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Aller guten Dinge sind vier

Aller guten Dinge sind vier

Titel: Aller guten Dinge sind vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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wohnte in einem Hochhaus aus Beton und schwarzem Glas mit Blick auf den Fluß. Die Grünanlagen waren dürftig, aber gut gepflegt. Das Foyer war frisch gestrichen und mit einem Teppich in Mauve- und Grautönen ausgelegt. Kaum ein Nonkonformistenparadies. Und bestimmt auch nicht billig.
    Ich fuhr mit dem Aufzug in den achten Stock hinauf und läutete bei Sweet. Was mir aufmachte, war entweder eine sehr häßliche Frau oder ein sehr schwuler Typ.
    »Sie sind sicher Stephanie.«
    Ich nickte.
    »Ich bin Sally Sweet. Tante Lorraine hat mich angerufen und mir erzählt, daß Sie ein Problem haben.«
    Er hatte eine knallenge schwarze Lederhose an, an den Seiten vom Knöchel bis zur Taille mit Lederbändern geschnürt, zwischen denen bleiche weiße Haut hindurchschimmerte. Dazu trug er eine schwarze Lederweste, die sich formvollendet um zwei herrliche spitze Brüste schmiegte, um die Madonna ihn beneidet hätte. In seinen schwarzen Plateauschuhen maß er an die zwei Meter. Er hatte eine große Hakennase, einen mit roten Rosen tätowierten Bizeps, und – dem Herrn sei Dank – er hatte keinen Brilli in der Zunge. Er trug eine blonde Farrah-Fawcett-Perücke, künstliche Wimpern und rostroten Lippenstift mit Glanz. Seine Nägel waren passend zum Lippenstift lackiert.
    »Vielleicht komme ich lieber ein andermal wieder«, sagte ich.
    »Unsinn! Kommen Sie rein.«
    Ich wußte nicht, was sagen oder wohin schauen. Um ehrlich zu sein, er war faszinierend. Schaurig schön wie ein Gruselfilm. Er sah an sich hinunter. »Sie wundern sich wahrscheinlich über meine Aufmachung.«
    »Sie ist toll.«
    »Ja, die Weste habe ich mir extra anfertigen lassen. Ich bin erster Gitarrist bei den Lovelies. Und eins kann ich Ihnen sagen, als Gitarrist kann man die Nagelpflege vergessen, wenn man übers Wochenende spielen muß. Wenn ich gewußt hätte, wie’s bei mir mal laufen würde, hätte ich Schlagzeug gelernt.«
    »Aber Sie scheinen Erfolg zu haben.«
    »Das können Sie zweimal sagen. Vor zwei Jahren war ich noch stinknormal, da hab ich für die Howling Dogs gespielt. Haben Sie schon mal von den Howling Dogs gehört?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Kein beschissenes Schwein hat je von den Howling Dogs gehört. Ich hab in einem beschissenen Pappkarton in einem beschissenen Hof hinter Romanos Pizza gehaust. Ich hab Punk, Funk, Grunge und Rhythm and Blues gemacht. Ich hab mit den Funky Butts, den Pitts, den Beggar Boys und den Howling Dogs gespielt. Bei den Howling Dogs war ich am längsten. War ne beschissene Zeit, das kann ich Ihnen sagen. Dauernd diese beschissenen Songs über gebrochene Herzen und die rote Abendsonne. Und dann mußte ich mich noch anhosen wie son beschissener Westernheld. Ich mein, was bleibt einem noch an Selbstachtung, wenn man sich in einem Cowboyhut auf die Bühne stellen muß?«
    Ich war ziemlich gut im Umgang mit Kraftausdrücken, aber mit Sally konnte ich es nicht aufnehmen. Selbst an meinem besten Tag hätte ich nicht so viele ›beschissen‹ in einen kurzen Vortrag quetschen können. »Mann, das Fluchen haben Sie echt drauf«, sagte ich.
    »Als Musiker muß man fluchen können.«
    Ich wußte, daß das stimmte, ich schaute mir nämlich manchmal Rocksendungen auf MTV an. Mein Blick flog zu seinem Haar. »Und jetzt tragen Sie eine Farrah-Fawcett-Perücke. Ist das nicht nur eine andere Form von Cowboyhut?«
    »Stimmt, aber gleichzeitig ist es ein Statement, verstehen Sie. Es ist politisch korrekt. Der sensible Mann auf die Spitze getrieben. Man läßt seine weibliche Seite raus. Und hier sehen Sie meine vor sich.«
    »Ah, ja.«
    »Und außerdem mach ich ein Schweinegeld. Diesmal bin ich auf den richtigen Zug aufgesprungen. Das ist das Jahr der Transvestiten. Wir überrollen alles.« Er nahm mir den Brief aus der Hand und sah ihn sich an. »Ich bin nicht nur über zwei Jahre für jedes Wochenende ausgebucht … Sie stopfen mir sogar Geld in die Hosen. Ich hab so viel Geld, daß ich nicht weiß, was ich damit anfangen soll.«
    »Da sind Sie wahrscheinlich froh, daß Sie schwul sind.«
    »Na ja, ganz unter uns gesagt, ich bin gar nicht schwul.«
    »Sie sind ein Transvestit.«
    »Richtig. So was in der Richtung. Ich mein, ich hätt nichts dagegen, wenn ich ein bißchen schwul wär. Wissen Sie, ich könnt bestimmt mit nem Kerl tanzen, aber an meinen Allerwertesten laß ich keinen ran.«
    Ich nickte. So sah ich das auch.
    Er nahm einen Stift von einem Tisch im Flur und kritzelte was auf den Brief. »Lorraine hat

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