Aller guten Dinge sind vier
Wohnung. Irgend jemand hat sie völlig auseinandergenommen.«
Wieder dieser leere Blick. »Damit hab ich nichts zu tun.«
»Ich glaube, daß da jemand was gesucht hat. Wäre es möglich, daß Maxine Drogen in ihrer Wohnung hatte?«
Er zuckte die Achseln. »Bei Maxine ist alles möglich. Ich hab’s Ihnen schon gesagt, die ist total durchgeknallt.«
Es war gut, zu wissen, daß Maxine noch in der Gegend war, aber abgesehen davon konnte ein Brief, den ich nicht lesen konnte, mich nicht in Euphorie versetzen. Und auf keinen Fall wollte ich weitere Einzelheiten über Kuntz’ Sexualleben hören.
Er legte mir einen Arm um die Schultern und drückte sich an mich. »Ich werd ehrlich sein mit Ihnen, Süße. Ich will diese Briefe zurück haben. Es würde sich für Sie lohnen. Sie verstehen, was ich meine? Sie arbeiten zwar für diesen Kautionsmenschen, aber das heißt doch noch lange nicht, daß Sie nicht auch für mich arbeiten können, richtig? Ich würde gut zahlen. Sie bräuchten nichts weiter zu tun, als mich mit Maxine reden zu lassen, ehe Sie sie den Bullen übergeben.«
»Manche Leute würden das als doppeltes Spiel bezeichnen.«
»Tausend Dollar«, sagte Kuntz. »Das ist mein letztes Angebot. Überlegen Sie es sich.«
»Abgemacht.«
Okay, ich bin käuflich. Aber wenigstens bin ich nicht billig. Und außerdem diente es ja einem guten Zweck. Mir war Eddie Kuntz zwar nicht sonderlich sympathisch, aber seine Sorge wegen peinlicher Liebesbriefe konnte ich nachvollziehen, ich hatte selbst einige geschrieben. Sie waren an meinen Ex-Mann, diesen alten Schleimer, gerichtet gewesen, und ich würde tausend Dollar nicht als verschwendet ansehen, wenn ich sie dafür zurückbekäme.
»Ich brauch den Brief«, sagte ich zu ihm.
Er gab ihn mir und puffte mich in die Schulter. »Packen Sie’s an.«
In dem Brief stand, der erste Hinweis fände sich ›in dem großen roten‹. Ich sah mir das bunte Allerlei von Buchstaben an, das folgte, und konnte kein Muster erkennen. Ein Wunder war das nicht, da mir das Rätselchromosom fehlte, ich bekam nicht einmal Kinderrätsel raus. Zum Glück wohnte ich in einem Haus voller Senioren, die den ganzen Tag rumsaßen und Kreuzworträtsel lösten. Und das hier war ja so was Ähnliches.
Zuerst ging ich zu Mr. Kleinschmidt in die Wohnung 315.
»Hoho«, sagte Mr. Kleinschmidt, als er aufmachte. »Wenn das nicht unsere unerschrockene Kopfgeldjägerin ist! Haben Sie heute schon ein paar Ganoven gefangen?«
»Noch nicht, aber ich arbeite daran.« Ich reichte ihm Maxine Nowickis Schreiben. »Können Sie das auseinanderklamüsern?«
Mr. Kleinschmidt schüttelte den Kopf. »Ich beschäftige mich mit Kreuzworträtseln. Das ist ein Buchstabenrätsel. Da müssen Sie Lorraine Klausner im Erdgeschoß fragen, die ist für so was Spezialistin.«
»Heutzutage ist jeder ein Spezialist.«
»Wenn Micky Maus fliegen könnte, wäre sie Donald Duck.«
Ich war mir nicht ganz sicher, was er damit meinte, aber ich dankte ihm trotzdem und stiefelte die zwei Treppen runter ins Erdgeschoß. Gerade wollte ich bei Lorraine läuten, da öffnete sich die Tür.
»Sol Kleinschmidt hat mich schon angerufen und mir von Ihrer verschlüsselten Botschaft erzählt«, sagte Lorraine. »Kommen Sie rein. Ich habe auch ein paar Plätzchen da.«
Ich setzte mich Lorraine gegenüber an den Küchentisch und wartete, während sie das Buchstabenpotpourri studierte.
»Ein richtiges Buchstabenrätsel ist das nicht«, bemerkte sie, ganz auf den Brief konzentriert. »Ich weiß nicht, wie ich das lösen soll. Ich mach nur die klassischen Buchstabenrätsel.« Sie tippte mit dem Finger auf den Tisch. »Aber ich weiß jemanden, der Ihnen vielleicht helfen kann. Nur –«
»Nur?«
»Mein Neffe Salvatore hat ein besonderes Talent für solche Geschichten. Schon als ganz kleiner Junge konnte er alle möglichen Rätsel lösen. Eine dieser seltenen Begabungen.«
Ich sah sie erwartungsvoll an.
»Er kann nur manchmal ziemlich sonderbar sein. Ich glaube, er macht gerade so eine nonkonformistische Phase durch.«
Ich hoffte, er hätte keinen Brilli in der Zunge. Wenn ich mit Leuten mit Brillis in der Zunge redete, mußte ich mich immer fürchterlich zusammenreißen, um nicht unartikulierte Tierlaute von mir zu geben. »Wo wohnt er?«
Sie schrieb mir die Adresse auf die Rückseite des Briefs. »Er ist Musiker und arbeitet meistens abends. Er müßte also jetzt zu Hause sein, aber vielleicht ruf ich am besten vorher an.«
Salvatore Sweet
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