Aller guten Dinge sind vier
in Grenzen. Ich hatte nur den Wunsch, mich irgendwo niederzusetzen, wo’s still und nicht bedrohlich war, und die Plätzchen meiner Mutter zu essen.
»Ich muß mit Morelli reden«, sagte ich. »Die Kneipentour laß ich lieber, aber fahren Sie ruhig. Sie brauchen sich ja jetzt wegen Sugar keine Sorgen mehr zu machen.«
»Der arme kleine Kerl«, sagte Sally. »Im Grunde ist er kein schlechter Mensch.«
Das stimmte wahrscheinlich, aber im Moment fiel es mir sehr schwer, viel Anteilnahme für ihn aufzubringen. Er hatte mein Auto und meine Wohnung demoliert, und er hatte mich umbringen wollen. Und als wäre das nicht genug, hatte er auch noch mein Rangers-Trikot ruiniert. Vielleicht würde ich morgen, wenn ich meine gute Laune wiedergefunden hatte, großmütiger sein können. Im Augenblick neigte ich mehr zu Verdrossenheit.
An der Chambers Street bog ich ab und hielt wenig später vor Morellis Haus. Der Pick-up stand nicht mehr auf der Straße, die Ducati war nicht zu sehen. Unten im Haus brannte Licht. Ich nahm an, Morelli war von Sugars Festnahme informiert worden und hatte die Überwachung aufgehoben. Ich nahm meine Plätzchentüte und kroch aus dem Porsche.
Sally rutschte hinters Steuer. »Bis später, Kumpel«, sagte er und heizte ab.
»Bis später«, sagte ich, aber die Straße war schon leer.
Ich klopfte an die Fliegengittertür. »Yo!« rief ich laut, um den Fernseher zu übertönen.
Morelli machte mir auf. »Stimmt es, daß du im Altenheim einen Ringkampf aufgeführt hast?«
»Ah, du hast’s schon gehört.«
»Meine Mutter hat angerufen. Sie hat gesagt, Thelma Klapp hätte sie angerufen und erzählt, du hättest gerade eine hübsche Blondine windelweich geprügelt. Thelma meinte, du wärst doch schwanger, da solltest du dir solche Eskapaden nicht erlauben.«
»Die hübsche Blondine war keine Frau.«
»Was ist in der Tüte?« wollte Morelli wissen.
Für Plätzchen hatte Morelli einen Riecher. Ich nahm mir eines und reichte ihm den Rest. »Ich muß mir dir reden.«
Morelli machte es sich auf dem Sofa bequem. »Ich höre.«
»Es geht um Francine Nowicki, Maxines Mutter…«
Morelli richtete sich auf. »Ich bin voll da. Was ist mit Francine Nowicki?«
»Sie hat wieder einen falschen Zwanziger unter die Leute gebracht. Und von meinem Informanten hab ich gehört, daß sie einen ganzen Packen bei sich hatte.«
»Ach, deshalb warst du so scharf drauf, sie zu überwachen. Du glaubst, daß sie in diese Falschgeldgeschichte verwickelt ist und demnächst abhaut – zusammen mit Maxine.«
»Ich hab das düstere Gefühl, daß Maxine schon weg ist.«
»Wieso interessiert dich die Geschichte noch, wenn du glaubst, daß sie weg ist?«
Ich nahm mir noch ein Plätzchen. »Ich weiß es ja nicht mit Sicherheit. Und vielleicht ist sie nicht so weit weg, daß ich sie nicht doch noch aufstöbern kann.«
»Besonders wenn ihre Mutter oder ihre Freundin sie verpfeifen.«
Ich nickte. »Das ist immer eine Möglichkeit. Also, wie schaut’s aus, kann ich deinen Pick-up nehmen?«
»Wenn sie morgen früh noch da ist, laß ich einen Überwachungswagen abstellen.«
»Sie hat um drei einen Arzttermin.«
»Was hat dich plötzlich bewogen, mich einzuweihen?«
Ich drückte mich tiefer ins Sofa. »Ich hab keinen Bock mehr auf diesen Job. Ich hab nicht die nötige Ausrüstung. Außerdem bin ich hundemüde. Ich hab gestern nacht kaum geschlafen, und der Tag heute war ein einziger Alptraum. Dieser Kerl hat mich heut abend mit Kugeln bombardiert, und dann hat er mich mit einem Messer in der Hand durch die Gegend gehetzt. So was vertrag ich einfach nicht!« Ich wollte mein Plätzchen essen, aber meine Hand zitterte so heftig, daß ich Mühe hatte, es zum Mund zu führen. »Schau mich doch mal an. Ich bin nur noch ein Wrack.«
»Adrenalinüberschuß«, konstatierte Morelli. »Sobald das nachläßt, schläfst du wie eine Tote.«
»Sag so was nicht.«
»Ach was, morgen geht’s dir wieder besser, du wirst schon sehen.«
»Kann schon sein. Im Augenblick wünsch ich mir nur, daß du mir hilfst. Ich hätte früher mit dir reden sollen.«
Morelli stand auf. »Ich hol mir ein Glas Milch. Willst du auch eines?«
»Gern.«
Ich streckte mich auf dem Sofa aus. Das, was er über den Adrenalinüberschuß gesagt hatte, war richtig gewesen. Ich hatte jetzt aufgehört zu zittern und fühlte mich nur noch erschöpft.
Einen Moment lang war ich verwirrt, als ich die Augen öffnete. Dann erkannte ich, daß ich auf Morellis Sofa
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