Aller guten Dinge sind vier
Das hier ist überhaupt nicht komisch.«
Ich kippte eine Ladung Bier und mahnte mich zur Ruhe. Gut, Sugar war vielleicht ein bißchen irre. Aber es könnte schlimmer sein. Wenn zum Beispiel der Fingerabhacker hinter mir her wäre. Das wäre wirklich beunruhigend.
Der
hatte schon jemanden umgebracht. Von Sugar wußten wir nicht mit Sicherheit, ob er ein Killer war. Wer Brände legte, mußte noch lang kein Killer sein. Also, totaler Quatsch, sich schon vorher aus der Ruhe bringen zu lassen.
Ranger stand plötzlich neben mir. »Yo«, sagte er.
»Gleichfalls.»
»Ist der Typ hier?«
»Anscheinend. Wir haben ihn aber noch nicht gesichtet.«
»Bist du bewaffnet?«
»Mit einer Bierflasche.«
Er lächelte breit. »Gut zu wissen, daß du alles im Griff hast.«
Ich machte Ranger und Sally miteinander bekannt.
»Hey, Mann!« sagte Sally und starrte Ranger mit aufgerissenen Augen an. »Wahnsinn!«
»Sagt mir mal, wen wir eigentlich suchen«, schlug Ranger vor.
Das wußten wir selbst nicht genau.
»Marilyn-Perücke, rotes Kleid mit kurzem Rock«, klärte uns der Barkeeper auf.
»Okay«, sagte Ranger. »Wir gehen jetzt durch den Saal und suchen den Kerl. Tut so, als wär ich nicht hier.«
»Hängst du dich wieder in den Wind?« fragte ich.
Ranger lachte. »Hey, du Klugscheißerin.«
Vorsichtig drängten wir uns nach hinten durch, wo die Leute tanzten. Frauen tanzten mit Frauen. Männer tanzten mit Männern. Und ein Mann und eine Frau um die Siebzig, die anscheinend von einem anderen Stern stammten und versehentlich auf der Erde gelandet waren, tanzten miteinander.
Zwei Männer hielten Sally an, um ihm mitzuteilen, daß Sugar ihn suchte.
»Danke«, sagte Sally aschfahl im Gesicht.
Zehn Minuten später hatten wir den ganzen Raum abgegrast und nichts gefunden.
»Ich brauch noch was zu trinken«, sagte Sally. »Ich brauch was zu rauchen.«
Mir fiel Mrs. Nowicki ein. Niemand überwachte sie. Ich konnte nur hoffen, daß sie bleiben würde, um ihren Arzttermin wahrzunehmen. Prioritäten, sagte ich mir. Als Tote hätte ich herzlich wenig von meinem Kopfgeld.
Sally machte sich zur Bar davon, und ich ging zur Damentoilette. Ich stieß die Tür mit der Aufschrift »Toiletten« auf und ging den kurzen Gang hinunter. Herrentoiletten auf der einen Seite. Damentoiletten auf der anderen Seite. Am Ende des Flures der Hinterausgang. Die Tür fiel hinter mir zu und dämpfte den Lärm von draußen.
In der Damentoilette war es kühl und noch ruhiger. Ich bekam kurz einen Schrecken, als ich sah, daß sie leer war. Ich schaute unter die drei Kabinentüren. Keine roten Schuhe Größe 42. Sei nicht albern, dachte ich bei mir. Sugar würde doch nicht in die Damentoilette gehen. Er war schließlich ein Mann. Ich trat in eine Kabine und schloß die Tür ab. Ich saß da und genoß die Stille, als draußen die Tür geöffnet wurde und jemand reinkam.
Plötzlich fiel mir auf, daß keines der üblichen Geräusche zu hören war. Die Schritte hatten angehalten, und nun war nichts mehr zu hören. Keine Handtasche wurde geöffnet. Kein Wasser wurde aufgedreht. Keine Kabinentür wurde geöffnet und geschlossen. Irgend jemand stand da mucksmäuschenstill draußen vor den Kabinen. Großartig. Mit dem Slip in den Kniekehlen auf dem Klo erwischt. Ein Alptraum.
Wahrscheinlich nur meine überreizte Phantasie. Ich holte tief Luft und versuchte, ruhig und regelmäßig zu atmen, aber ich schaffte es nicht, und das Herz hämmerte mir bis zum Hals. Im Geist sah ich meine Umhängetasche durch und stellte fest, daß die einzige wirkliche Waffe, die ich mithatte, mein Pfefferspray war.
Hohe Absätze klapperten draußen auf dem gefliesten Boden, und ein Paar Schuhe kam in Sicht. Rot.
Scheiße. Ich schlug mir mit der Hand auf den Mund, um nicht zu wimmern anzufangen. Jetzt war ich auf den Beinen. Und ich war voll bekleidet. Und mir war speiübel.
»Rauskommen«, sagte Sugar.
Ich griff nach meiner Tasche, die ich am Haken an der Tür aufgehängt hatte, aber ehe ich sie zu fassen bekam, sprengte es den Riegel, die Tür wurde aufgerissen, und meine Tasche flog mit ihr davon.
»Alles hab ich für ihn getan«, sagte Sugar mit tränenüberströmtem Gesicht. »Ich hab die Wohnung saubergehalten, ich hab ihm alles gekocht, was er gern ißt. Und es hat geklappt – bis Sie aufgekreuzt sind. Er hat mich gemocht. Ich weiß es. Sie haben alles verpfuscht. Jetzt hat er nur noch diese Kopfgeldjägerei im Sinn. Ich kann nachts nicht mehr schlafen. Die ganze Zeit
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