Alles auf Anfang Marie - Roman
geregelt ist.«
»Ich glaube, das sehen nicht alle Leute so«, warf Astrid ein. »Und wenn wir ehrlich sind, wussten wir doch damals auch nicht so genau, was uns erwartet, oder?«
»Was meinst du damit, damals?«, wollte Lena wissen.
»Als wir geheiratet haben. Manchmal denke ich, wir haben einfach nur unverschämtes Glück gehabt, dass esso gekommen ist, wie es jetzt ist. Wir könnten doch auch geschieden sein oder kinderlos wie Bernhard und Angelika. Letzte Woche stand der Konkurs von dieser Firma Sassnitz in der Zeitung. Bruno kennt den Inhaber. Der hat dabei sein letztes Hemd verloren.«
»Aber der ist doch bestimmt irgendwie abgesichert, oder?«, fragte Lena unruhig. »Ich meine, auf so was muss man doch vorbereitet sein.«
Astrid sah sie skeptisch an. »Ist dein Mann darauf vorbereitet, dass es vielleicht mal mit der Apotheke schiefgeht?«
»Die Apotheke läuft gut!«, sagte Lena erschrocken. »Gerade jetzt, wo er den Bereich Naturkosmetik noch weiter ausgebaut hat.«
»Schön für euch«, sagte Astrid. »Aber das meinte ich nicht. Es könnte doch trotzdem mal was passieren. Seid ihr darauf vorbereitet?«
»Ich weiß nicht«, sagte Lena verunsichert und wand sich etwas auf ihrem Gartensessel.
Hilde hatte keine Lust auf solche ernsten Themen. »Sag mal, bei dieser Naturkosmetik, habt ihr da auch was zur Fußpflege?«
Jetzt war Lena wieder auf sichererem Terrain. »Natürlich! Da gibt es sogar was ganz Tolles gegen diese trockene Hornhaut an den Fersen, aus einem Extrakt von skandinavischen Moosflechten …«
Ich ließ meinen Blick über Hildes makellosen Garten schweifen, mit seinen an strategischen Stellen gepflanzten Gehölzen und dem exakt geschnittenen Rasen. Garantiert hatte sie dafür gesorgt, dass die Landschaftsgärtner gestern noch mal alles in Ordnung gebracht hatten, bevor wir zu Besuch kamen. Auf dem Tisch stand noch das Kaffeegeschirr mit der Signatur eines namhaften Designers, und wir trugen letztlich mit unseren noblen Boutiqueklamottenzur Schau, dass unsere Männer es geschafft hatten und ordentlich viel Geld verdienten.
Astrids Frage hatte mich mal wieder zum Nachdenken gebracht. Man kann sich gegen vieles versichern, aber auf jeden Schicksalsschlag vorbereiten – das geht sicher nicht. Wir waren einfach welche von den Privilegierten, die bisher davon verschont geblieben waren. Und wir konnten nur hoffen, dass das auch so blieb.
So plauderten wir weiter über Fußpflege und Friseure und die kommende Expressionismus-Ausstellung in Köln, zu der Hilde unbedingt hinfahren wollte, bis um kurz nach sieben Peter nach Hause kam.
»Welch Glanz in unserer Hütte«, sagte er jovial und begrüßte uns mit dem üblichen Küsschen rechts und Küsschen links, erst Lena, dann Astrid und schließlich mich, bevor er sich auf einen freien Sessel fallen ließ.
»Ich glaube aber, ich muss jetzt mal zu Hause glänzen«, meinte Lena mit einem Blick auf die Uhr. »Martin und ich wollten heute noch eine Runde um die Sperre laufen.«
»Da schließe ich mich gleich an«, sagte Astrid. »Auf mich wartet unter anderem noch ein Korb Bügelwäsche. Und der Student kommt am Wochenende nach Hause. Insofern wird es für mich Zeit.«
»Na, das werde ich mal nicht persönlich nehmen«, lachte Peter und warf einen Blick erst auf den Tisch, dann auf seine Frau. »Hast du für mich denn auch was Leckeres, Moppi?«
»Im Kühlschrank ist noch Lachspastete«, sagte sie ohne sonderliche Begeisterung. »Ich könnte für uns ein paar Schnittchen machen.«
»Das klingt doch wunderbar«, sagte er und sah mich an. »Und es passt hervorragend zu jeder Art von Schaumwein. Wie wär’s, Marie? Du hast doch sicher noch Zeit?«
Natürlich lehnte ich ab. Ich hatte zwar keine dringende Verpflichtung, aber auch keine Lust, die traute Zweisamkeit von Peter und Hilde zu stören.
Hilde begleitete uns zur Haustür. Noch einmal musterte sie kritisch meinen Hosenanzug. »Wenn man genau hinsieht, dann wird klar, dass er nicht von Calvin Klein ist«, sagte sie. »Ich hoffe, du hast kein Vermögen dafür bezahlt.«
»Das hätte Henning zu verhindern gewusst«, versicherte ich ihr. Aber etwas überrascht war ich schon.
»Diese puristische Linienführung«, erklärte sie mir, »das kann nur Calvin Klein. Jil Sander vielleicht noch. Aber ein anderer kriegt das einfach nicht hin.«
»Wenn du meinst«, murmelte ich und ließ mich von ihr zum Abschied umarmen. Noch während ich zum Auto ging, rätselte ich über die Absicht dieses
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