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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schroeder
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Kommentars. Irgendwie hatte ich das Gefühl, es war nicht hundertprozentig nett gemeint.
    »Hui«, sagte Astrid amüsiert. »So ein kleines Steinchen wollte sie dir wohl noch hinterherwerfen.«
    Ich schüttelte ratlos den Kopf. »Aber warum bloß?«
    »Beweisen kann ich es nicht«, sagte sie. »Aber ich stelle mir vor, mein Mann käme nach Hause, begrüßt alle meine Freundinnen mit Küsschen, nur mich nicht, und sagt dann auch noch Moppi zu mir   … da hätte ich vermutlich nicht übel Lust, ihm Glassplitter in seine Lachspastete zu mischen.«
    »Da kann ich ja froh sein, dass ich nicht geblieben bin«, sagte ich. »Sonst hätte ich vielleicht auch ein paar Splitter mitbekommen.«
    »Hast du doch«, sagte Astrid, stieg in ihr Auto und fuhr davon.

6
    Irgendwie hatte ich am nächsten Morgen das Gefühl, dass es besser wäre, ein paar Utensilien mitzunehmen für das Projekt »Nowakowski«. Ich beschloss, wenigstens Gummihandschuhe und die Dose mit der Scheuerpaste einzupacken. Und dieses Mal zog ich praktische Sachen und flache Schuhe an, mit denen die Außentreppe leichter zu besteigen war.
    Wie am Vortag fand ich Frau Nowakowski auf der Couch vor. Sie schien noch das Gleiche anzuhaben wie gestern und war auch auf die gleiche Weise in ihre Decke gewickelt, was den Eindruck erweckte, als habe sie sich überhaupt nicht wegbewegt. Offenbar nahm sie den Rat des Arztes sehr ernst.
    »Sie sind aber pünktlich«, stellte sie fest und machte tatsächlich das Fernsehgerät für einen Moment von sich aus leiser. Wenn ich es richtig sah, lief irgendein alter Schwarz-Weiß-Film mit Heinz Rühmann. Die Rührschüssel mit meinem Blumenstrauß stand noch genau dort, wo Nuala sie hingestellt hatte, aber es sah aus, als ob jetzt einige Chipskrümel auf dem Wasser schwammen.
    »Wenn ich halb zehn sage, dann meine ich halb zehn«, sagte ich. »Wie geht es Ihnen denn?«
    »Gut eigentlich«, sagte sie. »Aber wenn ich aufstehe, merke ich sofort dieses Ziehen.«
    »Dann bleiben Sie liegen«, befahl ich. Während derSchwangerschaft mit Lotta hatte ich auch mal Wehen gehabt, aber nach zwei Tagen Ruhe hatte das wieder aufgehört, und dann war das Kind sogar noch zehn Tage nach dem errechneten Termin gekommen. »Wenn es Ihnen recht ist, fange ich mal mit dem Spülkram an, und dann sehen wir weiter.«
    »Warum soll mir das nicht recht sein?«, sagte sie achselzuckend. Sie warf einen verräterischen Blick auf die Zeitung, die noch mit dem Foto nach oben auf dem Tisch lag. (Allerdings hatten jetzt alle Beteiligten mit Kuli gemalte Schnurrbärte, und die, die mit offenem Mund gelacht hatten, auch schwarze Zähne.)
    Ich begriff sofort, was sie meinte. Natürlich hatten wir einen unausgesprochenen Deal. Sie würde auf die Anzeige verzichten, wenn ich ihr half. Sie hatte das nicht vergessen.
    Schon auf dem Weg zur Küchenzeile fielen mir einige Dinge auf, die so nicht bleiben konnten: die klebrigen Flecken auf dem Fußboden, der Staub auf den Möbeln, die Kleidungsstücke, die auf der Erde lagen. Ich würde einmal einen Rundumschlag machen, damit sie wieder eine Grundordnung hatte, beschloss ich, und dann würde hoffentlich irgendein Amt tätig werden und irgendeine Person schicken, die für so etwas bezahlt wurde. Von unseren Steuergeldern, wohlgemerkt, denn wir gehörten ja noch zu der Klasse, für die es sich nicht lohnt, das Geld plastiktütenweise nach Liechtenstein zu schaffen.
    Ich räumte mühsam die Spüle leer und ließ Wasser laufen. »Haben Sie keinen Stöpsel für den Abfluss?«, rief ich zu Frau Nowakowski hinüber. Inzwischen lief der Fernseher wieder mit üblicher Lautstärke.
    »Ist da denn keiner?«, rief sie zurück.
    Ich musste sämtliches Geschirr umräumen, bis ich das Ding in einem Topf entdeckte. Aber es nutzte mir insofernwenig, als das Wasser nicht warm wurde. Ich teilte ihr das mit.
    »Man muss das Wasser mit dem Wasserkocher heiß machen«, erklärte sie mir. »Der Boiler ist kaputt.«
    Das hätte sie mir ja auch mal eher sagen können. Aber so konnte ich wenigstens schon mal die schmierige Oberfläche des Kühlschranks abwischen. Irgendwo musste ich ja die gespülten Sachen hinstellen.
    In der folgenden Dreiviertelstunde lernte ich noch einmal die Vorzüge einer Spülmaschine schätzen. Obwohl ich nicht sicher war, ob sie mit all dem fertig geworden wäre, was ich in den Nowakowski’schen Geschirrstapeln vorfand und teilweise mit einem Messer abkratzen musste. Auf jeden Fall war ich froh, dass ich an die

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