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Aller Heiligen Fluch

Aller Heiligen Fluch

Titel: Aller Heiligen Fluch
Autoren: Elly Griffiths
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Newmarket Arms gewesen. Nachdem Tamsin nicht auftauchte, hat sie überraschend Gesellschaft von Trace bekommen, die wahrscheinlich immer noch sauer war, weil Clough sie versetzt hat. Judy dachte an das schäbige kleine Pub zurück, mit seinen hellen Lichtern und der lauten Musik, wie ein Leuchtturm im dunklen Wald. Es fiel ihr schwer, sich Caroline und Trace am Mikro vorzustellen, wie sie
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grölen. Oder vielleicht auch nicht. Randolph war in einem «Privatclub» in King’s Lynn. Zeugen? Offenbar zahllose.
    Als Judy ins Revier zurückkam, musste sie mit leichtem Unmut feststellen, dass in dieser Nacht nicht nur die Operation Oktopus für Aufsehen gesorgt hat. Gegen ein Uhr war in der Zentrale ein Anruf eingegangen, der meldete, an der University of North Norfolk sei ein verdächtiges Päckchen aufgetaucht. Sofort wurde eine Spezialeinheit entsandt, doch vor Ort fand man keine Bombe, sondern eine Giftschlange in einem gefütterten Umschlag. Wer schickte denn eine Schlange an eine Universität (adressiert war das Päckchen an jemanden aus dem Fachbereich Naturwissenschaft)? Irgendwelche militanten Tierschützer, meinte Tom Henty lakonisch, das sei alles schon da gewesen. Und Judy stellte fest, dass sie wirklich zu gern wüsste, was Romilly Smith gegen ein Uhr früh getrieben hat.
    Schließlich gab Judy ihren Bericht ab, unter geflissentlicher Aussparung bestimmter Aspekte, beispielsweise ihrer eigenen Fehleinschätzung, allein zum Rennstall zu fahren. Dafür betonte sie umso mehr, dass Clough sie gerettet hat. Whitcliffe versuchte immer wieder, Clough nach Hause zu schicken, damit er sich ausruht, doch er blieb eisern da, hinkte wie Long John Silver umher und verdrückte ein riesiges McDonald’s-Frühstück. «Da könnte eine Belobigung rausspringen», hat ihm Whitcliffe in Aussicht gestellt. Clough grinste Judy an und wischte sich Ketchup vom Kinn. Typisch. Sie löste den Fall, und Clough heimste die Lorbeeren ein.
    Seit einigen Stunden durchkämmt die Spurensicherung den Rennstall Slaughter Hill und hat bereits so viele Drogen gefunden, «dass man die Queen Elizabeth  2 drauf schwimmen lassen könnte», wobei Judy nicht ganz begreift, wozu man ein Kreuzfahrtschiff auf lupenreinem kolumbianischem Kokain schwimmen lassen soll. Das Rauschgiftdezernat vermutet, dass das Koks über Dubai gekommen ist. Vermutlich waren immer, wenn eine Ladung Pferde aus dem Nahen Osten eingeflogen wurde, ein oder zwei davon mit Drogen bestückt. Judy fragt sich, wie viele Stallburschen da wohl mit drinhingen. Sie denkt an Billys ängstlichen Blick zurück, an die betonte Nonchalance der Jockeys. Eigentlich müssen etliche von ihnen eingeweiht gewesen sein, so regelmäßig, wie die «Packesel» zusammenbrachen. Sie ist allerdings überzeugt, dass Randolph und Caroline nicht die geringste Ahnung hatten. Randolph konsumiert zwar hin und wieder Drogen, doch der eigentliche Profi war Tamsin. Nelson hat ihr von der geheimnisvollen «Lady» erzählt, die der Pastor im Museum getroffen haben will. Ob das Tamsin war? Vielleicht haben im Museum, das einsam und praktisch unsichtbar in seiner unspektakulären Seitenstraße liegt, mehrere solcher Treffen stattgefunden. Neil Topham, der diesem kostspieligen Laster ebenfalls frönte, war vermutlich eingeweiht. Und Danforth Smith, der seine Pferde angeblich so liebte und kannte? Wusste er davon?
    Tanya Fuller hat Randolph verhört und Judy ein «Boah!» gesimst. Treffend formuliert, findet Judy und denkt daran, wie Randolph in seinem weißen Hemd in die Nacht geritten ist. Der Räuber.
Den Dreispitz in der Stirn, die Rüsche bis zum Kinn.
Wenn sie noch die Kraft dazu hätte, wäre sie selbst scharf auf ihn.
    Gegen halb zehn ist Judy endlich mit allem fertig und gerade dabei, Nelsons Büro aufzuräumen, da steckt Clough den Kopf zur Tür herein. Sie registriert, dass er immer noch kaut.
    «Michelle hat gerade angerufen. Dem Boss geht’s besser.»
    «Wirklich?»
    «Ja. Gegen drei Uhr früh ist er wohl zu Bewusstsein gekommen. Die Ärzte sagen, er wird wieder.»
    Um drei Uhr früh, denkt Judy. Eine halbe Stunde nachdem Randolph sich bereiterklärt hat, die Schädel an das Land ihrer Herkunft zurückzugeben. Nicht, dass sie an diesen ganzen Unsinn glauben würde.
    «Fährst du jetzt endlich heim?», fragt sie.
    «Ja. Ich brauche schließlich meinen Schönheitsschlaf.»
    Judy spart sich die offensichtliche Antwort. Sie erwähnt auch nicht, dass Clough inzwischen auf dem falschen Bein humpelt.
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