auf meine Veranlassung hin ein paar Objekte zusammengestellt, die den Anforderungen beider Vorhaben genügen sollten. Falls euch keines davon zusagt, wird er weitere finden. Inzwischen, falls du oder Miss Scott wünscht, euch etwas anzuschauen …“ Wütend sprang Talitha auf und er unterbrach sich. „Cousine Talitha?“ Er erhob sich ebenfalls.
„Wie hast du es herausgefunden? Wer hat uns nachgeschnüffelt? Oder hast du Zenna schamlos ausgefragt?“
„Miss Scott ist die Diskretion in Person“, erklärte er mit einer Stimme, die etwas zu beschwichtigend klang. „Ich würde nicht mal im Traum daran denken, sie hinter deinem Rücken schamlos auszufragen.“
„Aber mir Spione auf den Hals zu hetzen macht dir nichts aus – hinter meinem Rücken?“
„Nur, um dich zu beschützen“, erklärte er so vernünftig, dass sie ihn am liebsten geschlagen hätte. „Welches Objekt du auswählst, liegt ganz bei dir.“
„Nachdem du die Vorauswahl bereits getroffen hast“, erwiderte sie wütend. Aufgebracht lief sie auf dem edlen Perserteppich hin und her. Sie war doch sonst immer ganz ruhig, konnte ihre Gefühle gut im Zaum halten, war vollkommen selbstgenügsam – was machte er nur mit ihr?
„Cousine Talitha, junge Damen machen keine eigenen Geschäfte.“ Entspannt stand er da, die eine Hand auf der Lehne seine Stuhls, die Lider gesenkt, um das Glitzern zu verbergen, das sein Vergnügen an dem Anblick verraten würde, den sie bei ihrer Hin- und Herlauferei bot.
Sie blieb vor ihm stehen und funkelte ihn an. „Ich bin keine
Weitere Kostenlose Bücher