Alles auf Anfang Marie - Roman
war mir auch die hochmoderne Maschine nicht aufgefallen, die dort zwischen einem Pappkarton und einem Stapel aus Schulbüchern, Heften und Zeitschriften stand.
Es dauerte eine Weile, bis ich die dazugehörigen Pads in einer Schublade gefunden, die Maschine verstanden und ordnungsgemäß mit Wasser befüllt hatte. Darüber kam Gonzalez zurück. Da wir nicht über konkrete Mengen gesprochen hatten, hatte er so viele Brötchen gekauft, wie er für fünf Euro kriegen konnte. Er warf die beiden großen Tüten auf den Tisch, so dass das Besteck klappernd zur Seite flog. Ich nahm eine davon wieder weg und transportierte sie Richtung Küche.
»Sag mal deiner Schwester Bescheid«, befahl ihm seine Mutter, und er machte zwei Schritte in Richtung Tür und brüllte: »Nuala! Komm essen!«
Es tat sich nichts. Gonzalez hielt seine Aufgabe trotzdem für erledigt und wollte sich vor den niedrigen Couchtisch knien, aber ich fand, dass sie doch besser auch dabei sein sollte. »Rufst du sie noch mal?«, forderte ich ihn auf.
Murrend machte er sich auf den Weg, während ich versuchte, der Kaffeemaschine eine Tasse Milchkaffee abzuringen. Aus dem hinteren Raum hörte ich die typische Geräuschkulisse eines Bruders, der wenig einfühlsam seine kleine Schwester weckt, anschließend lautes Geheule. Gonzalez kam augenrollend zurück. »Sie hat schon wieder ins Bett gepinkelt!«, verkündete er.
Frau Nowakowski seufzte. »Das hat mir gerade noch gefehlt!«, sagte sie und brüllte dann: »Nuala! Hör aufzu weinen, das ist nicht so schlimm! Zieh dir was an und komm her!«
Inzwischen hatte der Automat den Kaffee ausgespuckt. Ich stellte ihr die Tasse hin und sagte: »Wenn Sie mir sagen, wo Sie frische Bettwäsche haben, dann mache ich das eben.«
Sie überlegte eine Weile und meinte dann: »Ich glaube, oben im Kleiderschrank auf der linken Seite ist noch welche.« Ihre Stimme klang zum ersten Mal besorgt. »Schimpfen Sie nicht mit ihr. Sie schämt sich sowieso schon so.«
»Ich hatte nicht vor zu schimpfen«, sagte ich. Schließlich wusste ich auch, dass Kinder nicht aus Übermut ins Bett machen.
Das hübsche kleine Mädchen kam mir mit gesenktem Kopf entgegen. »Dein Bruder hat Brötchen geholt«, sagte ich zu ihr. »Geh mal frühstücken.«
Das Chaos in dem Zimmer, das ich jetzt betrat, übertraf die schon beträchtliche Unordnung im Hauptraum bei weitem. Allerdings war es sicher auch schwierig, hier Ordnung zu halten, denn mit einem Stockbett, einer weiteren Matratze auf der Erde und einem Kleiderschrank war schon der größte Teil des Raumes ausgefüllt.
Dieser Kleiderschrank war ein Abenteuer für sich. Er sah aus, als würde er nur noch durch die unzähligen Aufkleber zusammengehalten, die ihn außen zierten. Alle Fächer waren vollgestopft mit Textilien: ein wildes Durcheinander von Jeans, Pullovern, T-Shirts und Unterwäsche. Ich fragte mich, wie die Kinder ihre Sachen unterscheiden konnten. Aber vielleicht gruben sie einfach so lange, bis sie etwas Brauchbares gefunden hatten, und hielten sich mit Größen oder Besitzverhältnissen nicht auf.
Im obersten Fach entdeckte ich tatsächlich etwas, das wie ein Bettbezug aussah. Ich fand sogar einen dazupassenden Kopfkissenbezug, aber leider kein Laken. Bei näherem Hinsehen stellte sich das Matratzenlager als Nualas Bett heraus, denn dort zeugte ein großer feuchter Fleck von ihrem Missgeschick. Immerhin war ihre Mutter so vorausschauend gewesen, die Matratze mit einer Gummiauflage zu versehen, so dass das Pipi nicht durchgesickert war.
Auch wenn die anderen beiden Betten trocken geblieben waren, so hatten sie doch auch einen Austausch nötig. Obwohl ich keine weitere Wäsche fand, beschloss ich, das in einem Rutsch zu machen. Vermutlich hatte Frau Nowakowski ihre Bestände woanders, weil in diesem Raum so wenig Platz war. Ich entfernte die alte Bettwäsche und bündelte sie, bezog schon mal Nualas Kissen und Decke neu und kehrte in den Hauptraum zurück, wo die Familie sich gerade über ihre Brötchen hermachte, dass die Krümel nur so flogen.
»Frau Nowakowski«, sagte ich, »wo haben Sie denn Ihre restliche Bettwäsche? Ich habe jetzt mal alles abgezogen und wollte es in die Waschmaschine stecken.«
Jetzt sah sie reichlich bestürzt aus. »Die ist nicht sauber«, erklärte sie mir. »Die Waschmaschine geht im Moment nicht.«
Mir wurde etwas flau. Wie wollte sie denn zurechtkommen, wenn sie nicht waschen konnte? Schließlich hatte ich ja schon mitbekommen, dass sie wegen des
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