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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schroeder
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diesen Deckenventilatoren im Schlafzimmer, die sie immer in Amerika haben. Aber Peter will davon nichts hören. Er sagt, das sähe schrecklich aus.«
    »Vermutlich hilft es auch nicht viel«, meinte Astrid. »Hitzewellen kommen ja von innen.«
    »Irgendwie schrecklich, findet ihr nicht?«, meinte Lena. »Ich meine, dass man so den Veränderungen seines Körpers ausgeliefert ist. Ich finde ja diese Gefühlsschwankungen noch schlimmer. Vor allem, weil man oft erst mal gar nicht merkt, dass man sie hat.«
    Astrid nickte wissend. »Aber die anderen merken es umso mehr. Ich könnte ausflippen, wenn meine Lieben dann so wissend nicken und sagen: ›Mama hat wieder ihr perimenopausales Syndrom.‹ Und ich kann nichts machen, denn damit lässt sich alles wegerklären.«
    »Peri was?«, fragte Hilde verwirrt.
    »Perimenopause«, sagte Lena. »Klingt wissenschaftlicher als Wechseljahre, ist aber im Prinzip dasselbe.«
    Ich sah das etwas anders. »Damit ist doch nur der medizinische Teil gemeint. Aber eigentlich ändert sich doch viel mehr, oder?«
    Lena runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«
    »Na ja«, versuchte ich zu erklären, »ich finde, die ganze Lebenssituation wird anders, oder? Die Kinder gehen aus dem Haus   …«
    »…   und dafür muss man sich plötzlich um seine eigenen Eltern kümmern«, ergänzte Astrid. »Brunos Muttertraut sich nicht mehr, Auto zu fahren. Jetzt muss ich sie immer zum Einkaufen mitnehmen.«
    »Sei froh, dass es nur das Einkaufen ist«, sagte Hilde düster. »Meine Eltern sind inzwischen so schlecht drauf, dass sie eigentlich nicht mehr allein wohnen können. Mein Vater sieht fast nichts mehr, und meine Mutter ist total vergesslich geworden. Wir machen uns viele Gedanken darüber, wie das mit ihnen weitergehen könnte.«
    Ich dachte an meine Mutter, im Großen und Ganzen noch ganz fit, aber immerhin auch schon Mitte Siebzig. Irgendwann würde dieses Thema auch auf uns zukommen. Hennings Eltern lebten schon lange bei seiner Schwester mit im Haus und machten ihr und ihrer Familie das Leben schwer mit ihrer unzufriedenen Grundhaltung und vielen kleinen und größeren Zipperlein. Und dann überlegte ich, dass wir eines Tages ja auch alt sein würden und dann vielleicht darauf angewiesen waren, dass Christoph oder Lotta sich um uns kümmerten. Wie könnte das gehen? Es war nicht planbar. Kein Mensch wusste, wo sie beruflich mal landen würden, ob sie eine Familie gründen würden   … und ebenso wenig ließ sich jetzt schon absehen, wie es mit uns mal aussehen würde. Henning war immer gesund gewesen, aber seine Cholesterinwerte waren grenzwertig, genau wie sein Blutdruck. Und ich fühlte mich in letzter Zeit auch manchmal schlapp, aber wie wir gerade schon festgestellt hatten, konnte man in meinem Alter ja fast alles den vertrackten Wechseljahren zuschreiben.
    Ganz plötzlich fiel mir wieder Frau Nowakowski auf ihrer Couch ein. Ganz allein mit drei Kindern und schwanger mit einem vierten, das sie quasi völlig außer Gefecht gesetzt hatte. Kein Geld und keine Familie, die sich um sie kümmerte. Was würde aus der Familie werden, wenn da mal etwas passierte?
    Ich hörte Lachen um mich herum. »Erde an Marie, bitte kommen!«, sagte Astrid grinsend. »In welchen Sphären hast du denn geschwebt?«
    Ich griff nach meinem Glas, in das Hilde offensichtlich Sekt nachgegossen hatte, und antwortete etwas zu hastig. »Ach, ich dachte an die Leute, bei denen ich heute war. Die Frau ist schwanger und kann sich um nichts kümmern.«
    Für Hilde war der Fall schnell gelöst. »Dann muss sich der Mann mal Urlaub nehmen! Das habe ich Peter damals auch klar gemacht, als ich bei Manuels Geburt den Kaiserschnitt hatte.«
    Mist, ich hatte doch eigentlich vorgehabt, nichts über diese Sache zu erzählen, damit mein Fehlverhalten nicht doch noch ans Licht der Öffentlichkeit kam. »Da gibt es keinen Mann«, sagte ich möglichst neutral.
    »Oje«, meinte Lena kopfschüttelnd, »ist das eine von diesen Emanzen, die alles alleine schaffen wollen?«
    »Weiß ich nicht«, sagte ich abwehrend. »Vielleicht war das ja auch nicht so geplant mit der Schwangerschaft. Manchmal passiert so was, oder? Jedenfalls muss sie jetzt wegen vorzeitiger Wehen liegen und kriegt ihren Haushalt nicht mehr auf die Reihe. Ich werde morgen mal hinfahren und ein bisschen helfen.«
    »Das klingt ja ziemlich verantwortungslos von dieser Tussi«, sagte Lena. »Ich kann mir doch kein Kind ans Bein binden, wenn meine sonstige Situation nicht

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